Endlich mehr Schutz für Kinder!

Foto: imago/blickwinkel
Artikel teilen

Münster, Lügde und Bergisch Gladbach: die Missbrauchsfälle der vergangenen zwei Jahre und die massenhafte Verbreitung von Kinderpornografie im Netz haben die Bundesregierung nun endlich dazu gebracht, Kindesmissbrauch und Kinderpornografie grundsätzlich als Verbrechen einzustufen.

Anzeige

Dass es erst jetzt dazukommt, ist beschämend. Dennoch ist es eine wichtige Weichenstellung für die Justiz. Bisher galt nur der „schwere“ Missbrauch als Verbrechen, also sexuelle Handlungen an einem Kind, die mit Eindringen in den Körper verbunden sind. Nun ist auch der „einfache“ Missbrauch, also zum Beispiel, ein Kind „nur“ zu berühren, ein Verbrechen. Das bedeutet, dass auf jeden Fall ein Gerichtsverfahren stattfindet – zudem schärft es die Sensibilisierung für Kindesmissbrauch.  

Verfahren können nun nicht mehr wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, auch darf keine „Untersuchungshaft“ mehr angeordnet werden. Bewährungsstrafen sollen zur Ausnahme werden, für RichterInnen und StaatsanwältInnen sind besondere Qualifikationsanforderungen vorgesehen.

Auch der Besitz von Sexpuppen, die wie Kinder aussehen, wird unter Strafe gestellt

Der Gesetzentwurf der Großen Koalition sieht vor, dass sexuelle Misshandlungen von Kindern und die Verbreitung, der Besitz und die Beschaffung von Bildern und Filmen künftig grundsätzlich mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis geahndet werden. Die Höchststrafe liegt bei 15 Jahren.

Im neuen Gesetz wird auch der Besitz von Sexpuppen, die wie Kinder aussehen, unter Strafe gestellt. Das dürfte hoffentlich manche SexualtherapeutInnen verstummen lassen, die in Kinder-Sexpuppen einen praktikablen Plan B für Pädokriminelle sehen und außer Acht lassen, dass jemand, der eine Kindersexpuppe bestellt, auch ein Kind missbrauchen will. Auch will das Justizministerium einen Vorschlag vorlegen, wie „Missbrauchshandbücher“ aus dem Darknet, also Anleitungen die erklären, wie Kinder angelockt und möglichst ohne Verdacht missbraucht werden können, unter Strafe gestellt werden können.

Zudem gelten im neuen Gesetz höhere Auflagen für das erweiterte Führungszeugnis für BetreuerInnen oder TrainerInnen. Wiederholungstäter bekommen einen lebenslangen Eintrag. Auch Straftaten, die lange zurückliegen, müssen dort künftig eingetragen werden.

Es passiert also endlich etwas. Aber eine grundlegende Maßnahme fehlt noch immer: der umfassende Zugriff auf die Vorratsdatenspeicherung. Seit Jahren sprechen sich KriminalbeamtInnen und auch NRWs Innenminister Herbert Reul dafür aus, endlich den Datenschutz in der Verbrechensbekämpfung, insbesondere im Kampf gegen Kinderpornografie herunterzufahren. Kinderschutz vor Datenschutz! Nur mit der Nachverfolgung der IP-Adressen, die über einen längeren Zeitraum einsehbar sein müssen, können Täter aufgespürt werden. Zwar sollen ErmittlerInnen mehr Befugnisse bei der Handy- oder Computerüberwachung bekommen, aber das reicht nicht. Es gilt also weiterhin: Datenschutz vor Kinderschutz.

Während in den USA und übrigens auch in Kanada schon seit 2008 eine Meldepflicht für Provider besteht, sie also die Klarnamen der Täter und ihre IP-Adressen nennen müssen, müssen Provider in Deutschland nicht nach Tätern suchen, sondern nur die Bilder weitergeben, die von Usern gemeldet werden. Es ist also nur ein Bruchteil, der angezeigt wird.

Viele dieser Verschärfungen hätten längst umgesetzt werden können - und müssen

Viele Einzelheiten dieser Verschärfung hätten angesichts der unzähligen pädokriminellen Verbrechen längst umgesetzt werden können - und es macht fassungslos, dass sie es nicht längst sind.

Nun muss endlich die Justiz greifen und das Strafmaß voll ausgeschöpfen. Die Bundesregierung hat die Weichen gestellt, nun müssen sie auch befahren werden. Das Gesetz muss noch zur Abstimmung in den Bundestag.

www.innocenceindanger.de, Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: 0800/22 55 530, www.nina-info.de

 

Artikel teilen
 
Zur Startseite