Prostitutionsgesetz: Union geht voran!

© Christian Hartmann / Reuters
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Großartig! Die Union geht voran und stellte gestern in Berlin zwölf Eckpunkte zur Bekämpfung von (Zwangs)Prostitution und Menschenhandel vor. Fast alles, worauf es ankommt, um aus dem "Bordell Deutschland" wieder ein menschenwürdiges Land zu machen, ist in diesen Forderungen enthalten. Man kann nur hoffen, dass die SPD mitzieht. Die Eckpunkte im Einzelnen:

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• Die Altersgrenze für Prostituierte soll von 18 auf 21 Jahre angehoben werden. Zum Schutz der jungen Frauen in der Prostitution, die immer jünger werden.

• Es soll eine Anmeldepflicht für Prostituierte geben. Damit man weiß, welche Frauen überhaupt anschaffen, Zwangsprostituierte aufgespürt werden und Frauen nicht einfach spurlos verschwinden können.

• Regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen sollen wieder Pflicht werden. Das schützt die Frauen nicht nur vor Krankheiten - und ist darum schon lange auch ihr eigener dringlicher Wunsch.

• Flatrate-, Gang-Bang- und Rape-Prostitution sollen verboten werden, da sie Verletzungen der Menschenwürde sind.

• Die Beratung von Prostituierten - endlich auch zum Ausstieg? - soll verstärkt und das Aufenthaltsrecht von Zeuginnen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution verbessert werden.

• Prostitutionsstätten sollen erlaubnispflichtig werden, was in einem eigenen "Prostitutionsstättengesetz" geregelt werden soll, nicht im Gewerberecht. Prostitution ist also kein "Beruf wie jeder andere" mehr.

• Die Polizei soll die Prostitutionsstätten kontrollieren können. Zuhälterei und Menschenhandel sollen leichter und stärker bestraft werden und Menschenhändler auch ohne Aussage der Opfer zur Rechenschaft gezogen werden können.

Nur ein Punkt ist halbherzig. Erwartungsgemäß. Ausschließlich Freier von "Zwangsprostituierten" sollen in Zukunft bestraft werden. Doch da Zwangsprostitution erfahrungsgemäß nur sehr schwer beweisbar ist, ist dieser Punkt nicht mehr als eine folgenlose Geste. Diese Halbherzigkeit war zu erwarten, weil es in Deutschland - im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern - bis vor kurzem noch kein kritisches Verhältnis zur Prostitution gab.

Die Debatte hatte erst wirklich begonnen mit dem EMMA-Appell gegen Prostitution im November 2013. Allerdings sind wir jetzt, nach nur fünf Monaten, dafür schon ganz schön weit in dem Land, in dem über ein Jahrzehnt lang "Prostitution ein Beruf wie jeder andere" war und das als europäische Drehscheibe des Menschenhandels gilt.

Die Europäische Union aber schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran. Vor sechs Wochen hatte das EU-Parlament beschlossen, Prostitution als „Verstoß gegen die Menschenwürde“ zu klassifizieren und den 28 Mitgliedsstaaten das "Schwedische Modell" empfohlen, also die Freierbestrafung. Nun legte der Europarat nach: „Wir fordern die Mitgliedsländer auf, die Kriminalisierung des Sexkaufs, basierend auf dem Schwedischen Modell, als effektivste Maßnahme im Kampf gegen den Menschenhandel zu betrachten.“

Der Rat, eine Art UNO auf Europaebene, in dem alle 47 europäischen Staaten Mitglied sind, fordert die Länder außerdem auf, die Werbung für Prostitution zu verbieten sowie ausreichend Beratungszentren und Ausstiegsprogramme einzurichten, in denen Prostituierte, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, rechtlichen und gesundheitlichen Beistand bekommen.

Mit einer überwältigenden Mehrheit von 102 Ja-Stimmen verabschiedeten die 125 Mitglieder des Europarats auch ihr klares Votum für die Freierbestrafung. Für Deutschland allerdings konstatierte der Report des Europarats: „Sowohl die Situation der Prostituierten als auch das Vorkommen des Menschenhandels haben sich verschlimmert.“

Zu hoffen, dass die SPD die fundierten Forderungen der Union mitträgt - ohne die Position des Koalitionspartners zu verwässern. Denn jeder Abstrich an diesen Eckpunkten wäre ein Rückschritt - auf Kosten der Frauen in der Prostitution. Debattiert werden soll das neue Prostitutionsgesetz noch vor der Sommerpause - und verabschiedet im Herbst.

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