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In der taz vom 19. August hatte die Flatrate-Befürworterin und Bordell-Lobbyistin Juanita Henning unter dem Namen des von ihr gegründeten „Hurenvereins“ Doña Carmen in Frankfurt eine Polemik pro Prostitution und contra Alice Schwarzer veröffentlicht. In der Tat hatte die taz bei Alice Schwarzer angefragt, ob sie ein Kontra schreiben möchte. Die hatte abgelehnt. Erstens, weil sie sich nicht auf das Niveau begeben wollte. Zweitens, weil sie die Krawall-Strategie der taz nicht bedienen wollte. (Schwarzer hatte schon einige Tage zuvor für die taz über ihren Kampf gegen die Akzeptanz der Pädophilie und die Parallelen zur Akzeptanz der Prostitution geschrieben).
Daraufhin fragte taz-Redakteurin Heide Oestreich bei der Sozialarbeiterin Sabine Constabel an, die seit 22 Jahren in Stuttgart mit Prostituierten arbeitet und eine der Expertinnen beim Berliner Hearing im Juni war. Constabel antwortete Doña Carmen. Sie schrieb ihre alltäglichen Erfahrungen mit der Realität der Prostituierten auf, die allerdings so gar nichts mit der Ideologie von Doña Carmen zu tun hatten.
Nun rief taz-Redakteurin Ines Kappert bei Constabel an. Der Text sei ihr „nicht nüchtern genug“. Das wäre schließlich ein Debattenplatz. Constabel aber ginge „nicht ausreichend auf die Argumente von Doña Carmen zur 'Entmündigung von Prostituierten' und der 'Gleichsetzung mit Kindern' ein".
Constabel überdachte ihren Text noch einmal und schrieb dann an Kappert, sie halte ihren Text für eine „angemessene und sachliche“ Antwort an Juanita Henning. Dann ging alles ganz schnell. Constabel erhielt eine Mail, kurz und bündig: „Liebe Frau Constabel, ich denke, Sie sollten den Text woanders veröffentlichen. Danke für Ihre Mühe. Ines Kappert.“
Daraufhin hat EMMA den uns ganz besonders kompetent scheinenden Text online gestellt. Und nun? Nun behaupten die taz-Redakteurinnen Oestreich und Kappert, sie hätten den „Text zur Überarbeitung an die Autorin zurückgegeben“. Und zwar „weil es an argumentativer Deutlichkeit fehlen ließ“. Der Zensurvorwurf sei daneben.

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Zurückgegeben? An argumentativer Deutlichkeit fehlen? Das Leben, die Realität der Frauen in der Prostitution, ist also kein Argument? Es zählt nur die Ideologie? Die Ideologie von sich nicht prostituierenden Akademikerinnen über „selbstbestimmte Prostituierte“, die einem „Beruf wie jedem anderen“ nachgingen. Dabei stört die Realität, klar. Die hässliche Realität der Armuts- und Zwangsprostitution, die so gar nicht sexy ist.

Jede und jeder kann in diesem Fall das Argument der taz-Redakteurinnen, der Beitrag von Constabel sei keine angemessene Reaktion auf Henning gewesen, selber überprüfen. Beide Beiträge stehen online. Und übrigens: EMMA hätte die Suada von Doña Carmen nicht veröffentlicht. Und zwar nicht wg. Zensur. Sondern aus qualitativen Gründen. Und wegen der Verhöhnung der Betroffenen.

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Kritik an Prostitution wird von taz nicht veröffentlicht (EMMAonline, 21.8.2013)
"Es ist moderne Sklaverei" (EMMA 1/2011)
EMMA-Kampagne gegen Prostitution

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