Berliner Erklärung: Quote: Na, geht doch!

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Das hatte es seit den Bonner Tagen nicht mehr gegeben: ein überparteiliches Bündnis von Politikerinnen, von rechts bis links, forderte Mitte Dezember auf einer Bundespressekonferenz eine 30-Prozent-Quote für Frauen in Aufsichtsräten und mitbestimmungspflichtigen bzw. öffentlichen Unternehmen. Eine Sensation, die noch verschärft wurde, als nicht nur Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sich der Erklärung anschloss, sondern auch Frauen aus dem öffentlichen Leben sie flankierten: von Friede Springer bis Senta Berger, Steffi Jones bis Alice Schwarzer. Im Visier der Offensive: die Bundeskanzlerin und ihre Frauenministerin, denn sowohl Merkel wie Schröder hatten sich bisher gegen eine Quote ausgesprochen.

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Dennoch war den Medien das Ereignis damals nur wenige Zeilen wert, und die wurden vollends begraben unter der aufflammenden Wulff-Affäre. Doch pünktlich zum 8. März kam die Offensive endlich in die Schlagzeilen. Zu verdanken war das EU-Kommissarin Viviane Reding. Die erklärte unumwunden: „Ich bin zu allem bereit!“

Womit die EU-Kommissarin eine Verordnung aus Brüssel meint, die alle EU-Länder letztendlich verpflichten würde, die Quote einzuführen. Denn, so Reding, auch die Beispiele Frankreich und die Niederlande haben gezeigt, wie effektiv die Quote sein kann. Da sind innerhalb nur eines Jahres die Spitzenposten der Frauen von 12 auf 22, bzw. 15 auf 19 Prozent gestiegen. Doch was die vielzitierte „freiwillige Selbstverpflichtung“ angehe: Die hätten nur 24 DAX-Unternehmen unterzeichnet – aber kein einziges aus Deutschland.

Das sowie das herannahende Wahljahr brachte nun auch die Kanzlerin auf Trab. Sie wolle, heißt es plötzlich, die Quote zum Wahlkampfthema machen – auch gegen die FDP. Denn die Jungmännerpartei will auf keinen Fall die Frauenquote. Doch die deutschen Politikerinnen scheinen sich mehr und mehr parteiübergreifend dazu durchzuringen.

Bis Ende Mai erwartet EU-Kommissarin Reding jetzt die Stellungnahmen aller EU-Länder zur Frauenquote. Dann will sie handeln. Mitte Mai, nach den NRW-Wahlen, wird auch die deutsche Kanzlerin genauer wissen, mit welchem Härtegrad sie in der Quoten-Frage einen Anti-FDP-Kurs fahren will. Und spätestens dann soll sie auch die „Berliner Erklärung“ feierlich überreicht bekommen. Mit mindestens 50000 Unterschriften. Ein paar fehlen noch. Mitmachen!

Die Berliner Erklärung

„Seit über 60 Jahren gilt in Deutschland laut Grundgesetz, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. In der Realität ist die Gleichstellung allerdings noch lange nicht verwirklicht. (…) Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Berliner Erklärung, wollen diese Ungerechtigkeiten und den dauernden Verstoß gegen Art. 3 Absatz 2 GG nicht länger hinnehmen. (…) Deshalb haben wir uns in einem überparteilichen und gesellschaftlichen Bündnis zusammengeschlossen. (…) Wir wollen eine gerechte Gesellschaft, die Frauen und Männern die gleichen Verwirklichungs- und Teilhabechancen auch praktisch einräumt.
Unser erstes Ziel ist, mehr Frauen in die Entscheidungsprozesse der Wirtschaft einzubeziehen – paritätisch und gleichberechtigt. Alle bisherigen Versuche, dieses Ziel mit freiwilligen Vereinbarungen zu erreichen, sind gescheitert. Die Zeit ist reif für eine verbindliche gesetzliche Regelung zur geschlechtergerechten Besetzung von Entscheidungsgremien der Wirtschaft, wie Aufsichtsräte und Vorstände. (…) Deshalb treten wir in einem ersten Schritt für eine Quote bei den Aufsichtsräten der börsennotierten, mitbestimmungspflichtigen und öffentlichen Unternehmen ein, die zunächst mindestens 30 Prozent betragen soll. Damit die Maßnahme Wirkung entfaltet, wollen wir flankierend Fristen und empfindliche Sanktionen regeln. Die Quote für Aufsichtsräte kann aber nur der Anfang sein! (…)
Uns Unterzeichnerinnen und Unterzeichner eint der Wille, überparteilich und überfraktionell Mehrheiten für die berechtigten Belange von Frauen zu gewinnen und so das staatliche Gleichstellungsgebot nach Art. 3 Absatz 2 Satz 2 GG endlich umzusetzen."

Die Initiatorinnen: Dorothee Bär, CDU, (MdB) und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie und Frauen der CDU/CSU-Fraktion; Ekin Deligöz, Grüne, MdB und Stellv. Vorsitzende der Frak­tion; Sibylle Laurischk, FDP, MdB und Vorsitzende des Ausschusses für Familie und Frauen; Cornelia Möhring, Die Linke, MdB und stellv. Vorsitzende der Fraktion; Rita Pawelski, CDU, MdB; Dagmar Ziegler, SPD, MdB und stellv. Vorsitzende Fraktion; Rena Bargsten, EWMV; Carlotta Köster-Brons, VdU; Ramona Pisal, djb; Brigitte Scherb, dlv; Monika Schulz-Strelow, FidAR; Henrike von Platen, BPW Germany.
Die Initiatorinnen suchen noch Mitstreiterinnen. Sie können die "Berliner Erklärung" online unterschreiben.

 

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