Schlachtfeld Frauenkörper

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Hier schreiten die Elle-Models im Jahre 1948. Und sie sehen aus wie ganz normale Frauen. Die Schriftstellerin Slavenka Drakulic sinniert darüber, was seither eigentlich passiert ist - und warum.

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Als ich an einem Zeitungskiosk in meiner Straße in Berlin vorbei kam, fielen mir zwei Frauen auf, die sich Postkarten anschauten. "Guck mal, wie schön die aussehen, echte Frauen!", rief die eine der beiden und zeigte auf eine Karte, die ich selbst vor ein paar Tagen gekauft und mit demselben Gedanken an verschiedene Freundinnen verschickt hatte.
Ich sah mir die aufgeregte Frau genauer an. Sie war mein Alter, also Mitte Fünfzig, höchstens 1,65 m groß und zirka 70/75 Kilo schwer. Eine ganz normal aussehende Frau, doch ihre Kleidung versuchte, die Tatsache zu verbergen, dass ihre Figur keine Modelmaße hatte, und sie nicht mehr jung genug war, um ihren Nabel öffentlich zur Schau zu stellen.
Ihre Bemerkung über die Postkarte weckte Erinnerungen. Das Foto, das uns beiden gefiel, stammt aus der Elle und zeigt elf Mannequins (so hießen damals die Models) in Badeanzügen. Schon nach den Frisuren, Schuhen und Badeanzügen zu urteilen, wurde das Bild wohl in den späten Vierzigern aufgenommen - 1948, um ganz genau zu sein. Drei der Frauen tragen Zweiteiler, allerdings noch keine Bikinis, die wurden erst später populär.
Eine der Frauen (die Vierte von links) trägt einen großen Strohhut und strahlt in die Kamera. Sie erinnert mich stark an ein ähnliches Foto von meiner Mutter - es ist schließlich auch ihre Generation. (Auf dem Foto spaziert sie in einem hellen Zweiteiler am Strand entlang, der Krieg ist vorbei, sie sieht glücklich und entspannt aus in der Sonne. Die Hose ihres Zweiteilers geht bis zur Taille, aber das ist eine Freizügigkeit, die ihre Mutter sich noch nicht hätte erlauben dürfen.)
Doch es sind nicht die Badeanzüge, die frappieren, sondern es sind die Frauen selbst: ihre Körper, ihr Aussehen. Sie sehen wie ganz normale Frauen in den Vierzigern aus, einige besonders hübsch. Alle haben kräftige Hüften und Oberschenkel, eine sogar mit sichtbarer Cellulite (das wurde übrigens damals nicht als "Problem" angesehen).
Sie haben kleine oder große Brüste, ein paar haben einen kleinen Bauch oder kaum Taille. Jede der Frauen sieht anders aus, jede ist ein Individuum, wie normale Frauen auf der Straße eigenständige Individuen sind. Ich würde nicht sagen, dass sie besonders elegant sind, im Gegenteil: Es ist das Gewöhnliche an ihnen, das mir so ungewöhnlich vorkommt.
Diese Mannequins, wie die Models früher hießen, könnten auch einfach nur eine Gruppe von Freundinnen am Strand sein. Und das ist genau der Punkt: Sie könnten beides sein. Zu dieser Zeit gab es noch kaum einen Unterschied zwischen dem Aussehen eines Models und dem einer normalen Frau.
Der Kommentar "echte Frauen" ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Mein Blick fiel auf die Titel der heutigen Mode- und anderen Magazine und mir wurde klar, was so aufregend und sogar schockierend an diesem Foto war: Dass es diese Bemerkung provoziert hatte. Frauen in den späten Vierzigern sahen nicht so künstlich aus wie die Models heutzutage (und nicht nur sie). Die Bemerkung dieser Frau hatte mir bewusst gemacht, wie anders Frauen früher aussahen - und wie anders wir heute aussehen sollen.
Jede der Frauen auf dem Foto würde heutzutage als "übergewichtig" gelten, ihre Beine als "zu dick" oder "zu kurz", ihre Hüften "zu breit", ihre Brüste hätten nicht die "richtigen" Proportionen, und über diese Gesichter mit gar keinem oder kaum Make-Up dürften wir gar nicht erst reden.
Zwischen 1950 und 2005 ist etwas sehr Drastisches mit unseren Körpern passiert, und es scheint, dass Frauen diesen Wandel ohne viel Aufsehens als neue Norm akzeptiert haben. Es ist offensichtlich, dass Frauen in den letzten Jahrzehnten immer dünner geworden sind, so als hätten sie sich allesamt eine unbekannte Krankheit eingefangen.
In den Vierziger und Fünfziger Jahren war es normal und zulässig - und entsprach durchaus dem geltenden Schönheitsideal -, dass eine 1,65 Meter große Frau zwischen 70 und 75 Kilo wog, wie auf dem Foto zu sehen. Heutzutage gilt diese Größe und das Gewicht für ein Model, eine Schauspielerin, eine Frau in der Öffentlichkeit, und eigentlich für uns alle als schlicht inakzeptabel, als "übergewichtig". Die Auffassung, wie eine Frau auszusehen hat, hat sich enorm verändert und ein neues, schlankes Ideal hat sich etabliert.
So müssen Frauen nun mit einer Millionen verschiedener Diäten kämpfen. Zwar gab es zu jeder Zeit Idealvorstellungen des weiblichen Körpers, aber erst jetzt gibt es einen ganzen Industriezweig, zusätzlich zu den Medien und der Werbung, der den Massen die neue Linie aufzwingt. Man könnte sagen, dass diese Entwicklung zu einer "Demokratisierung der Schönheit" geführt hat. Aber was für Konsequenzen bringt diese Demokratisierung mit sich?
Es ist relativ leicht, den Finger genau auf den Punkt zu legen, an dem der große Wandel des Aussehens bzw. Images begann, der Moment, von dem an Frauen aussahen wie Zweige, Stöcke, Kleiderbügel oder ein Sack Knochen. Es begann am 23. Februar 1966, als die britische Tageszeitung The Daily Express ein bis dahin unbekanntes 16-jähriges Mädchen zum "Gesicht des Jahres" ernannte.
Sehr bald wurde dieser dünne, jungenhafte Teenager das bekannteste Model der Welt. Es hieß, dass ihre schlanke Figur und die kurzen Haare Jugendlichkeit und die neuentdeckte weibliche Freiheit der Sechziger verkörpere. Mit dem britischen Model - das sehr passend Twiggy (twig: Stöckchen) genannt wurde und auf das eine ganze Armee von ähnlichen Mädchen folgte - begann eine ganz neue Ära in der Formung des weiblichen Körpers.
Schon bald wurden Frauen auf das Niveau von Kleiderbügeln reduziert, die die Kreationen des einen oder anderen Modedesigners zur Schau tragen durften. Mit den realen Körpermaßen einer Frau hatte das nicht mehr viel zu tun. Das dürre Ideal beherrscht und plagt Frauen für den Rest des 20. Jahrhunderts bis heute.
Dem nicht genug, werden seit Mitte der Sechziger die Medien nicht nur von diesen anorektisch wirkenden Frauen dominiert, die Models werden auch noch immer jünger. Es ist inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr, ein 15- oder sogar 13-jähriges Mädchen auf dem Laufsteg oder einem Magazintitel zu sehen. Die Werbung scheint sich eh immer mehr an Jugendlichen zu orientieren, obwohl die ja eigentlich selten die große Kaufkraft haben - sollte man zumindest meinen.
Man könnte natürlich sagen, dass der Jugendwahn des Westens an allem Schuld sei. Aber vielleicht ist der Grund viel ernüchternder: Jugendliche haben eine größere Kauflust und sind leichter zu beeinflussen. Und auch wenn sie momentan noch nicht die Kaufkraft besitzen, eines Tages werden sie genug Geld verdienen. Dann werden sie mit der Konsumlust groß geworden sein und sind ganz und gar abhängig von der Werbung.
Seit den frühen Siebzigern gibt es für uns keinen Weg zurück zu den reellen Körpern auf der Postkarte, zu den "richtigen" Frauen. Das Schönheitsdiktat führte dazu, dass sich die Mehrheit der Frauen anstrengte, sich selbst auszuhungern und abzumagern, um diese unmögliche Aufgabe zu bewältigen. Die amerikanische Feministin Naomi Wolf fand drei Jahrzehnte nach Twiggy die richtige Bezeichnung für dieses Phänomen:
"Schönheits-Pornografie". Doch Mitte der Neunziger war es schon zu spät, denn die meisten Frauen waren durch dieses Image bereits beschädigt.
Doch woher kommt dieses Bedürfnis, den weiblichen Körper umzuformen? Wie kann es möglich sein, dass Frauen diesem Ideal so geschlossen und leidenschaftlich nachstreben? Schon in ihrem Buch ‚Der Mythos Schönheit' (1991) beschreibt Naomi Wolf, wie die Modemagazine, die bis dahin vorwiegend die Haute Couture vermarkteten, wegen der Demokratisierung der Mode in den Sechzigern ganz plötzlich den Frauen nicht mehr diktieren konnten, was sie tragen sollten.
Ab Ende der Sechziger - dem Zeitpunkt des Aufbruchs der westlichen Frauenbewegung! - stellte das führende Modemagazin Vogue plötzlich den weiblichen Körper - und nicht nur die Mode - in den Mittelpunkt, und schrieb, wie der auszusehen habe, bzw. idealerweise geformt sein müsse. Die anderen Mode- und Frauenmagazine folgten. Die Auswirkungen waren bald spürbar: Die Anzahl der Diät-Artikel stieg innerhalb der nächsten drei Jahre um 70 Prozent. Die Diät-Industrie hatte einen enormen Zuwachs.
Die Diät-, Mode-, Kosmetik- und Fitness-Industrie schlossen sich mit den Medien und der Werbung kurz, um Frauen davon zu überzeugen, dass ihr Aussehen nicht nur von dem abhänge, was sie tragen, sondern vor allem von der Form ihres Körpers. Paradoxerweise wurde nun der weibliche Körper nach der Mode geformt und nicht umgekehrt.
Ganz plötzlich und in einem Ausmaß wie noch nie zuvor in der Geschichte, wurde der weibliche Körper mehr und mehr zum "Problem". Ein Problem, das Frauen angehen mussten, wenn sie in dieser Gesellschaft beachtet und begehrt werden wollten. Das Ergebnis dieser Twiggy-Vogue-Connection war drastisch und hatte langfristig vernichtende Auswirkungen auf das weibliche Selbstbewusstsein und letzten Endes auch auf die Gesundheit von Frauen.
Die Diät-, Kosmetik- und Mode-Industrie suggerierten, dass Frauen, um "in Form" zu sein und dem Ideal zu entsprechen, Hilfe brauchten, teure Hilfe. Die neue Mode wurde billiger, um sie für alle erschwinglich zu machen. Und alle machten enorme Umsätze mit diesem neufabrizierten Gefühl von Minderwertigkeit, Frustration und Schuldbewusstsein von Frauen.
So konnte das "Problem" des "mangelhaften" Körpers auch nicht einfach wieder fallen gelassen werden. Das Grundprinzip ist simpel: Die Medien kreieren die Frustration, und die Werbung und die Body-Shaping-Industrie hält sie gezielt am Leben. Das Ergebnis sind verunsicherte statt emanzipierte Frauen und immer größere Profite - und das ist natürlich der wahre Kern hinter dem Spiel mit dem weiblichen Körper.
Als eine direkte Folge dieser Verunsicherung, die über drei Jahrzehnte gefestigt wurde, geben allein die Amerikanerinnen täglich im Durchschnitt 109 Millionen Dollar für Diäten und Diätprodukte aus, ganz zu schweigen von den Kosmetik- und Modeartikeln oder sogar Schönheitschirurgie. Dennoch sind die meisten Frauen mit ihrem Körper unzufrieden. Zum Beispiel zeigen Studien, dass sich wegen des wachsenden gesellschaftlichen Drucks dünn zu sein, 90 Prozent aller deutschen Frauen (80 Prozent aller Amerikanerinnen) "zu dick" fühlen. Drei von vier deutschen Frauen machen Diät bzw. haben es schon gemacht - und jedes zweite elf- bis 13-jährige Mädchen hat schon diätet!
Unglückliche Frauen und Mädchen kaufen Produkte, die versprechen, sie glücklich zu machen. Doch auch jedes zweite "normal"- bzw. "untergewichtige" junge Mädchen in Deutschland findet sich heute "zu dick". Wenn die gewünschte Körperform einfach nicht erreicht werden kann, und die Sehnsucht auch nicht mit den teuer bezahlten Produkten gestillt werden kann, können Frauen immer noch auf die Schönheitschirurgie zurückgreifen, oder zumindest Medikamente kaufen, um sich zu trösten und ihre künstlich erzeugte Depression zu heilen - zum Beispiel Prozac.
Doch das wirkliche Problem ist nicht der Frauenkörper, der angeblich die falsche Form hat, sondern, dass die Logik von Ideologie und Profit keine Grenzen - weder moralische, noch ethische - kennt. Solange die Möglichkeit einer Profiterhöhung besteht, ist kein Preis, den Frauen dafür bezahlen müssen, zu hoch. Der Preis dieser Taktik von künstlich erzeugter Frustration sind Ess-Störungen. Die Statistiken sind beängstigend und am meisten gefährdet sind Mädchen und junge Frauen im Alter von zehn bis 25 Jahren.
Manche Forscher sagen, dass "nur" eine von zehn jungen Frauen an einer Essstörung leidet, andere gehen von jeder dritten aus, da viele Fälle nicht gemeldet werden. Inzwischen haben schon 80 Prozent der zehnjährigen Mädchen Angst, dick zu werden.
In Amerika stirbt jährlich die unfassbare Zahl von 150.000 Frauen an den Folgen von Ess-Störungen - und auch in Deutschland überlebt jede achte ihre Essstörung nicht. Magersucht und Bulimie gelten als die psychischen Erkrankungen mit der höchsten Sterblichkeitsrate. Sind Frauen masochistisch? Leiden Frauen gerne? Natürlich nicht.
Aber wenn man für das Schönsein ein bisschen leiden muss, na ja, dann ist das schon okay ... Schließlich scheint der Gewinn größer zu sein als der Verlust. Jedenfalls solange, bis diese Illusion zerschlagen wird - von den Statistiken. Der Mechanismus, mit dem das "Problem" der Körperschau überhaupt erst kreiert wird, und mit dem die daraus resultierende Frustration der Frauen ausgenutzt wird, ist pervers, aber altbekannt.
Besonders pervers ist es, wenn man bedenkt, wann dieser Wandel im Frauenbild stattfand. Nämlich parallel zu der feministischen Bewegung der späten Sechziger und Siebziger Jahre. Schlägt das Imperium zurück? Möglich, aber welches? Das männliche Imperium oder das kapitalistische Imperium? Oder sind beide identisch? Es ist aufschlussreich, dass dieses Frauenbild ausgerechnet ab Beginn des kollektiven öffentlichen feministischen Kampfes für Frauenrechte erschaffen wurde. Als wäre die Botschaft: Ihr wollt die Gleichberechtigung? Na gut, und werdet ihr noch begehrt?
Und hier liegt die Krux des Phänomens: Wir - die Body-Shaping-Industrie, die Werbung und die Medien - legen das Schönheitsideal fest - und wenn ihr euch dem nicht anpassen könnt, seid ihr selbst Schuld. Schließlich ist es heutzutage machbar und käuflich, schön zu sein, und somit kann das jede Frau schaffen.
Diese Art von fabrizierter Schönheit wurde zwar von Feministinnen wie Germaine Greer ('Der weibliche Eunuch') angegriffen, um aus der ersten Generation der Feministinnen nur eine zu nennen, die das Problem benannt hat.
Oder auch von Naomi Wolf aus der zweiten Generation mit 'Der Mythos Schönheit'. Doch trotz dieser hervorragenden Analysen hatte die feministische Bewegung weder in den Siebzigern noch in den Achtzigern und Neunzigern einen entscheidenden Einfluss darauf, wie Frauen ihren Körper wahrnahmen. In dieser Hinsicht geht es unseren Töchtern und Enkelinnen heute schlechter, als es unseren Müttern ging. Nach 30 Jahren Emanzipation ist das Ergebnis: unglückliche, frustrierte und ernstlich kranke junge Frauen. Hat der Feminismus zwar die Schlacht um den Zugang von Frauen zur Welt gewonnen, aber die Schlacht um unsere eigenen Körper verloren?
Es war wichtig, zu verstehen, dass jede Frau die Verantwortung für ihr Leben in ihre eigenen Hände nehmen sollte. Finanzielle Unabhängigkeit und bewusste Mutterschaft dank Pille und dem Recht auf Abtreibung - das waren die beiden Säulen, auf denen der Feminismus ruhte, und dank derer sich die politische und soziale Emanzipation vollzog.
Doch die kritische Analyse von Mode und Schönheit, kurzum die Frage des Begehrtwerdens, wurde vernachlässigt. Obwohl die feministische Bewegung eindeutig darin war, dass Frauen das Selbstbestimmungsrecht über ihren eigenen Körper erringen mussten, wurde der "Mythos Schönheit" im echten Leben so überwältigend und allgegenwärtig, dass es schwer war, sich ihm zu widersetzen.
Noch dazu war die Botschaft vieler Feministinnen durchaus doublebind. Einerseits kritisierten sie das dominante Modell der abgemagerten Frau - und das Konzept der puppenhaften Sexbombe - andererseits wollten viele von ihnen selbst keine "hässlichen, unbegehrten Emanzen" sein - bis auf eine Minderheit, die als "radikal" bezeichnet wurde, und die sich "bequem und praktisch" kleideten und auf Make-up verzichtete.
Aber man muss sich nur die Amerikanerinnen anschauen, wie Gloria Steinem, Germaine Greer oder auch Naomi Wolf - sie alle sind besonders gutaussehende Frauen, gemessen an den gängigen Definitionen von Schönheit. Sie sind modebewusst und benutzen Kosmetika, und sind daher genauso gefährdet, in die Image-Falle zu tappen, wie alle anderen Frauen. Sie wollen innerhalb der Gesellschaft leben und arbeiten und nicht daneben stehen. Sie können es sich nicht leisten, Ausgestoßene zu sein und ziehen mit. Hinzu kommt: Die Mehrheit der Feministinnen waren gegen das patriarchale System, aber nicht gegen Männer. Die meisten Feministinnen sind auch nur Frauen, die Männern gefallen und von ihnen begehrt werden wollen.
Wenn man sich die Lage heute anschaut, vor allem die Massenfrustration der Frauen, lässt sich nicht leugnen, dass der Versuch einer Änderung des herrschenden Frauenbilds fehlgeschlagen ist. Die Schlacht um unseren Körper scheint verloren, doch dafür können nicht die Feministinnen verantwortlich gemacht werden, dafür benötigt es mehr als nur eine Bewegung ... Inzwischen beginnen die Männer unter demselben Druck des Ideals, das die Body-Shaping-Industrie für Frauen erschaffen hat, zu leiden.
In der Tat hat die Industrie - auf der Jagd nach immer mehr Profit - nun ähnliche Normen und Bedürfnisse für Männer kreiert. Es genügt nicht mehr, intelligent, interessant oder wohlhabend zu sein - jetzt muss "mann" auch noch "schön" sein.
Aber das Schönheitsdiktat für Männer ist noch weit, weit entfernt von dem Schönheitsterror gegen Frauen. Ungeachtet der unglaublichen Veränderungen, die Frauen in Politik, Bildung und Beruf in den letzten 30, 40 Jahren erreicht haben; ungeachtet der Tatsache, dass sie jetzt sowohl Teilhabe wie Geld für sich einfordern - ungeachtet dessen werden sie weiterhin zuvorderst nach ihrem Aussehen bewertet. Der Körper einer Frau ist trotz Pille und Abtreibungsrechten immer noch nicht ihr eigener.
Er ist ein von der Gesellschaft beeinflusstes, befallenes, besetztes Territorium - wie er es, laut feministischer Theorie, auch früher schon war. Der Krieg um den weiblichen Körper dauert an.
Die Frauen selbst haben schlichtweg nicht die Macht, ihr eigenes Ideal in dieser Gesellschaft durchzusetzen - erinnern wir uns zum Beispiel an das Korsett - von dem uns die Suffragetten befreit haben. Allerdings wurde das vorgeschriebene Schönheitsideal bis vor kurzem nicht von der Mehrheit der Frauen, sondern nur von der Elite befolgt. Dank der Massenmedien ist das heute anders: Jetzt wollen alle "schön" sein.
Der Feminismus hat es nicht geschafft, aus diesem Muster auszubrechen, er konnte die Eigenwahrnehmung von Frauen nicht profunde ändern. Aber eins hat er geschafft: Er hat den Frauen Macht gegeben. Heute haben Frauen nicht nur finanzielle und soziale Macht, sondern sogar politische - also Macht genug, um eine Veränderung zu bewirken. Sie könnten selbst entscheiden, wie sie aussehen möchten; sie könnten ihre echten Körper zurückholen von der Körper-Industrie, den Medien und der Werbung - vorausgesetzt sie sind sich sowohl der Notwendigkeit dieser Veränderung, als auch ihrer eigenen Macht bewusst.
Die Töchter und Enkelinnen der Feministinnen stehen vor einer neuen Schlacht: der Schlacht um ihren Körper. Die Frage ist nur: Ist ihnen das bewusst?

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