Jetzt im Kino: Girls and Gods
Sie wird mit tosendem Applaus begrüßt. Der Film ist zwar noch gar nicht gestartet, aber der vollbesetzte Kinosaal in Köln feiert Inna Shevchenko schon jetzt. Für ihren Mut und dafür, dass sie zu jenen Frauen gehört, die 2008 die Femen ins Leben gerufen haben, den kreativsten und schlagkräftigsten feministischen Stoßtrupp seit den 1970ern.
Inna Shevchenko hat in ganz Europa mit nackten Brüsten gegen Gewalt gegen Frauen protestiert: in ihrem Heimatland Ukraine gegen Prostitution, in Paris (als Dienstmädchen verkleidet) gegen den Vergewaltiger Dominique Strauss-Kahn. Und immer wieder gegen Frauenunterdrückung im Namen von Religion, ob durch christliche oder islamische Fundamentalisten.
Sie selbst ist „in einer streng religiösen Familie aufgewachsen. Wenn ich meine Menstruation hatte, durfte ich sonntags nicht mit in die Kirche, weil ich als unrein galt“, erzählt sie in Köln. 2015 überlebte Inna Shevchenko nur knapp einen Anschlag auf ein Kopenhagener Kulturzentrum. Einen Monat nach dem tödlichen Attentat auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo in Paris hatte sie in Kopenhagen zum Thema „Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit“ gesprochen. Dann flogen die Kugeln. Ein Islamist eröffnete durch ein Fenster das Feuer. Ein dänischer Dokumentarfilmer wurde getroffen und starb. Inna überlebte.
Um Religion und deren Missbrauch geht es auch in „Girls & Gods“, Innas Film, der an diesem Sonntagnachmittag seine Deutschland-Premiere im Kölner Cinenova feiert. Können Feminismus und Glaube zusammengehen? Das wollte die bekennende Atheistin wissen und fragte gläubige wie ungläubige Feministinnen in aller Welt.
Zum Beispiel die „Donau-Sieben“ aus Linz: Die hatten sich öffentlichkeitswirksam auf einem Schiff zu Priesterinnen weihen lassen und sodann zum Ärger des Vatikan die internationalen „Roman Catholic Women Priests“ gegründet. Oder die „Catholics for a free Choice“ in den USA, die als Christinnen für das Recht auf Abtreibung kämpfen.
Inna Shevchenko besuchte auch den „Zentralrat der Ex-Muslime“ in England: Hier treffen sich Frauen, die qua Herkunft als „Musliminnen“ gelten, es aber nicht mehr sein wollen. Weil sie im Iran im Namen der Religion verfolgt wurden, weil sie gegen den Schleierzwang kämpften oder weil sie Frauen lieben. Doch MuslimInnen konnen laut der religiösen Gesetze nicht aus dem Glauben austreten, darauf steht nach fundamentalistischer Interpretation die Todesstrafe.
Inna lässt die Antworten unkommentiert -
die Zuschauerin darf selber denken
Shevchenko, die seit 2013 im Exil in Paris lebt, traf dort die Karikaturistin Coco, die den Anschlag auf Charlie Hebdo überlebt hat. In New York sprach sie mit einer jüdischen Perückenmacherin, in Frankfurt konfrontierte sie die verschleierte Konvertiten-Tochter Khola Maryam Hübsch von der Ahymadiyya-Gemeinde mit Koranversen, worauf die gewaltig ins Schlingern gerät.
Das Besondere an dieser auch visuell beeindruckenden Doku (Regie: Verena Soltitz und Arash Riahi): Inna Shevchenko stellt Fragen, lässt die Antworten ihrer Gesprächspartnerinnen jedoch unkommentiert – die Zuschauerin darf selber denken. Und genau das will die Feministin, die im anschließenden Publikumsgespräch beklagt: „Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen sich und ihre Überzeugungen nicht mehr in Frage stellen. Alle wollen Safe Spaces, was nichts anderes heißt als dass sie einen Schutzraum für ihre Ideologien beanspruchen.“
Ob sie selbst an etwas glaube, fragt eine Zuschauerin Inna Shevchenko zu Schluss. „I’m a believer!“ antwortet sie. „Man kann nicht Aktivistin sein, wenn man keine Träume hat.“ So sei es unglaublich, dass „wir im Iran eine feministische Revolution in den Straßen sehen!“ Am Ende steht eine Art feministisches Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an Frauenrechte, Demokratie und die Meinungsfreiheit!“ Das Publikum verabschiedet Inna Shevchenko mit Standing Ovations.
CHANTAL LOUIS
EMMA verlost 3 x 2 Kinokarten für „Girls & Gods“. Wer sie gewinnen möchte, schreibt bis Donnerstag, 23.10.25, 18 Uhr an redaktion@emma.de, Betreff: Girls & Gods. Anschrift nicht vergessen! Die Gewinnerinnen erhalten die Karten per Post.

