Oscars: Die Realität der Frauen!

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Die Welt von Joy und Jack ist nur 16 Quadratmeter klein. Denn die Mutter und ihr kleiner Sohn sind eingesperrt in diesem Raum, Jack kennt nichts anderes als das Leben in diesen vier Wänden. Er wurde gezeugt von Old Nick, dem Mann, der seine Mutter entführte und sie immer wieder vergewaltigt. Eines Tages gelingt Mutter und Sohn die Flucht. Was geschieht nun, als die beiden mit der Außenwelt konfrontiert werden?

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Die irische Autorin Emma Donoghue hat sich für ihren Roman „Room“ von dem ungeheuerlichen Fall Fritzl inspirieren lassen. Der Österreicher hatte seine Tochter 24 Jahre lang in einem Kellerverlies gefangen gehalten und sieben Kinder mit ihr gezeugt. Donoghues Buch war die Vorlage für den Film (Filmstart: 17. März), dessen Hauptdarstellerin Brie Larson jetzt mit einem Oscar prämiert wurde - und damit auch die tatsächlich etwas zu dramatische Cate Blanchett als „Carol“ ausstoch.

Es scheint, als ob sich die diesjährige Oscar-Verleihung – neben der Debatte um die Nicht-Nominierung schwarzer RegisseurInnen und SchauspielerInnen – noch ein weiteres Thema auf die Fahnen geschrieben hätte: die Sexualgewalt. Das wurde spätestens beim Auftritt von Lady Gaga klar, die mit ungeheurer Wucht ihren Song „Till It Happens to You“ vortrug. Sie hatte ihn für den Film „The Hunting Ground“ komponiert, eine Dokumentation über die Vergewaltigungen an amerikanischen Universitäten. Am Ende des Liedes betraten rund zwei Dutzend junge Frauen (und einige Männer) die Bühne, die Arme beschrieben mit Parolen wie „Not your Fault“ (Es war nicht deine Schuld) oder „unbreakable“ (nicht zerbrochen). Als Lady Gaga, die 2014 von ihrer eigenen Vergewaltigung als 19-Jährige erzählt hatte, sang „Till it happens to you, you don’t know how I feel“, kämpfte nicht nur Kate Winslet mit den Tränen.  

Auch beim Oscar für den Besten Film entschied sich die Academy nicht etwa für das (bis auf eine als Geist erscheinende ermordete Indianerin) ausschließlich männlich besetzte Wildnis-Drama „The Revenant“, sondern für einen weiteren Film mit dem Thema Sexualgewalt. „Spotlight“ erzählt die Geschichte eines Bostoner Journalistenteams, das den lange vertuschten Missbrauch durch Priester aufdeckt.

EMMA verlost drei Mal die Dokumentation "Amy" auf DVD

Und auch der beste Kurz-Dokumentarfilm „A Girl in the River – The Price of Forgiveness“ (bisher kein deutscher Starttermin) hat die (Sexual)Gewalt zum Thema. Die pakistanische Filmemacherin Sharmeen Obaid-Chinoy erzählt die Geschichte der 18-jährigen Saba, die wegen einer unerlaubten Liebesbeziehung von ihrem Vater und ihrem Onkel ermordet werden soll – und überlebt. Sie schafft es, die Täter ins Gefängnis zu bringen. Doch ihre Familie drängt sie, ihnen zu verzeihen. Wird Saba dem Druck standhalten?

Und dann ist da noch der Oscar für den besten Dokumentarfilm. „Amy“. Regisseur Asif Kapadia kommt der so ungeheuer begabten Amy Winehouse mit seinem privaten Bildmaterial und seinen Interviews mit Bezugspersonen, darunter drei enge und rührend zugewandte Freundinnen, sehr nah. So nah, dass man nicht umhin kommt, sich über die Rolle von Vater Mick noch mehr Fragen zu stellen als man vor dem Film ohnehin schon hatte. „Amy“ zeigt aber nicht nur den tragischen und tödlichen Weg von der properen 15-Jährigen zum magersüchtigen Junkie, sondern auch das – zwar bekannte, hier aber noch einmal offenbarte - sensationelle Talent dieser leider so früh gestorbenen Frau.

EMMA verlost drei DVDs der großartigen Dokumentation „Amy“. Bitte eine E-Mail schreiben an: redaktion(a)emma.de, Stichwort „Amy“. Und bitte die Postadresse für den Versand nicht vergessen.                

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Zwangs-Ehe: Ein Oscar für „Mustang“?

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Fünf Schwestern in einem türkischen Dorf am Schwarzen Meer. Es ist Ferienbeginn, ausgelassen toben die Mädchen mit ein paar Jungen im Wasser. „Und plötzlich verwandelte sich unser Haus in eine Ehefrauen-Fabrik“, erinnert sich Lale, die jüngste und renitenteste Schwester, die uns die Geschichte im Rückblick aus dem Off erzählt. Die Geschichte handelt von Jungfräulichkeitstests, arrangierten Ehen, einem Selbstmord – und von der unbändigen Lebenslust und Kraft der Schwestern, von denen es dreien gelingt, sich nicht brechen lassen. 

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Das Zuhause der Schwestern wird zur Ehefrauen-Fabrik

Lale ist das Alter Ego von Regisseurin Deniz Gamze Ergüven. Die in der Türkei geborene Diplomatentochter wuchs zwischen Ankara und Paris auf. „Mustang“, der ab dem 3. März deutschlandweit in den Kinos läuft, ist ihr erster Spielfilm. Es ist sicher kein Zufall, dass Frankreich - angesichts der tobenden Debatten um Parallelgesellschaften in den Banlieues - genau diesen Film als seinen Beitrag für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert hat. Ob er gewinnt? Sonntagnacht wissen wir mehr.

Terre des Femmes hat – passend zum zentralen Thema von „Mustang“ – außerdem soeben eine Petition an Justizministerin Heiko Maas gestartet: „Frühehen stoppen – Bildung statt Heirat!“ Jeden Tag werden 39.000 Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet, eins von neun dieser Mädchen ist bei der Hochzeit nicht einmal 15 Jahre alt, beklagt der UN-Bevölkerungsfonds in seinem Report „Marrying too young – end child marriage!“. Die meisten von ihnen dürfen nicht mehr zur Schule gehen und sterben fünfmal häufiger bei Geburten als ältere Frauen. Tod durch Schwangerschaft ist laut UN für Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren Todesursache Nummer 1.

Mädchen auch in Deutschland von Zwangsheirat betroffen

Aber: „Auch wenn Frühehen vor allem in Ländern des globalen Südens vorkommen, sind auch in Deutschland Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund von dieser Menschenrechtsverletzung betroffen“, erklärt Terre des Femmes. Rund 3.500 Mädchen suchen jährlich bei Beratungsstellen Schutz vor Zwangsverheiratung. Zu den Entwicklungszielen der UN gehört es, die Frühehen bis 2030 abzuschaffen. Auch Deutschland hat sich dazu verpflichtet. „Terre des Femmes fordert daher die Bundesregierung auf, es Schweden und der Schweiz gleichzutun und das gesetzliche Mindestheiratsalter auf 18 Jahre ohne Ausnahme festzulegen.“

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