Alice Schwarzer schreibt

Wie lustig! Baerbock in der Bütt

Foto: IMAGO
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Einmal im Jahr vergibt der Aachener Karnevalsverein den „Orden wider den tierischen Ernst“. Und damit das auch jemand merkt im Land, wird der in der Regel an sogenannte Promis aus Politik und Kultur vergeben. Im letzten Jahr war das Iris Berben. Diesmal ist es Annalena Baerbock, ihres Zeichens Außenministerin von Deutschland. Oder Kriegsministerin? („Wir sind im Krieg gegen Russland“).

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Nun, man sollte auch in Kriegszeiten lachen dürfen. Ein umwerfendes Beispiel dafür gab anno 1991, während des Irakkrieges, der damalige Karnevalsprinz von Köln. Da war es noch angesagt für Linke und Grüne, gegen den Krieg zu sein. Darum boykottierten gerade sie den traditionellen Kölner Karneval - ganz wie der Reporter des WDR („Rotfunk“). Er interviewte den Karnevalsprinzen. Kritisch natürlich.

Im WDR sah man, wie der hochgewachsene linke Reporter den kleinen dicken Prinzen im Gang des Rathauses streng fragte: „Wie können Sie denn in diesen Zeiten überhaupt Karneval feiern?“ Da antwortete der Prinz verschmitzt: „Sagen Sie mir mal wat janz anderes: Wie können die im Karneval überhaupt Krieg machen?!“

Das zum Humor in schwarzen Zeiten. Zum echten, subversiven Humor.

Die Außenministerin aus Norddeutschland hat das anscheinend nicht verstanden. Wie so manches nicht. Sie hält Neckischsein für lustig.

Baerbock, von den Veranstaltern als „moderne Ritterin im besten Sinne“ präsentiert, scherzte in der Bütt: „Ich habe lange überlegt, was meine Verkleidung angeht. Die Verkleidung als Leopard schied aus“. Denn sie habe befürchtet, „dass das Kanzleramt dann keine Reisegenehmigung erteilt“. Hahaha.

Ist das noch neckisch – oder schon zynisch?

Agnes Strack-Zimmermann beim Orden wider den Tierischen Ernst in Aachen: "...die Allergeilste...". Foto: IMAGO
Agnes Strack-Zimmermann beim Orden wider den Tierischen Ernst in Aachen: "...die Allergeilste...". Foto: IMAGO

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klingbeil war auch zur Stelle und lobte die „tolle Kollegin“. Da war Strack-Zimmermann (FDP und Kriegsministerin in Wartestellung) schon eher mit dem Eigenlob beschäftigt. Die 64-Jährige trat als Punk auf und dichtete in der Bütt launig: „Von Kopf bis Fuß ganz formidabel / ohne Zweifel ministrabel / in jeder Talkshow ein Gewinn / weil ich die Allergeilste bin.“ Die Allergeilste?

Ja, aber Frau Schwarzer, sind Sie denn nicht für die Quote? Freuen Sie sich nicht über jede Frau in der Politik? – Nein, tue ich nicht.

Habe ich noch nie getan, Frausein alleine genügt nicht. Aber haben Sie etwa keinen Humor? Doch, doch, im Übermaß. Ich bin ein großer Karnevalsfan und feiere auch in diesem Jahr bis zum Umfallen Wieverfastelovend auf der Straße. Aber ich denke beim Anblick verantwortlicher Politikerinnen an die Hunderte von Menschen, die in just diesen lustigen Stunden an der Front in der Ukraine sterben. An die vergewaltigten Frauen. An die traumatisierten Kinder. An den Teil der Welt, wo es zurzeit so gar nicht lustig zugeht.

ALICE SCHWARZER

 

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