Thüringen: Frauen verhindern Höcke

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Sicher, es ist eigentlich nicht mehr neu. Die AfD ist auch bei den Männern in Thüringen stärkste Partei. Das war so bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen Anfang September, das war so bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2016 – und auch bei der Bundestagswahl 2017, wo jeder vierte Wähler im Osten die Rechtspopulisten wählte.

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Gender Gap
von elf Prozent bei der AfD

Jeder dritte Thüringer zwischen 18 und 60 Jahren machte sein Kreuz bei Björn Höcke und seinen Mannen. Ginge es nach ihnen, wäre Höcke, der Deutschland wieder „männlich“ und „wehrhaft“ machen will, jetzt Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten. Nur die Wähler über 60 wählten mit großer Mehrheit, nämlich 40 Prozent, die Linkspartei mit dem beliebten Bodo Ramelow.

Bei den Thüringerinnen hingegen ist die Linkspartei in allen Altersgruppen stärkste Partei. Jede dritte Wählerin (33 Prozent) wählte links – und „nur“ jede fünfte rechts (18 Prozent).

Das macht bei der AfD einen gewaltigen Gender Gap von elf Prozent! Auch den gab es schon bei den letzten Ost-Wahlen. Aber zwei Dinge sind anders: Erstens, dass auch die Person des Björn Höcke ein Drittel der männlichen Wähler nicht von ihrem Kreuz bei der AfD abhielt.

Und zweitens, dass auch die Frauen diesmal nicht mehrheitlich die bisherigen Volksparteien CDU und SPD wählten. Das hatten sie in Brandenburg (28 Prozent der Frauen wählten die SPD) und Sachsen (35 Prozent der Frauen wählten die CDU) noch getan. Jetzt also die Linkspartei, die bei den älteren Wählerinnen über 60 mit 42 Prozent nahe an der absoluten Mehrheit liegt.

Frauen wählten diesmal stärker links

Immerhin wählte noch jede vierte Thüringerin die CDU (24 Prozent, Männer: 20 Prozent). Die SPD liegt allerdings bei Frauen (9 Prozent) wie Männern (8 Prozent) im einstelligen Bereich.

Die Grünen, die mit 5,2 Prozent nur knapp in den Landtag rutschten, sind im ländlichen Thüringen nur bei einer Wählergruppe zweistellig: bei den jungen Frauen zwischen 18 und 19. Von ihnen wählte immerhin jede siebte (13 Prozent) die Klima-Partei.

In der November/Dezember-EMMA, die am 31. Oktober erscheint, analysiert Ines Geipel, ehemalige Weltklassesprinterin und Autorin des Buches „Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass“, die „neuen Rechten“.

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Frauen retten die Demokratie

Jubel in Sachsen: Die CDU hat es geschafft, ist stärkste Partei geworden. Foto: Imago Images
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In beiden doch recht unterschiedlichen Bundesländern zeigt sich der gleiche Trend. Frauen wählten mehrheitlich die bisherigen Volksparteien: in Sachsen zu 35% die CDU (Männer 29%) und in Brandenburg zu 28% die SPD (Männer 24%).

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Männer wählten in beiden Bundesländern allen voran die AfD: in Sachsen 33% (Frauen 22%) und in Brandenburg 29% (Frauen 18%). Damit setzt sich der seit Jahrzehnten zu beobachtende Trend fort, dass Männer stärker rechts wählen als Frauen. Bei diesen Wahlen allerdings ist die Schere breiter geworden. In beiden Ländern haben 11% mehr Männer als Frauen die AfD gewählt. Das ist mehr als ein Gender Gap. Das ist ein Geschlechter-Abgrund!

Männer mittleren Alters wählten rechts

Interessant ist, dass bei den Männern vor allem die 30-59-Jährigen rechts gewählt haben: in Sachsen 39% der 45-59-Jährigen, in Brandenburg 37% der 30-44-Jährigen.

Bei den Frauen haben die Jüngeren unter 30 und die Älteren über 60 am wenigsten rechts gewählt: mit 17 bzw. 18% in Sachsen und 17 bzw. 12% in Brandenburg. Bei den Frauen über 60 hat vor allem die CDU in Sachsen mit 46% gepunktet (Frauen unter 30: nur 17%) und die SPD in Brandenburg mit 41% (Frauen unter 30: nur 14%).

Und die übrigen Parteien? Bei der Linken liegen die Geschlechter mit je 10% in Sachsen gleich und unterschieden sich nur leicht in Brandenburg mit 10% bei den Männern und 11% bei den Frauen.

Ohne die Wählerinnen wäre jetzt Katzenjammer

Die Grünen haben in Sachsen mit 10% etwas mehr bei den Frauen gepunktet (Männer 8%), dito in Brandenburg mit 12% (Männer 10 %). Die FDP lag bei round about 4% bei den Geschlechtern gleich.

Das heißt: Nach einer Periode der Annäherung im Gender Gap war das Geschlecht bei diesen Wahlen entscheidend wie lange nicht mehr. Ohne die Wählerinnen wäre heute der ganz große Katzenjammer. Wir dürfen gespannt sein, ob die geretteten Parteien es den Frauen danken. Es ist höchste Zeit! Denn auch denen sterben die jungen Frauen gerade aus.

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