Das Original - und die fundamentalistische Variante
Es waren ohnehin nicht allzu viele, nämlich vier von 17, aber selbst diese knappe Handvoll Frauen in der Reihe der StaatschefInnen beim Pariser Solidaritätsmarsch vom Sonntag waren den Kollegen von der jüdisch-ultraorthodoxen Zeitung Hamodia ein Dorn im Auge. Sie löschten alle weiblichen Regierungs- und Staatchefs kurzerhand per Photoshop, bis aus dem Foto schließlich ein Gruppenbild ohne Damen geworden war. Kanzlerin Merkel: weg. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hildalgo: weg. Die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga: weg. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini: weg. Dabei waren alle vier züchtig gekleidet. Aber das nützte nichts. Es war den Machern von Hamodia („Der Verkünder“), die in Israel mit einer Auflage von 25.000 erscheint, sogar lieber, Präsident Hollande hakt sich bei Palästinenser-Präsident Abbas ein als bei Kanzlerin Merkel, einer, oh Gott!, Frau.
Alle vier waren züchtig gekleidet - aber es nützte nichts...
Man kennt das Prinzip von den Suchbildern auf den Rätselseiten von Illustrierten: „Finde den Fehler!“ Die Frau als Fehler im System hat eben System bei den Fundamentalisten aller Couleur. Nicht nur bei denen in Saudi-Arabien, wo – wir erinnern uns – Ikea im Herbst 2012 alle Frauen aus den Katalogen retuschierte. Nach weltweiten Protesten entschuldigte sich das Möbelhaus aus dem emanzipierten Schweden.
Wir erinnern uns auch daran, dass in Israel 2008 fast eine Frau Ministerpräsidentin geworden wäre: Tsipi Livni, die in ihrer Kadima-Partei zur „Tauben-Fraktion“ gehörte, sich gegen die Falken stellte und den Friedensprozess vorantrieb. Aber Livni hätte für ihre Koalition mit Ehud Baraks Arbeitspartei die Unterstützung der ultraorthodoxen Schas-Partei gebraucht. Die übte sich in Totalverweigerung. Eine Frau: Gott bewahre!
So richtig gut klappt es seither allerdings nicht mehr mit der Frauen-Verhinderung. Immer mehr Länder werden von Frauen regiert – von Argentinien bis zur Zentralafrikanischen Republik. Am Wochenende ist wieder eine neue dazugekommen: Kolinda Grabar-Kitarovic ist in Kroatien zum ersten weiblichen Präsidenten gewählt worden. Das ist verständlicherweise hart für die Ultraorthodoxen. Aber Gott sei Dank gibt es ja Photoshop.
Frau weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Das ist eigentlich ein Fall für Charlie Hebdo.