„Der erste Schritt zu unserem Ziele!“

Louise Otto-Peters
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Wie ungeheuerlich sie war, diese Frauenkonferenz, die vom 15. bis 18. Oktober 1865 in Leipzig stattfand, zeigt ein aufschlussreicher Fakt: Louise Otto-Peters – kampferprobte Vormärz-Pionierin – wollte diese bis dato größte Frauenversammlung Deutschlands lieber von einem Mann eröffnen lassen. Dass über hundert Frauen aus dem ganzen Reich zusammenkommen würden, um über die „Frauenfrage“ zu sprechen, war schon Provokation genug. Dass eine Frau dort nun auch noch das erste Wort haben könnte, schien offenbar selbst der furchtlosen Herausgeberin der Frauen-Zeitung, die sich jahrelang mit den Zensurbehörden herumgeschlagen hatte, reichlich riskant. Also hatte Louise am Vorabend der Konferenz Ludwig Eckhardt, ein radikaler Demokrat und Sympathisant der „Frauenfrage“, gefragt, ob nicht er die Eröffnungsrede halten könne. Aber Eckhardt hatte ­abgelehnt mit dem trefflichen Argument: „Der Frauentag darf doch nicht mit einer Inkonsequenz beginnen und von einem Mann eröffnet werden. Die Frauen müssen ihre Sache selbst ­führen, sonst ist sie von vornherein verloren!“

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So trat an jenem Abend des 15. Oktober 1865 Louise Otto-Peters selbst ans Rednerinnenpult, nachdem der Gesangverein des Leipziger Arbeiterbildungsvereins die Anwesenden mit „ermutigendem Gesang“ (Mitteldeutsche Volks-Zeitung) begrüßt hatte. Sie sprach: „Ihr Kommen ist eine mutige Tat – denn es ist der erste Schritt zu unserem Ziele!“ Die nahezu ausschließlich weiblichen Gäste im Saal der Buchhändlerbörse lauschten ergriffen.

Die Frauen-
bewegung lag in der Luft,
die Frauen-
frage ward reif
zur öffentlichen Diskussion!

Am Ende ihrer Ansprache dankte Otto-Peters auch der anwesenden Handvoll Herren: „Dank auch den Männern, die nicht, wie so viele, nur den Fortschritt der einen Hälfte des menschlichen Geschlechtes, sondern die den Fortschritt der ganzen Menschheit wollen und darum auch die Frauen nicht ausschließen von der gleichen Bahn.“ Im Publikum sitzt der spätere SPD-Vorsitzende August Bebel, der zu diesem Zeitpunkt noch als Dreher arbeitet und in Leipzig einen ­Arbeiter-Bildungsverein ins Leben gerufen hatte. Bebel muss Louise Otto-Peters nicht nur an diesem Oktoberabend gut zugehört haben. Die beiden werden nach dem Tod von Louises Mann sehr eng miteinander befreundet sein. 1879 veröffentlicht Bebel die sozialistische Emanzipations-Bibel „Die Frau und der Sozialismus“. Das Buch ist stark von Gefährtin Louise inspiriert.

Am Ende dieser vier Oktobertage in Leipzig werden die Frauen, die aus Berlin und Braunschweig angereist sind, aus Dresden und Düsseldorf, aus Mannheim und Magdeburg, den „Allgemeinen Deutschen Frauenverein“ gründen, kurz: ADF. Die feministischen Geschichtswissenschaftlerinnen sind sich einig, dass die Gründung des ADF in Leipzig ein historischer Schritt für die Frauen war.

Den ersten Schritt hatte allerdings 16 Jahre zuvor ebenfalls Louise Otto-Peters getan, die „Lerche des Vorfrühlings“. Die Tochter eines Gerichtsdirektors und einer Hausfrau, die 1819 als jüngste von vier Töchtern in Meißen geboren wurde, hat das Glück, einen Vater gehabt zu haben, der seinen Töchtern eine umfangreiche Bildung zuteil werden ließ, sie zum Zeitunglesen anhielt und mit ihnen über das politische Geschehen diskutierte. Louise mischt sich also ein, als mit der 1848er Revolution nicht nur die Klassen-, sondern auch die Frauenfrage hochkocht.  (...)

Der vollständige Artikel steht in EMMA September/Oktober 2015. Ausgabe bestellen

Fachtagung "Frauen in der Geschichte Leipzigs - 150 Jahre Allgemeiner Deutscher Frauenverein" 15.-17.10., Stadtspaziergang "Auf den Spuren der Begründerinnen des ADF", 17.10., 11 bis 13 Uhr, Sonderöffnung des Louise-Otto-Peters-Archivs, 17.10., 13 bis 15 Uhr, www.louiseottopeters-gesellschaft.de

Fachtagung und Jubiläumsfeier des Deutschen Staatsbürgerinnen-Verbandes: 21.11. im Berliner Roten Rathaus, Anmeldung: www.staatsbuergerinnen.org

 

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