In NRW unterrichten Schriftgläubige

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Die mit einem Ägypter verheiratete Aachener Grundschullehrerin Eva El-Shabassy, die seit 30 Jahren im Unterricht Kopftuch trägt, hatte in der Zeit vom 11. Dezember 2003 gewohnt unbefangen über ihr islamistisches Weltbild geplaudert. Der Ehebruch, sagte die Mutter einer Tochter, sollte auch in Deutschland „wieder als schädlich erkannt“ werden, denn: „Ehebruch ist ein Verbrechen wie Mord.“ Eins, das mit Steinigung geahndet werden müsste?, fragte die Zeit. Antwort der schriftgläubigen El-Shabassy: „Diese Strafe steht in der Scharia.“ Außerdem, so schlimm ist das doch gar nicht, oder? „Wenn einmal in hundert Jahren eine Ehebrecherin gesteinigt wird, vielleicht werden dann ganz viele Ehen gerettet?“ (O-Ton El-Shabassy).

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Auch für die deutsche Konvertitin Renate Karaoglan von der Max-Wittmann-Sonderschule in Dortmund kann ein Moslem „unmöglich gegen die Scharia“ sein und hat der Islam „ewige Geltung“. Seit ihrer Eheschließung mit einem Türken ist die Lehrerin ganzkörperverhüllt: verborgen unter Kopftuch und mausgrauem, knöchellangem Mantel. Warum? „Ich muss meine Scham bedecken.“ Auch Karaoglans elfjährige Tochter muss ihre Scham bedecken.

Zwar laufen disziplinarrechtliche Verfahren gegen beide Beamtinnen, aber unterrichten dürfen sie weiter. Dass die Schulaufsichtsbehörden überhaupt gegen sie wegen „Verdachts auf Dienstpflichtsverletzung“ ermitteln, ist vor allem EMMA zu verdanken. Hätten wir nicht im Dezember bei NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) nachgefragt, was sie zu unternehmen gedenke, hätte der Zeit-Artikel wohl überhaupt keine Konsequenzen gehabt. Ministerin Schäfer zu EMMA-online: „Wenn die Aussagen tatsächlich in dieser Form gemacht worden sind, dann spiegeln sie eine Haltung wider, die mit unserer Verfassung und einer Tätigkeit im Schuldienst nicht zu vereinbaren ist. Ich habe die zuständigen Bezirksregierungen umgehend aufgefordert, dem Bericht nachzugehen.“ Das war Mitte Dezember.

Bei EMMA-Redaktionsschluss Mitte Februar liefen bei der für El-Shabassy zuständigen Bezirksregierung in Köln die Ermittlungen. Bei der für Karaoglan zuständigen Arnsberger Bezirksregierung war die Untersuchung zwar abgeschlossen, aber „noch keine Entscheidung getroffen“. Und im NRW-Schulministerium hieß es, man dürfte sich zu „laufenden Verfahren gegen einzelne Beamte“ nicht äußern.

Immerhin: Die lange zögerliche Schulministerin Ute Schäfer (SPD) hat im Kopftuchstreit, der heute das rot-grüne Kabinett in Düsseldorf spaltet, nun endlich eindeutig Stellung bezogen. Wohl nicht zuletzt wegen der skandalösen nordrhein-westfälischen Fälle. Die Sozialdemokratin Schäfer will jetzt das Kopftuch verbieten – nicht nur für muslimische Lehrerinnen, sondern für den ganzen öffentlichen Dienst. Begründung: „Es steht für ein Frauenbild, das mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen ist.“

Die Schulleitung von Eva El-Shabassy in Aachen-Richterich scheint das alles kalt zu lassen. Renate Karoaglan. Mit EMMA will sie auf keinen Fall reden. Ihre stellvertretende Schulleiterin Barbara Höhne-Rother sprach zwar mit EMMA, konnte aber „nichts zu dem Fall sagen“. Denn, so die für eine Lehrerin im Jahr 2003 überraschende Begründung: „Ich weiß nicht, was hinter der Scharia steckt. Damit müsste ich mich erst beschäftigen.“

Übrigens: Eva El-Shabassy, die sich damit gut auskennt, dementierte nach EMMAs Alarmruf empört die „ehrverletzende“ Berichterstattung der Zeit, man habe sie verkürzt zitiert: Sie sei keineswegs eine Anhängerin der Steinigung – sie habe lediglich „auf die Praxis des Propheten“ im Koran verwiesen. Was nicht sehr beruhigend klingt, weil Schriftgläubige heilige Schriften wortwörtlich zu nehmen pflegen.

Außerdem: Dass El-Shabassy ihre – nicht etwa in einer Gegendarstellung, sondern lediglich in einem Leserbrief – widerrufenen Aussagen wie zitiert gemacht hat, ist mehr als wahrscheinlich. Die Grundschullehrerin ist seit etwa 20 Jahren in einschlägigen Organisationen aktiv. 1990 begegnete EMMA-Autorin Cornelia Filter ihr erstmals im „Islamischen Zentrum Aachen“, und seit Mitte der 80er Jahre publiziert sie in dem vom „Islamischen Zentrum München“ heraus gegebenen Organ Al Islam. Beide Zentren gelten ExpertInnen und dem Verfassungsschutz seit langem als Hochburgen der islamischen Fundamentalisten in Deutschland. Darüber hinaus ist El-Shabassy Mitglied im Ausschuss „Islamischer Schulunterricht“ des „Zentralrats der Muslime“, in dem laut Verfassungsschutz die militant-islamistische arabische Muslimbruderschaft „stark vertreten“ ist.

EMMA März/April 2004

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