ESC: Manizha, Douze Points!

Hat Arbeit vor sich: Manizha im Overall
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„Jede russische Frau soll wissen, du bist stark genug, du wirst die Wand durchbrechen“, singt Manizha. Am Dienstagabend stand sie in der Vorrunde im roten Arbeiter-Overall auf der Bühne – und die Wand, die sie beim ESC durchbrechen will, ist ganz schön dick. Am Samstag steht sie im Finale. „Russian Woman“ heißt ihr Lied, ein Manifest für die russischen Frauen, für Gleichberechtigung und gegen Männergewalt. Mehr als zehn Millionen Mal wurde es auf YouTube aufgerufen.

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Für Orthodoxe ist Manizha keine echte Russin, im Netz rast eine Hetzkampagne

Der Musikwettbewerb hat in Russland immer noch einen gewissen Kultstatus, das Land ist eine der erfolgreichsten Nationen in der Eurovision-Geschichte. Normalerweise schickt Russland schmachtend-wehmütige Liebesballaden ins Rennen – ohne politische Botschaften, dafür aufwendig in Szene gesetzt.

Und nun Manizha - eine 29-jährige Moskauerin, die raushaut. Die ironisch über Belehrungen von Männern singt: „Du bist schon über 30, hör mal, wo sind die Kinder, wo ist dein Mann?“ oder „Du bist ja ganz hübsch, aber du solltest etwas abnehmen.“ Verschärfend ist, dass Manizha in Tadschikistan geboren ist, für Orthodoxe also keine echte Russin. Seit klar ist, dass sie Russland vertreten wird, rast im Netz eine Hetzkampagne gegen sie. „Was für eine Schande!“ oder „Haben sie keine Russin gefunden?“ waren noch die harmloseren Kommentare.

Manizha singt nicht nur, sie ist auch studierte Psychologin und die erste russische UN-Botschafterin in Flüchtlingsfragen. Und: Sie setzt sich öffentlich für Opfer von Männergewalt ein! Auch in ihren Texten, die sie selbst schreibt. Das passt offensichtlich so manchen russischen Hardlinern nicht. Noch weniger, dass Manizha sich durch ihre Teilnahme am ESC öffentlichkeitswirksam mit Usbekinnen, Tadschikinnen, Kirgisinnen und der LGBTQ-Gemeinde solidarisiert. Russlands Umgang mit Lesben und Schwulen nennt sie „heuchlerisch", sie setzt sich, wo sie kann, für Frauenrechte ein, Manizha ist Sängerin und Aktivistin zugleich.

Ich lasse mich nicht brechen, ich kämpfe bis zum Ende!

Manizha erzählt von den Drohungen, die sie erhalten hat. „Wir werden dich in Stücke schneiden“, las sie vor, sie solle ja nicht wagen zu singen. Manizha war kurz davor, hinzuschmeißen. Dann aber hat sie sich gefragt, sagt sie: „Wie kann ich eine Inspiration für junge Frauen sein, wenn ich mich zurückziehe?“ Und: „Ich lasse mich nicht brechen, ich kämpfe weiter bis zum Ende!“ Douze Points, Twelve Points – die gibt es schon mal von EMMA!

ESC Finale, ARD, Sa. 20.15 Uhr

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