Emmy für "Fritzi war dabei!"

„Ossi“ Anna Shirin Habedank, Wessi Julian Janssen und Fritzi. Foto: MDR
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Was war die DDR? Wie haben Kinder und Jugendliche dort gelebt? Welche Musik haben sie gehört, welche Klamotten getragen? Was waren ihre Hobbys? Und warum gab es um diese DDR herum eine Mauer?  

All das erklärt die MDR-Kinderserie "Auf Fritzis Spuren - wie war das so in der DDR?" Sie erklärt es so gut, dass sie am 24. November in New York mit einem Emmy in der Kategorie "Kids: Factual & Entertainment" ausgezeichnet wurde, der wichtigsten Auszeichnung für nicht-amerikanische TV-Produktionen - und als erste deutsche Serie überhaupt. Der Emmy ist der Oscar für TV-Produktionen.

"Fritzi war dabei" ist eines der unangepassten, realistischen Kinderbücher

Den Stoff für die Serie lieferte das 2009 erschienene Kinderbuch „Fritzi war dabei“ von Hannah Schott, illustriert von Gerda Raidt. Die Idee zu einem Buch, das Kindern die DDR erklärt, stammte von der Verlegerin Monika Osberghaus, die seit 2009 den Klett Kinderbuchverlag in Leipzig leitet. Der wiederum ist bekannt dafür, unangepasste Kinderbücher auf den Markt zu bringen - und so gar nicht woke zu sein. Osberghaus: „In den großen Verlagen werden Kinderbücher vor dem Druck auf alle möglichen Probleme abgeklopft, damit sich bloß niemand in seinen Empfindlichkeiten gestört fühlt. Das Resultat sind komplett glatt geschliffene Bücher, in moralisch vorauseilendem Gehorsam.“

„Fritzi war dabei“ ist eines dieser anderen, realistischen Bücher und gehört zu den erfolgreichsten des Verlags. Es erzählt aus der Sicht der Viertklässlerin Fritzi, die im Herbst 1989 in Leipzig wohnt und die Ereignisse rund um den Mauerfall erlebt.

Mehr EMMA lesen! Die November/Dezember-Ausgabe gibt es als Printheft oder eMagazin im www.emma.de/shop
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Fritzi sieht, wie Familien zerrissen werden, zwischen jenen, die an der DDR festhalten und sie verändern wollen und jenen, die es nicht können. Auch ihre beste Freundin Sophie flieht mit ihren Eltern über Ungarn in den Westen. Fritzi bleibt und erlebt einen Staat, in dem schon bald alles auf dem Spiel steht. Wird der Aufstand des Volkes am 9. Oktober 1989 in Leipzig blutig niedergeschlagen (die Krankenhäuser hielten sich damals bereit) oder wird der friedliche Protest der Menschen zugelassen? Nur vier Wochen später fällt die Mauer und Fritzi kann Sophie in die Arme schließen.

Die RegisseurInnen Andrea Gentsch und Ralf Kukula haben aus dem Kinderbuch eine Fernsehserie gemacht, mit Dokumentarmaterial, Spiel- und Cartoon-Szenen.

In „Auf Fritzis Spuren“ stellen die KiKa-Moderatoren, „Wessi“ Julian Janssen (auch bekannt als Checker Julian) und „Ossi“ Anna Shirin Habedank fest, dass sie so gut wie nichts von der DDR wissen. Also begeben sie sich auf Zeitreise in das Leben vor der Wende. Immer, wenn sie in die Vergangenheit springen, wird die Serie zum Comic, aus Anna und Julian werden dann Trickfilm-Avatare. Die fangen das Kinder-Leben der DDR ein, Schulstunden, Nachmittage bei den Thälmann-Pionieren. Sie treffen die ersten Hiphopper der DDR und die ersten Punks.

In der Gegenwart bleiben Julian und Anna sie selbst. Sie sprechen mit ZeitzeugInnen, den Hiphoppern und Punkern von einst, den ersten Umweltaktivisten. Und sie besuchen die Orte in Leipzig, an denen Geschichte geschrieben wurde. Zum Beispiel die Nikolaikirche, in der die Friedensgebete und schließlich auch die Montagsdemonstrationen ihren Anfang nahmen. Dort treffen sie Gesine, die am 4. September 1989 das Banner „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ in eine westdeutsche Kamera hielt. Die Aufnahme landete in der Tagesschau. Oder sie treffen die Bürgerrechtlerin Kathrin, die 25.000 Flugblätter mit dem Aufruf „Keine Gewalt“ druckte und eine Heldin der friedlichen Revolution wurde. Und sie besuchen Regina, die im Bundesarchiv arbeitet, wo die Stasi-Akten stehen und die ihnen erklärt, was die Stasi war.

„Auf Fritzis Spuren“ ist keine nostalgische Rückschau auf die DDR. Es ist ein ehrlicher Blick auf eine Zeit und ein Land, das die Kinder von heute erst kennenlernen müssen, um deutsche Geschichte zu verstehen. Fritzi hilft ihnen dabei.

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