WM: Oh, wie wird das schööön!

Die deutsche Elf schwört sich ein. Montag geht's los gegen Marokko. Foto: DFB
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Mädels, stellt das Bier kalt, endlich startet die WM in Australien/Neuseeland. Einziges Manko: Fast alle Spiele werden wegen der Zeitverschiebung in den Morgenstunden übertragen. Das erste Spiel der Deutschen gegen Marokko ist am Montag, dem 24.7., um 10.30 Uhr, zu sehen im ZDF. Aber hey, wir können ja schon froh sein, dass die Spiele überhaupt übertragen werden, oder?

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Jetzt mal ernsthaft. Das Geschacher um die WM-Übertragung war einfach nur unwürdig. „So etwas hätte es bei den Männern nicht gegeben. Wir hinken dem Männerfußball 50 Jahre hinterher!“, klagt Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg (hier im EMMA-Porträt). Dabei sind der Frauenfußball und das Publikumsinteresse in Europa so stark wie nie.

FIFA: Künftig bezahlen wir beide Gechlechter gleich! Ein Paukenschlag. Und der DFB?

Angestoßen von der EM in Großbritannien im vergangenen Jahr rollte eine Welle der Euphorie über den ganzen Kontinent. So spielstark, so schnell, so selbstbewusst waren die Fußballerinnen bei keinem Turnier zuvor (Hier zum Rückblick). 18 Millionen haben das Finale England-Deutschland geschaut – mehr als beim Männer-WM-Finale, ein absoluter Fernseh-Rekord! Mädchen traten zu Hauf in Fußballvereine ein. Alexandra Popp wurde zum Gesicht der EM, auch wenn sie im Finale wegen Knieproblemen ausfiel.

Die WM allerdings hat neben Alex Popp schon jetzt mehrere Gesichter, Lena Oberdorf im eigenen Team zum Beispiel. Und da wären auch Selma Bacha (Frankreich), Ona Battle (Spanien), Caroline Graham (Norwegen), Pernille Harder (Dänemark), Sam Kerr (Australien), Keira Walsh (England), Marta (Brasilien) und natürlich Megan Rapinoe (USA). Allesamt auf der Liste der Weltfußballerinnen und Ausnahmespielerinnen, die dem Frauenfußball Sieben-Meilen-Stiefel verpasst haben und bei Transfer- und Ablösesummen in Männergefilde vorgedrungen sind. Die Zeiten, in denen der DFB ein Kaffeeservice als Siegprämie (EM 1989) verteilte, sind definitiv vorbei. Übrigens: Martina Voss-Tecklenburg hat es noch immer im Schrank stehen. „Ich kann bis heute drüber lachen“, sagt sie.

Nichts zu lachen hat der amerikanische Fußballverband bei Megan Rapinoe. Keine andere Fußballerin hat so hartnäckig für Equal-Pay gekämpft wie sie. (Hier nachzulesen!) Jahrelang hat die Stürmerin einen Rechtsstreit mit dem Verband geführt und sich wirklich mit allen angelegt, auch mit dem damaligen Präsidenten Trump. „Weißes Haus? Auf den Besuch kann ich verzichten! Hier wäre erst eine Gehaltsfrage zu klären.“

Am 18. Mai 2022 verkündete US Soccer: „Künftig vergüten wir beide Geschlechter gleich.“ Noch dazu gab es eine Ausgleichszahlung in Höhe von 24 Millionen US-Dollar. Ein Paukenschlag – und ein Signal an die Fußballverbände weltweit. Mittlerweile haben England, Norwegen, Finnland, Schweden, Island, Spanien, die Niederlande und die Schweiz nachgezogen. Deutschland schnarcht noch vor sich hin. DFB-Präsident Bernd Neuendorf „möchte die Debatte vorerst vertagen“. Auch will der DFB den Fußballerinnen bei der WM keine Preisgelder über die Prämien der FIFA hinaus zahlen. Bei den Männern der WM in Katar lobte der DFB zusätzliche 400.000 Euro aus.

Doch immerhin bei der FIFA hat sich was getan. Im März hatte der Weltfußballverband angekündigt, bei der WM der Frauen 2027 die gleichen Prämien zahlen zu wollen wie bei der WM der Männer 2026. Bei der jetzigen WM sollen 110 Millionen US-Dollar als Prämien ausgeschüttet werden. Für die WM der Männer in Katar waren es 440 Millionen Dollar, die an 32 Teams gezahlt worden waren.

Popp & die Kapitänsbinde: Wir setzen uns gegen Gewalt gegen Frauen ein!

Megan Rapinoe gibt sich allerdings nicht mit „Verbandskohle“ zufrieden. „Diese WM wird Sponsoren, Investoren, den Medien und dem ganzen Business um diesen Sport weltweit zeigen, was hier zu holen ist“, erklärte sie auf einer Pressekonferenz in Kalifornien. Soll heißen: Wer immer noch zu blöd sei, in den Frauenfußball zu investieren, dem sei nicht zu helfen. Die Organisatoren des Turniers haben bereits angekündigt, dass die Frauen-WM 2023 das bestbesuchte eigenständige Frauensportereignis der Geschichte werden soll. Rapinoe selbst hat schon lange millionenschwere Werbedeals an Land gezogen, mit Nike oder Lego zum Beispiel.

Megan Rapinoe will natürlich noch was anderes: „Den Titel!“ Ihr Team könnte in der Tat Historisches erreichen. Zweimal in Folge holten die USA zuletzt den Titel; drei WM-Triumphe hintereinander, einen Hattrick, hat es im Fußball noch nie gegeben. Auch im Männer-Fußball nicht.

Am Mittwochmorgen setzte auch Alexandra Popp ein Zeichen. Sie will mit ihrer Kapitänsbinde auf das Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. „Wir werden eine einzige Kapitänsbinde tragen während des ganzen Turniers, und zwar für die Beendigung von Gewalt gegen Frauen“, sagte die Stürmerin im Teamquartier im australischen Wyong. Dafür steht die gesamte Frauschaft ein.

Nur zur Erinnerung: Die Nationalmannschaft der Männer wollte ja in Katar mit der „One-Love-Binde“ in Sachen Homosexualität ein Zeichen der Solidarität setzen - und ließ sich dann doch die Binde und den Mund gleich dazu verbieten. Nur nebenbei: Wie heißen noch gleich all die schwulen Spieler, die sich in Deutschland geoutet haben?

Aber vergessen wir den Männer-Fußball. Morgen ist WM (am 20.8. ist das Finale). Wir schauen zu, mit kaltem Bier, Wein, Wasser, egal. Wir werden die Frauen feiern! Und wir drücken Poppis Knie die Daumen!

Die EMMA-Sportredaktion wagt folgende Prognose: 1. Platz: Deutschland. 2. Platz: USA. 3. Platz: England. Schon jetzt gewonnen: Alle Frauen.

Wer nochmal die Geschichte des Kampfes um "Die Hälfte vom Ball" verfolgen will, hat im EMMA-Lesesall Gelegenheit dazu! Hier Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4! PS: Tolle Fotos!

Tipp: Das ZDF bringt die zweite Staffel der Fußball-Doku "Born for this – Mehr als Fußball" über die deutsche Nationalmannschaft. Die erste Folge steht bereits in der Mediathek, die Folgen zwei bis vier sind dort nach der WM zu sehen. (Vielleicht muss ja noch ein Titelgewinn eingefangen werden...)

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