Kollegah-Konzert in München abgesagt
„Ausschlaggebend (für die Annullierung des Konzertes) war die absolut destruktive Haltung des Künstlers“, teilte der Musiksoziologe Rainer Sontheimer mit. Er berät den Club Backstage, in dem Kollegah am Samstag auftreten sollte. Das Konzert war mit 1.200 Tickets komplett ausverkauft.
„Für uns war es immer Voraussetzung, dass dieses Konzert – wenn überhaupt – nur stattfinden kann, wenn bei dem Künstler eine ehrliche, kritische Auseinandersetzung stattfindet und er sich im Vorfeld eindeutig und glaubwürdig anders darstellt“, teilt das Backstage jetzt mit. „Dies hat der Künstler nicht gemacht.“
Kollegah propagiert Menschenhass
Wie sollte Kollegah das auch machen können? Nach 16 Jahren offensiver Menschenverachtung – Antisemitismus! Frauenhass! Homohass! – kann so einer doch nicht plötzlich zum Menschenfreund werden. Was nicht zuletzt dank der seit Ende Oktober laufenden EMMA-Kampagne gegen Kollegah klar war.
EMMA hatte dem Rapper den ironischen Award „Sexist Man Alive 2019“ verliehen und eine ausführliche Begründung inklusive Dokumentation der härtesten Textpassagen veröffentlicht. Das öffnete vielen – vor allem Erwachsenen, die nicht so vertraut sind mit den Texten des Rappers - die Augen. Es war nicht länger zu leugnen: Kollegah propagiert einen puren Menschenhass.
Der EMMA-Award löste eine breite Debatte in allen Städten aus, in denen auf der aktuellen Tournee Kollegah auftrat. Rastatt hatte bereits vor dem EMMA-Protest das Kollegah-Konzert abgesagt. Dem folgten nach der EMMA-Veröffentlichung Proteste in Köln und zahlreichen weiteren Städten.
München hat Konsequenzen gezogen
München ist, nach Rastatt, die einzige Stadt, die wirklich Konsequenzen gezogen hat. Doch auch an etlichen anderen Stationen der Kollegah-Tournee war es diesmal knapp davor. Eine Tournee dürfte für diesen Rapper so rasch nicht wieder geplant werden. Doch dabei darf es nicht bleiben. Von Bushido sind gerade 300 Videos auf Youtube gesperrt worden: zu Songs des Albums „Sonny Black“, das auf dem Index steht und nicht für Jugendliche zugänglich sein darf. Es stellt sich die Frage, was jetzt mit den Songs von Kollegah geschieht. Der ist ja keinen Deut harmloser ist als Bushido – ja, vielleicht noch ärger.
Bei der Entscheidung in München dürfte der Protest von Charlotte Knobloch eine Rolle gespielt haben, der Präsidentin der Jüdischen Gemeinde in München. Sie hatte schon früh die Absage des Konzertes gefordert. Jetzt, einen Tag vorher, erklärte Knobloch: „Ich danke dem Backstage für die Absage, mit der es seinen eigenen Prinzipien treu geblieben ist und die Kritiker ernst genommen hat. Die konsequente Entscheidung mag spät kommen, aber sie ist die einzig richtige.“
So ist es.
PS Jetzt wird bekannt, dass Kollegah am Samstagabend ein "Ersatzkonzert" im VIP-Club in München geben wird. Der einschlägige Club bezeichnet sich selbst als "die Nr. 1 für Balkanparties". Gleichzeitig sind Proteste vor dem Club in der Schwanthaler Straße angekündigt, zu denen u.a. das "Linke Bündnis gegen Antisemitismus" aufgerufen hat.