Beste Schwestern verbessern die Welt

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Optimistinnen sind sie ganz bestimmt. Ansonsten würden sie sich wohl kaum so hoffnungsvoll dafür einsetzen, das Leben von Mädchen und Frauen in 122 Ländern der Welt zu verbessern. Nur hat der Optimismus der über 75.000 Mitglieder der Soroptimistinnen gar nichts mit ihrem Namen zu tun. Vielmehr wollte die Sportlehrerin Violet Richardson, die den Frauenclub im Jahr 1921 im kalifornischem Oakland zusammen mit 80 Mitstreiterinnen gründete, ausdrücken, dass ihr Berufsnetzwerk „the best for women“ sein sollte – das Beste für Frauen. Deshalb setzte sie in etwas abenteuer­lichem Latein die beiden Begriffe „sorores“ (= Schwestern) und „optimae“ (= am besten) zusammen zu „soroptimists“. Und so hieß auch der deutsche Ableger, der 1930 in Berlin von der Chirurgin Edith Peritz an den Start gebracht ­worden war.

Die erste Amtshandlung der besten Schwestern in Kalifornien war die Aktion „Save the ­Redwoods“. Der Frauenclub wollte die vom Aussterben bedrohten Mammutbäume retten. Dazu muss man wissen, dass Violet Richardson nicht nur die Soroptimistinnen gegründet hatte, sondern auch einen Frauen-Wanderclub, mit dem sie an den Sonntagen in die Wälder ausschwärmte. Stets über der Schulter dabei: ihr Gewehr, wegen der Klapperschlangen. Richardson engagierte sich auch für den Mädchensport und bei den Pfadfinderinnen. Und sie erreichte mit ihrer Aktion tatsächlich, dass eine Schutzzone für die Mammutbäume eingerichtet wurde.

Das war zwar nicht unbedingt das Beste für Frauen, sondern das Beste für Bäume. Aber es war definitiv das Beste für die Soroptimistinnen, denn die wurden mit ihrer erfolgreichen Aktion auf einen Schlag im ganzen Land bekannt.

Knapp 100 Jahre später hat das Frauennetzwerk nicht mehr 80, sondern fast 80.000 Mitglieder in 3.000 Clubs in 132 Ländern. Allein in Deutschland sind 213 Clubs mit 6.500 Mitgliedern aktiv. Das Engagement der Soroptimistinnen reicht von lokal bis global. Und auch die besten Schwestern sind als NGO bei zahlreichen UN-Organisatio­nen angedockt, von der Weltgesundheitsorganisation bis zum UN-Flüchtlingsrat. Auch sie sammeln mit Benefizaktionen Geld für Frauen- und Mädchenprojekte – vom Selbstbehauptungstraining für Mädchen mit Behinderung bis zur Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch. So kommen rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr zusammen.

Aber die Soroptimistinnen legen auch selbst Hand an. Sie übernehmen Patenschaften für alleinerziehende Mütter, sie geben Bücher über starke Frauen in ihrer Stadt heraus. Als im Sommer 2015 die Flüchtlingskrise ausbrach, schritten viele „Sorores“, wie sie sich selbst nennen, zur Tat. Sie gaben Deutschunterricht für Frauen und Kinder, sie richteten Wohnungen für geflüchtete Familien ein, sie kochten gemeinsam mit Flüchtlingen, engagierten sich in der humanitären Sprechstunde für traumatisierte Frauen. Über 80 Flüchtlings-Projekte brachten die Soroptimistinnen an den Start, entweder mit eigenen Aktionen oder durch finanzielle Unterstützung.

Und natürlich melden sich die Soroptimistinnen auch in politischen Fragen zu Wort. So wie jüngst, als die Koalition ihren armseligen „Kompromiss“ zum § 219a präsentierte. Deutschland-­Präsidentin Gabriele Zorn war darüber außer sich, nicht zuletzt, weil sie in Gießen lebt – der Stadt, in der die Ärztin Kristina Hänel angeklagt und verurteilt wurde. Die Gießener Clubschwestern luden Hänel zu sich ein. „Die Information über einen Schwangerschaftsabbruch ist keine Straftat, sondern ein Grundrecht!“ erklärte Präsidentin Zorn und forderte die Streichung des „unhalt­baren Paragraphen“.

Alle zwei Jahre verleihen die deutschen Schwestern den mit 20.000 Euro dotierten „Soroptimist Deutschland Preis“. In 2019 ging er an die Luft- und Raumfahrt-Ingenieurin Claudia Kessler und ihr Projekt „Die erste deutsche Astronautin“ (siehe Seite 42). Die erste Frau im All? Violet Richardson wäre stolz auf ihre Nachfolgerinnen gewesen.

Im Netz: www.soroptimist.de

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