Alle haben weggesehen

Nastassja mit neun auf dem Schoß von Vater Maximilian. Foto: Alexander Tuma/Starpix/dpa
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Familienidylle. Links Maximilian Schell mit Ehefrau und Kindern, auf dem Schoß die vierjährige Nastassja. Er hält die Hände der Tochter fest. „Das hatte seinen Grund“, sagt Nastassja heute. „Wenn wir allein in seinem Arbeitszimmer waren, streichelte er mich und ermutigte mich, mich selbst zu befriedigen. Ich wusste nicht, dass man das nicht jedes Mal machen darf, wenn ich auf seinem Schoß sitze. Deswegen hält er meine Hand fest.“

Nastassja war neun, als der Vater zum ersten Mal nachts in ihr Bett kam. Sie war 18, als sie in der Familie zum ersten Mal darüber sprach. Reaktion? „Ich wurde zum Schweigen gezwungen. Das verfolgt mich mein Leben lang“, sagte sie der Bunte. „Bis heute habe ich nachts Alpträume.“

Dass Nastassja endlich spricht, liegt daran, dass Marie Theres ihr Schweigen gebrochen hat. Marie Theres Relin, Schells Nichte und die Tochter der in den 50er und 60er Jahren sehr berühmten Maria Schell, war 14, als es geschah. „Ohne Gewalt, aber gegen meinen Willen.“ Rückblickend sagt sie: „Es ging ihm ums Erlegen. Viele Bambis in seinem Bett. Je jünger, desto besser.“

Hat Marie Theres es ihrer Mutter gesagt? „Nein. Die hätte mir nie geglaubt.“ Erst jetzt, im Alter von 57 Jahren und einer Zeit, in der Kindesmissbrauch nicht mehr als Kavaliersdelikt gilt, sondern als Verbrechen, redet Marie Theres.

Sie hat es in ihrem gemeinsamen Buch mit ihrem Ex-Mann Franz Xaver Kroetz geschrieben („Szenen keiner Ehe“). Die Medien, von Bunte bis Zeit, sind geschockt. Die Süddeutsche Zeitung allerdings erlaubt sich, in einem ellenlangen Interview mit Relin und Kroetz den Missbrauchsvorwurf gegen Schell noch nicht einmal zu erwähnen. Feine Kreise. Weiterhin. Man tut es – aber man redet nicht drüber.

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