Elternzeit: Abschied vom Beruf?

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Skandalöser Plan in Bonn gegen Frauen-Berufstätigkeit

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Eine Zeitbombe tickt in Bonn. Zur Beschaffung von Arbeitsplätzen kochten das Bundesarbeitsministerium und das Bundesfamilienministerium einen Plan aus, den sie unter den netten Schlagworten "familienfreundliche Maßnahmen" und "Elternurlaub" verkaufen wollten. Dabei geht es um einen Urlaub von Mutter oder Vater zusätzlich zum gesetzlichen Mutterschaftsurlaub, der sich nach den Plänen der Bonner über ein halbes Jahr bis zwei Jahre erstreckt, der unbezahlt ist, in dem jedoch Renten- und Krankenversicherungsleistungen auf 75 Prozent gekürzt weiterlaufen sollen. Ist der/die Betroffene  anschließend arbeitslos, sollen nach den Plänen des Bundesarbeitsministers auch die Arbeitslosenbezüge gleich gekürzt weiterlaufen! Das allerdings findet Ministerin Huber übertrieben.

Warum nun ist das ganze eine Zeitbombe? Weil erstens die wahlweise Inanspruchnahme dieses Urlaubs durch die Väter eh ein Witz ist (das würden vielleicht 8 Väter in der ganzen Bundesrepublik in Anspruch nehmen, davon würden vier in Brigitte vorgestellt und einer in "EMMA" ...). Und weil es zweitens für die betroffenen Mütter um soviel mehr geht als um Urlaub und Beruf: nämlich um Abschied vom Beruf. Dies beweisen schon die erschreckenden Zahlen und Erfahrungen mit dem normalen Mutterschaftsurlaub: jede zweite Frau fand nach dem Mutterschaftsurlaub nicht in den Beruf zurück!

Das Ganze ist also ein Manöver, um Frauen rauszukriegen aus dem Berufsleben und arbeitslose Männer rein. Mehr noch: es zementiert selbst in den Familien, in denen die Frauen trotz alledem in den Beruf wieder zurückfinden würden, dank der Macht der Gewohnheit, die traditionelle Rolle der Mutter wieder fest: Wer ein, zwei Jahre Mama gespielt hat, der hat Kind und Mann (und sich selbst!) wieder so gründlich daran gewöhnt, dass die Doppelbelastung anschließend als selbstverständlicher Preis der Frauen-Berufstätigkeit in Kauf genommen werden wird ... Darum muss der Plan in Bonn vom Tisch. Aber subito.

Das Bonner Sparen nach dem Motto "Macht die Armen noch ärmer" geht weiter. Wieder einmal sind die Frauen dran. So plump wie beim Haushaltsstrukturgesetz soll es aber nicht wieder hergehen. Diesmal bekommt das Ganze ein fortschrittliches Mäntelchen. Und das geht dann so: Man nehme den Mutterschaftsurlaub, frisiere ihn zur "familienfreundlichen Maßnahme" um und hänge noch ein Jährchen oder so dran, damit sich die Frauen wieder so richtig ans Haus gewöhnen. Das Ganze nenne man dann: "Familienurlaub bei Sicherung der Grundexistenz".

Aha, wird da so manche sagen, endlich rafft sich die Bundesregierung wieder zu einer menschenfreundlichen Reform auf. "Familienurlaub bei Sicherung der Grundexistenz", also ein Urlaub vom Beruf von Mutter oder Vater fürs Kind. Eine gute Idee. Doch gemach, meine Lieben, gemach, so ist das nicht gemeint, was die Herren in Bonn diskutieren. Nicht zufällig kommen die Vorschläge aus dem Arbeitsministerium und laufen unter dem Titel "Verkürzung der Lebensarbeitszeit".Um unbezahlten "Elternurlaub" geht es dabei natürlich, denn sonst bestünde ja die Gefahr, dass der progressive touch, die "wahlweise" Möglichkeit auch für Väter, tatsächlich in die Tat umgesetzt würde. (Für die Klagen der Väter auf "Vaterschaftsurlaub" stehen möglicherweise positive Gerichtsurteile an, und die Kommission des Europäischen Rates fordert ihn sowieso!) Da muss beizeiten ein Riegel vorgeschoben werden. Wahlweise heißt deshalb die Devise und ohne Bezahlung. Und das sind Frauen ja gewohnt: keine Bezahlung.

51(!) der rund 300.000 erwerbstätigen Frauen, die 1981 den Mutterschaftsurlaub in Anspruch genommen haben, haben danach nicht wieder den Weg in zurück in den Beruf gefunden. Den Faden möchte Herr Ehrenberg angesichts wachsender Arbeitslosenzahlen wohl weiterspinnen zu einem Netz, in dem sich die Frauen noch trefflicher fangen lassen.

Mit entsprechendem Geklapper um angebliche "Wahlfreiheit" zwischen Beruf und Familie mühten die Frauen doch zu bewegen sein, ihre Arbeitsplätze herzugeben! Von rund 100.000 freiwerdenden Stellen träumt die Bundesanstalt für Arbeit und hofft auf Einsparungen einer runden Milliarde Mark beim Arbeitslosengeld. Und obendrein sollen die Kranken und Rentenversicherungserstattungen während dieses "Elternurlaubs" noch gesenkt werden, was später dann auch bei den Frauenrenten spart.

Und es kann noch besser kommen bei diesem Coup. Lässt sich diese "Arbeitsplatzgarantie" über Jahre hinaus auch bei dem vorläufig noch widerstrebenden Wirtschaftsministerium durchsetzen, dann stellen die Arbeitgeber mit Sicherheit bald überhaupt keine jungen Frauen mehr ein! Flugs sind sodann etliche tausend Arbeitsplätze für junge Männer frei. Von den Aufstiegschancen für Frauen ganz zu schweigen. Da bildet niemand mehr Frauen aus, wenn sie anschließend langfristig aus dem Beruf verschwinden ... oder die Arbeitsplätze werden schlicht wegrationalisiert.

Nach den müden Klimmzügen der letzten Monate hätten wir Bonn einen so geschickten Zug kaum noch zugetraut. Niemand wird so leicht sagen können, die Frauen würden wieder einmal auf ihre traditionelle Rolle fixiert. Formal wenn auch kaum praktikabel wegen des meist höheren Verdienstausfalls im besonderen und der Männerehre im allgemeinen sind ja die Väter beteiligt. Niemand wird laut von Verdrängung der Frauen sprechen dürfen. Es geschieht ja alles freiwillig.

Beim öffentlichen Dienst war mit dem Sparen nichts zu machen. Auch die Beamten zeigten nicht die erwartete Opferbereitschaft. Frauen aber, die sind zu opfern gewohnt, sie werden zur immer beliebteren Zielgruppe der Bonner Sparpolitik. Haben sie nicht eben erst lautlos die Streichung des Babyjahrs über die Bühne gehen lassen?

Bei ihnen schreit wenigstens keine Lobby, und die Gewerkschaften zeigen sich nie so unaufmerksam, wie bei Abstrichen an den Frauen. Tja und Frau Huber? Sie wird bestenfalls leise klagen, aber bewirken wird sie nichts. Um diesen "Familienurlaub" wirklich bindend auf beide Eltern zu verlagern, müsste sie schon sehr energisch auf den Tisch klopfen. Und das ist eben ihre Sache nicht.

Ihr aber, Frauen solltet es tun. Lasst Euch nicht wieder aufspalten in Familienmütter und Berufstätige. Lasst Euch nicht für dumm verkaufen. Wehrt Euch gegen das Gewitter, das sich da in Bonn gegen Euch zusammenbraut. Wenn Ihr diesmal nicht mit Briefen, Anrufen, Aktionen den Herren in Bonn Eure Meinung sagt, werden wir ein Gesetz bekommen, das Frauen um Jahrzehnte zurückwirft. Wehret den Anfängen!

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