Trans: Eltern vor Gericht!
Als Sofia Köhler (alle Namen geändert) und ihr Mann Wassili an diesem Abend vom gemeinsamen Tennisspielen nach Hause kommen, steht vor ihrem Haus ein Polizeiwagen. Im Hausflur warten vor der Wohnungstür zwei Polizeibeamte und eine Frau, die sich als Mitarbeiterin des Jugendamtes vorstellt. „Sie hat erklärt, dass sie unseren Sohn jetzt mitnehmen wird. Es läge eine Kindeswohlgefährdung vor." Den schockierten Eltern bleibt nichts anderes übrig, als ihren Sohn Lucas gehen zu lassen. Er ist 15.
Ein Jahr zuvor hatte er ihnen erklärt, dass er „trans“ sei. Sie seien zwar „geschockt“ gewesen, hätten aber verständnisvoll reagiert, erzählt Sofia Köhler. Sie hätten zugestimmt, dass Lucas in der Schule „Lara“ genannt wird. Als er mit einem sehr kurzen Rock zur Schule gehen wollte, hätten sie das zwar verboten, aber nur, weil der Rock wirklich extrem kurz gewesen sei. „Ich habe ihm angeboten, dass er was von meinen Sachen anziehen kann", so die Mutter.
Nur dass der damals 14-Jährige sofort Pubertätsblocker nehmen wollte, das fanden sie nicht in Ordnung. Es war doch noch gar nichts abgeklärt und als Pharmazeutin wusste Sofia Köhler, dass die Blocker, die die Aufnahme männlicher Hormone hemmen, ein Medikament mit schweren Nebenwirkungen bis hin zu Leber- und Hirntumoren sind. Wegen dieser Weigerung der Eltern habe es immer wieder Ärger und Schreiereien gegeben. Einmal habe Lucas seinen Vater „aufs Übelste beleidigt und als Arschloch beschimpft“. Ihr Mann sei „eigentlich ein ruhiger Typ, aber da hat er Lucas einmal am Ohrläppchen gezogen und gesagt: So sprichst du nicht mit mir!“ Mehr, versichert Sofia Köhler, sei da nicht vorgefallen. Und dann stand eines Abends im Mai 2023 der Polizeiwagen vor der Tür.
Pubertätsblocker haben schwere Nebenwirkungen bis hin zu Hirntumoren
Zwei Jahre ist diese sogenannte „Inobhutnahme“ durch das Jugendamt jetzt her. So lange lebt Lucas nun schon in einer betreuten Wohngemeinschaft. Sofia Köhler und ihr Mann haben ihren Sohn seither nur selten gesehen und wenn, dann nie allein, sondern immer in Gegenwart einer Betreuerin des Jugendamtes. Das ist für die Eltern schlimm genug, aber es geht noch schlimmer: Die letzte Begegnung zwischen Eltern und Sohn fand im Gerichtssaal statt. Das Familiengericht soll, so wollen es Lucas und das Jugendamt, den Eltern das Sorgerecht für ihren Sohn entziehen. Sie sollen nun endlich zustimmen, dass der Junge Pubertätsblocker nehmen kann.
Familie Köhler ist kein Einzelfall. Dass Jugendliche, die sich für „trans“ halten, ihre Eltern vor die Familiengerichte zerren würden, wenn die einer „Transition“ nicht zustimmen, war abzusehen, als die Ampel-Regierung im April 2024 das aberwitzige „Selbstbestimmungsgesetz“ verabschiedete. Seit 1. November 2024 kann jeder Mensch seinen Geschlechtseintrag mit einem Gang zum Standesamt ändern lassen. Voraussetzungen: keine. MedizinerInnen, TherapeutInnen, Elterninitiativen, Feministinnen und auch Transmenschen selbst hatten händeringend davor gewarnt, dass der Staat damit Kinder und Jugendliche der transideologischen Behauptung ausliefert, das biologische Geschlecht sei irrelevant und „bei der Geburt zugewiesen“. Sie hatten vorausgesagt, dass damit der Weg zu medizinischen Maßnahmen wie Hormonen und OPs zur Rutschbahn werde. Und sie hatten kritisiert, dass die Ampel allen Ernstes in das Gesetz geschrieben hatte, dass Jugendliche ab 14 selbst über ihren Geschlechtseintrag entscheiden können. O-Ton: „Sind die Eltern nicht einverstanden, ersetzt das Familiengericht die Zustimmung.“
Dass sich die Gerichte dabei tatsächlich wie vorgeschrieben „am Kindeswohl orientieren“, durfte bezweifelt werden. Auch Sofia Köhler zweifelt daran. Allein schon deshalb, weil „dem Gericht pharmakologisches Wissen fehlt“.
Der Beipackzettel verbietet Androcur ausdrücklich für Kinder und Jugendliche
Androcur, so heißt das Mittel, das Lucas nehmen will, wird eigentlich zur Behandlung von Prostatakrebs und zur chemischen Kastration von Sexualstraftätern eingesetzt. Ausdrücklich steht im Beipackzettel: „Androcur sollte bei männlichen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden, da für diese Altersgruppe keine Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit vorliegen.“
Bevor Sofia Köhler ihrem Kind erlaubt, dieses Medikament zu nehmen, möchte sie sicher sein, dass ein Leben als „Frau“ inclusive irreversibler Eingriffe in seinen gesunden Körper, wirklich das ist, was die Probleme ihres Sohnes löst. Aber das ist sie nicht. Und sie hat auch nicht den Eindruck, dass das in diesem Gerichtssaal irgendjemanden interessiert. Im Gegenteil: Lucas wird im Frühjahr 2026 volljährig. „Und der Richter hat zu ihm gesagt: ‚Dann ist die Umwandlung dein allergrößtes Geburtstagsgeschenk.‘ Das hat mich umgehauen!“
Auch Jonas Jacob, der Rechtsanwalt der Eltern ist, gelinde gesagt, irritiert darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit der Richter die Pubertätsblocker offenbar für harmlos hält und davon ausgeht, dass Hormone und schließlich auch eine OP das Beste für Lucas sind. Er erwägt, einen Befangenheitsantrag zu stellen. „Das Gericht hat die Pflicht, das Kindeswohl zu prüfen“, erklärt der Jurist. „Harmlosigkeit zu unterstellen, ersetzt keine Prüfung. Das Gericht darf das Kindeswohl nicht abstrakt behaupten, sondern muss es ermitteln – mit Blick auf Risiken, Komorbiditäten und Alternativen.“ Doch dazu müsste es sich Lucas Geschichte anschauen.
Die Eltern wollten sich scheiden lassen und in der Schule wurde Lucas gemobbt.
Nichts, sagt Mutter Sofia, hatte bis dato darauf hingedeutet, dass der Junge mit seinem Geschlecht und seinem Körper hadern könnte. Er war Leistungssportler, groß und breitschultrig. Als er mit elf an Karneval einmal ein Kleid anziehen sollte, habe er sich geweigert, er sei schließlich ein Junge. Irgendwann habe er sich die Haare länger wachsen lassen, aber das sei so ein modischer Undercut-Schnitt gewesen, den viele Jungen hatten. Eigentlich nichts Auffälliges also. Zumindest äußerlich.
Denn psychisch ging es dem 14-Jährigen gar nicht gut. Da kam einiges zusammen. Erstens stritten die Eltern damals viel, es „steuerte Richtung Scheidung“, erzählt Mutter Sofia. Zweitens sei Lucas unglücklich in ein Mädchen verliebt gewesen. Drittens habe es beim Sport „Neider“ gegeben, die den erfolgreichen Konkurrenten mobbten. Noch schlimmer aber sei das Mobbing in der Schule gewesen. Denn gerade war der Ukraine-Krieg ausgebrochen. Die Familie Köhler ist russischstämmig, und auch wenn die Eltern seit fast 30 Jahren in Deutschland leben, wurden sie für den Überfall auf die Ukraine in Haftung genommen: „Die Russophobie, die uns entgegenschlug, war enorm. Man konnte völlig legitim gegen Russen hetzen“, klagt Sofia Köhler. „Das haben wir auch als Erwachsene erlebt.“ Wie muss das erst für den 14-jährigen Lucas gewesen sein? Eine Therapeutin, zu der die besorgten Eltern ihren Sohn schickten, diagnostizierte damals eine „emotionale Störung“.
Wer mit Eltern spricht, deren Söhne oder Töchter sich in der Pubertät von einem Tag auf den anderen als „trans“ erklären, hört immer wieder ein ähnliches Muster. Nie habe es zuvor ein Anzeichen für die angebliche Transsexualität gegeben, dafür aber andere große Eruptionen: Mobbing in der Schule, ein schwieriger Schulwechsel, Ausgrenzung, weil die Tochter sich nicht rollenkonform verhält.
Was, wenn die Identitätskrise gar nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun hat?
Sogenannte „Komorbiditäten“ sind auffallend häufig bei Jugendlichen, die sich selbst plötzlich für „trans“ erklären: Depressionen, Essstörungen oder Autismus kommen weit überdurchschnittlich vor. Und längst sind sich Kinder- und JugendpsychiaterInnen sicher, dass die angebliche Transsexualität bei vielen Betroffenen ein vermeintlicher Ausweg aus einer Verstörung scheint, die eigentlich ganz woanders liegt.
„Tatsächlich ist es inzwischen häufig umgekehrt: Dass die eigentliche Ursache des Leidens die psychische Problematik ist und die Transidentität nur eine Scheinlösung“, erklärt zum Beispiel Saskia Fahrenkrug, Psychotherapeutin am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, das seit vielen Jahren sogenannte „Transkinder“ behandelt. „Das herauszufinden, erweist sich als sehr schwer und benötigt Zeit. Dramatisch ist nur, wenn die Betroffenen dann nach einer medizinischen Behandlung herausfinden, dass ihre Identitätskrise nichts mit ihrem biologischen Geschlecht zu tun hatte.“
Auch bei Lucas könnte das so sein. „Wir können auch einen sexuellen Missbrauch im Sportverein nicht ausschließen“, sagt Sofia Köhler. Und was, wenn Lucas sich auch für Jungen interessiert? „Homophobie ist in der russischen Community weit verbreitet“, sagt Sofia Köhler. Aber die Eltern wissen nicht, ob ihr Sohn von seiner Therapeutin oder dem Arzt, der schließlich eine Transsexualität diagnostizierte, jemals nach alledem gefragt wurde. Die Therapeutin beruft sich auf ihre Schweigepflicht, in der Diagnose steht nichts von anderen Problemen und das Jugendamt, sagt Sofia Köhler, habe gemeinsame Gespräche immer wieder abgesagt. Wurde überhaupt jemals in Erwägung gezogen, dass Lucas Wunsch, als Frau zu leben, ihm als eine Lösung für ein anderes Problem erscheint? Dass der Wunsch vorübergehend sein könnte?
Vier von fünf Jugendlichen versöhnen sich als Erwachsene mit ihrem Geburtsgeschlecht
So war es bei 80 Prozent der Jugendlichen, bevor serienmäßig Pubertätsblocker zum Einsatz kamen. Vier von fünf Jugendlichen versöhnten sich als junge Erwachsene mit ihrem Geburtsgeschlecht. Doch seit man bereits bei Elf- oder Zwölfjährigen Medikamente wie Androcur einsetzt, gehen die so Behandelten fast alle den Weg zu Ende, der in der Regel mit lebenslangen Hormongaben, Brust- und Penisamputationen oder der Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken verbunden ist. Was als „Stopptaste“ verkauft wird, die den Jugendlichen Bedenkzeit für ihre Entscheidung geben soll, ist de facto ein Brandbeschleuniger. Der Deutsche Ärztetag spricht von einer „Form experimenteller Medizin an Kindern und Jugendlichen“ und fordert, dass Pubertätsblocker nur im Rahmen medizinischer Studien verschrieben werden dürfen. So, wie es im Ausland längst wieder der Fall ist, nachdem man in Schweden, England oder Australien den Irrweg erkannt und die Notbremse gezogen hatte.
Währenddessen sollen in Deutschland Eltern von Familiengerichten dazu gezwungen werden, der Gabe von Hormonen zuzustimmen, deren Langzeitwirkung an Kindern und Jugendlichen überhaupt nicht erforscht ist. Sofia Köhler hat das Gefühl, dass sie alle gegen sich hat: die Schule, das Jugendamt, die Wohngruppe. Die Therapeutin, die sich auf die Schweigepflicht beruft; den Arzt, der regelmäßig Vorträge bei der „Deutschen Gesellschaft für Trans- und Intersexualität“ hält, eine Lobbyorganisation und die „Verfahrensbeiständin“, die sich als „Diversity-Managerin“ bezeichnet. „Unser Sohn hat eine ganze Armee von Leuten um ihn herum, die verhindert, dass er an andere Informationen kommt“, sagt die Mutter.
Der Sorgerechtsentzug schwebt dabei wie ein Damoklesschwert über den Eltern. Welche Drohkulisse das aufmacht, weiß Maria Maier, die Sprecherin des Selbsthilfe-Netzwerks „Parents of ROGD Kids“. ROGD ist die Abkürzung für „Rapid Onset Gender Dysphoria“, also jene Geschlechtsdysphorie, die plötzlich in der Pubertät auftritt. Acht von zehn Betroffenen sind Mädchen. Bei der 2019 gegründeten Initiative haben sich seither mehr als 500 Mütter und Väter gemeldet.
„Wir haben einige Eltern, die gegen ihren Willen gegenüber der Schule zugestimmt haben, ihr Kind dort mit seinem gewünschten Namen und Geschlecht angesprochen wird, weil sie Angst haben, dass die Schule sonst das Jugendamt einschaltet“, weiß Maria Maier. Die Verzweiflung der Eltern, die sich einer durchideologisierten staatlichen Phalanx aus willfährigen Trans-Bestätigern gegenübersehen, ist groß. „Das führt zu schwierigen Abwägungsprozessen: Sollten wir der Hormonbehandlung zustimmen, damit ein Gericht uns das Sorgerecht bezüglich medizinischer Maßnahmen nicht wegnimmt und wir dann wenigstens noch operative Eingriffe verhindern können? Solche Fragen diskutieren wir bei unseren Selbsthilfetreffen.“
Eltern stimmen Hormonen zu, um wenigstens die Brustamputation zu verhindern
Das muss man sich mal vorstellen: Könnte ein Familiengericht den Eltern das medizinische Sorgerecht entziehen, weil sie nicht wollen, dass Testosteron den Körper ihrer minderjährigen Tochter irreversibel verändert – und damit das Jugendamt ermächtigen, dann sogar einer Brustamputation zuzustimmen? Ist das eigentlich noch verfassungskonform? Der Jurist Jonas Jacob bezweifelt das. Er hält „einen staatlich erzwungenen Sorgerechtsentzug mit dem Ziel, eine medizinisch umstrittene Maßnahme durchzusetzen, für verfassungsrechtlich bedenklich“.
Doch die Transideologen haben ganze Arbeit geleistet. Neben dem Passus im Selbstbestimmungsgesetz haben sie außerdem schon im Jahr 2020, also vier Jahre vor dem „Selbstbestimmungsgesetz“, das Verbot sogenannter Konversionstherapien gesetzlich verankert. Was sich ursprünglich bei Homosexualität gegen Zwangstherapien und Exorzismen in religiös-fundamentalistischen Gemeinschaften richten sollte, bedroht nun dank geschickter Lobbyarbeit auch TherapeutInnen mit Geldstrafe oder sogar Gefängnis, die die Selbstdiagnose „trans“ bei ihren jugendlichen KlientInnen auch nur hinterfragen. Und dann sind da noch die neuen medizinischen Leitlinien, die nicht einmal mehr eine Psychotherapie vorsehen, sondern alles, was nicht Affirmation ist, als „unethisch“ verdammen. „Das ist ein sehr gut funktionierendes System, dass die Gegenseite da aufgesetzt hat“, sagt Maria Maier nicht ohne Sarkasmus. „Wir Eltern sind auf verlorenem Posten.“
Das empfindet auch Sofia Köhler so. Aber noch hat sie Hoffnung. Rechtsanwalt Jonas Jacob hat die Einsetzung eines unabhängigen Gutachters beantragt. Ob das Gericht dem zustimmt, ist nicht sicher.