Die Rebellin als Filmstar
Als Iris von Roten (1917–1990) noch Iris Meyer hieß, als sie eine lebenshungrige, selbstbewusste, kämpferische Frau war, dazu auch noch schön und jung, begegnete sie dem Waliser Katholiken Peter von Roten, ebenfalls jung und schön – aber das war auch schon alles an Gemeinsamkeiten. Meist zieht in solchen Konstellationen die Frau den Kürzeren. Schon gar in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als das Frauenwahlrecht für die Schweizerinnen noch in den Sternen stand.
Nicht so Iris von Roten. Gut, sie nahm den Namen ihres Mannes an, aber auch das muss man nicht als Selbstaufgabe deuten. Meyer war der Name ihres Vaters, auch ein Mann, und „von Roten“ klingt nun mal besser. Doch Iris von Roten lehnte es ab, zum Katholizismus überzutreten. Sie lehnte es ab, in der Ehe die Pflichten der Hausfrau und Mutter zu übernehmen. Sie lehnte es ab, ehelich treu zu sein. Und sie setzte jeden einzelnen Punkt ihres Forderungskatalogs durch. Und sie schrieb den feministischen Klassiker „Frauen im Laufgitter“, erschienen 1958. Darin schreibt die „Simone de Beauvoir der Schweiz“: „Ein einziger ‚Richtiger‘ auf Lebenszeit ist richtig kümmerlich.“ Und sie nennt die Mutterschaft eine „Bürde ohne Würde“.
Hier nun kommt der Vorteil der Dokufiction ins Spiel: Hortensia von Roten, die Tochter der „verliebten Feinde“, kommt zu Wort. Und sie vermittelt nicht den Eindruck, dass die Vernachlässigung der traditionellen mütterlichen Pflichten ihr geschadet habe. In der Tochter haben sich erstaunlicherweise die Gegensätze der Eltern vereint, ohne sie zu zerreißen.
Der Dank der Rezensentin ergeht an Mona Petri für ihre vielschichtige Iris von Roten, an Fabian Krüger für seinen verschmitzten und manchmal hilflos in Konventionen verfangenen Peter von Roten, und an alle, die helfen, dieses unbotmäßige Paar – und vor allem die Ausnahmefrau Iris von Roten, posthum berühmt zu machen. Und zwar über die Schweiz hinaus, jawoll!