Ask Alice!

Ask Alice! Wie kann ich dabei Toleranz leben?

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Liebe Sabine,

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das ist nicht das erste Mal, dass wir von Lehrerinnen gefragt werden, was sie tun können gegen das dreiste Mackergehabe mancher Schüler; hier allen voran leider manche muslimischen Jungs. Die Stimmen in deren Kultur werden leider lauter, die ihnen erzählen, Frauen seien minderwertig.

Ich meine, das einzige, was wir – und auch Sie – tun können, ist: offensiv gegenhalten! Das können Sie allerdings nicht alleine stemmen. Sie sollten das Problem im LehrerInnen-Kollegium und bei der Schulleitung thematisieren. Sie sollten gemeinsam gegen diesen Männlichkeitswahn antreten. Sehen Sie dazu die Möglichkeit?

Sie könnten Ihren Kulturunterricht vielleicht auch dazu nutzen, um die Geschichte unseres so mühsamen, aber erfolgreichen Ringens um die Emanzipation der Frauen in unserer Kultur zu thematisieren – und wie gut das auch den Männern tut.

Auf jeden Fall sollten Sie nicht die kleinste Respektlosigkeit oder gar Anpöbeleien durchgehen lassen! Statt zu resignieren, sollten Sie der ganzen Klasse klar machen, wie rückständig und dumm so ein Verhalten ist.

Ich weiß, ich habe gut reden. Das alles ist Theorie – aber Sie stehen dann in der Praxis vor so einer Klasse da. Doch in diesen Zeiten des tödlichen Männlichkeitswahns vom selbsternannten Islamischen Staat müsste doch auch bisher noch nicht so alarmierten KollegInnen langsam klar werden, wie ernst die Sache ist – und wie kostbar unsere Errungenschaften der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern.

Ich wünsche Ihnen Mut und Glück.

Mit herzlichen Grüßen 
Alice Schwarzer

P.S. von EMMA: Lehrerinnen, die ähnliche Erfahrungen machen und sich vernetzen möchten, können an onlineredaktion@emma.de schreiben. Wir leiten die Mails dann weiter.

P.S. von Sabine, 7.11.2014: "Wie kann ich tolerant sein, wenn ich nicht toleriert werde?", hieß meine Frage - Ich habe dank der differenzierten Antwort von Alice Schwarzer und der konstruktiven Kommentare der EMMA-LeserInnen eine Antwort gefunden. Ich muss die Menschen von meinen Werten überzeugen, in dem ich sie selbst mit Überzeugung lebe, tagtäglich.  Ich muss für meine Werte einstehen, egal was für eine Haltung mein Gegenüber hat. Mir ist sehr deutlich geworden, dass wir uns in diesen vergifteten Zeiten umso mehr auf unsere Werte von Toleranz und Empathie zurückbesinnen müssen; Werte, die seit der Frauenbewegung immer mehr an Bedeutung gewonnen haben, weil sie der Schlüssel für ein friedliches Miteinander sind. Vielleicht der einzige. Der Zulauf, den die Hassprediger der IS erfahren, rührt nicht zuletzt daher, dass wir keine gleichberechtigten Chancen für Menschen mit Migrationshintergrund schaffen. Der Hass auf die Gesellschaft liegt in dem Ausschluss durch die Gesellschaft begründet. Hier ist die Politik gefragt! Wir dürfen nicht zulassen, dass Hooligans und Nazis die Missstimmung in unserem Land benutzen, um ihre menschenverachtenden Ideologien zu verbreiten! Wir wollen weder im Mittelalter leben, noch in einem neuen Dritten Reich! Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir Frauen unsere Stimme erheben und die Gesellschaft an ihre eigenen Werte erinnern!  Herzlich, Sabine

 

 

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