Portman: „Ihr seid puritanisch!“

Natalie Portman auf dem Women’s March in Los Angeles. Foto: Amanda Edwards/Getty Images for The Women´s March Los Angeles
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Ich höre immer wieder einen bestimmten Vorwurf und ihr hört ihn sicher auch. Einige Leute bezeichnen unsere Bewegung als „puritanisch“ oder als „Rückkehr zu viktorianischen Werten“. Diesen Leuten möchte ich sagen: Das jetzige System ist puritanisch. Vielleicht können in diesem System Männer sagen und tun, was sie wollen – Frauen können es nicht.

Ich möchte dazu aus meiner eigenen Erfahrung erzählen: Als ich meinen ersten Film drehte, „Leon, der Profi“, wurde ich gerade zwölf. Ich spielte ein Mädchen, das sich mit einem Profikiller anfreundet, um den Mord an ihren Eltern zu rächen. Die Filmfigur entdeckt ihr Frausein, ihre eigene Stimme und ihre eigene Lust. Als der Film herauskam, war ich 13 und öffnete aufgeregt meine erste Fanpost. Es war eine Vergewaltigungsphantasie, die mir ein Mann geschickt hatte. Filmrezensenten schrieben über meine knospenden Brüste. In einem Lokalradio wurde ein Countdown bis zu meinem 18. Geburtstag gestartet, also dem Tag, ab dem es legal sein würde, mit mir zu schlafen.

https://www.youtube.com/watch?v=erG2g335eUs

Ich habe schnell verstanden – sogar als gerade mal 13-Jährige –, dass sich Männer berechtigt fühlen, mich als Objekt zu behandeln. Also änderte ich mein Verhalten. Ich lehnte jede Rolle ab, die auch nur eine Kussszene hatte, und sprach darüber in Interviews. Ich betonte, was für ein Bücherwurm ich sei und legte mir einen eleganten Kleidungsstil zu. Ich versuchte, mir den Ruf zu schaffen, prüde, konservativ und seriös zu sein, damit ich mich sicher fühlen konnte und man mir zuhörte.

Schon mit 13 war mir die Botschaft unserer Kultur glasklar. Und ich spürte die Notwendigkeit, meinen Körper zu bedecken und mich in meiner Arbeit zurückzunehmen, um meine Botschaft zu senden: Dass ich jemand bin, der Respekt verdient.

Die Art, wie ich behandelt wurde, führte dazu, dass ich mein Verhalten kontrollierte – in einem Umfeld des sexuellen Terrorismus. Eine Welt, in der ich tragen kann, was ich will; sagen kann, was ich will; und mein Begehren ausdrücken, wie ich will, ohne dass ich um meine körperliche Sicherheit oder meine Reputation fürchten muss – das wäre eine Welt, in der weibliche Lust und Sexualität wirklich zum Ausdruck kommen könnten.

Diese Welt wäre das Gegenteil von puritanisch. Also lasst uns Raum schaffen für gegenseitiges, einvernehmliches Begehren. Lasst uns eine Revolution der Lust anzetteln.

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