Identität - ein Klischee?

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Der Begriff Identität sei ein Spiegelkabinett, schrieb Erik Erikson 1968, „allgegenwärtig und doch so schwer zu fassen“. Er hatte den Terminus eingeführt, kurz bevor er auch den Begriff „Identitätskrise“ prägte. Doch schon auf den ersten Seiten seines Buches „Jugend und Krise“ bekannte er, dass er ihn nicht definieren könne. Allenfalls könne er sagen, dass Identität das „subjektive Gefühl einer bekräftigenden Gleichheit und Kontinuität“ sei.

Missverständnisse schienen unausweichlich, wenn man sich ansieht, wie vage spätere Definitionsversuche der persönlichen Identität ausfallen, etwa im „Oxford English Dictionary“, wo es heißt: „Der Umstand, dass eine Person oder ein Ding es selbst und nicht etwas anderes ist.“

Im Laufe der Jahre scheiterten viele Versuche, eine „Identitätstheorie“ zu entwickeln. Der Soziologe Nathan Leiter beklagte 1967 (so erzählte es später sein Kollege an der University of California, Robert Stoller, Pionier der Behandlung Transsexueller), dass „der Begriff Identität gerade mal als schickes Kostüm taugt, unter dem man die Unklarheit, Mehrdeutigkeit, Tautologie, den Mangel an klinischen Daten und die ärmlichen Erklärungsversuche verstecken kann“.

Auch die breite Popularisierung des Begriffs war keine Hilfe. Im Jahr 1983 erklärte der Historiker Philip Gleason in seinem Essay „Identifying Identity“: „Da sich der Begriff Identität immer mehr zum Klischee entwickelte, wurde er auch unschärfer, so dass er immer ungenauer und unverantwortlicher verwendet wurde. Das deprimierende Ergebnis

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