Reicht den Frauen die Hand!

Die Grausamkeiten der Taliban gegen Frauen und Mädchen haben bereits begonnen. - Foto: Paula Bronstein/Getty Images
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Setara Omed (40) ist Frauenaktivistin und lebt in Deutschland. Geboren wurde sie in Afghanistan. Als sie ein Kind war, ist ihre Familie mit ihr vor dem Krieg geflohen. Seit zwölf Jahren hilft sie Frauen in Afghanistan, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In diesen Tagen erhält Setara erschütternde Hilferufe von den Frauen aus Kabul. Sie appelliert an die deutsche Regierung, die Frauen und Mädchen aus Afghanistan zu retten. Die Grausamkeiten der Taliban gegen sie haben bereits begonnen. Ihnen steht ein Genozid nach Geschlecht bevor.

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Setara, was hören Sie von den Frauen aus Kabul?
Hilferufe von Frauen, die um ihr Leben fürchten! Meine Freundinnen aus Kabul gehen nur noch mit einem Messer raus, wenn sie überhaupt vor die Tür gehen. Sie sagen: ‚Bevor mich die Taliban holen, steche ich mir das Messer in den Hals‘. Die Frauen sind bereits von den Straßen verschwunden. Das sehen wir auf den aktuellen Bildern aus Kabul. Die Frauen verstecken sich in den Häusern. Sie haben panische Angst um ihr Leben und das Leben ihrer Töchter.

Was passiert?
Die Grausamkeiten haben längst angefangen. Die Taliban gehen von Haus zu Haus, verschleppen Mädchen. Sie sagen den Menschen, sie sollen rote Kreuze an die Häuser machen, wenn es Mädchen in den Familien gibt. Was machen diese Familien? Machen sie ein Kreuz, werden ihre Töchter verschleppt und ihnen drohen unvorstellbare Grausamkeiten. Machen die Familien kein Kreuz, kommen die Taliban erst recht in die Häuser und metzeln alle nieder. Die Töchter werden sterben, die Mütter sterben innerlich. Ich habe gerade Videos mit diesen Verschleppungen erhalten. Die Schreie der Mädchen und ihrer Mütter gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.

Warum machen die Taliban das?
Sie wollen Menschen emotional brechen. Jeder Gedanke an Widerstand wird im Keim erstickt. Sie setzen damit deutliche Zeichen ihrer Herrschaft. Frauen sind für sie keine Menschen. Selbst Tiere haben einen höheren Stellenwert für sie, die haben noch einen Nutzwert. Aber der Westen versteht gar nichts.

Was versteht er nicht?
Zu welchen Grausamkeiten die Taliban fähig sind. Sie haben nur eine Woche gebraucht, um 20 Jahre Militärherrschaft in Luft aufzulösen. Sie haben im ganzen Land die Gefängnisse geöffnet und all ihre Komplizen freigelassen. Die sind zu allem bereit. Und dann liegen noch überall die Waffen der Amerikaner rum. Aber zuerst machen sie ihren Landsleuten klar, was Sache ist, und das machen sie mit dem Terror gegen die Frauen. Dort beginnt ein Völkermord nach Geschlecht.

Lügt die neue Generation Taliban, wenn sie von Rechten für Frauen redet?
Natürlich! Die Taliban werden sich niemals ändern. Das erste, was ich als kleines Mädchen in Kabul gelernt habe, war, gebückt zu gehen und den Blick zu senken. Wer das nicht macht, wird ausgepeitscht. Die jungen Mädchen, die sieben oder acht Jahre alt sind und die Schreckensherrschaft nicht kennen, haben gelernt, aufrecht durchs Leben zu gehen. Und jetzt…

Sie plädieren dafür, die Frauen und Mädchen zu evakuieren?
Ja sicher! Männer haben eine Chance. Frauen nicht. Die jungen Mädchen, Witwen, Frauen, die sich nicht umgehend den Regeln der Scharia unterwerfen, sie alle werden grausam sterben. Es geht gerade ums nackte Überleben. Ich flehe die Bundesregierung an: Holen Sie die Frauen und Mädchen, holen sie Mütter und ihre Kinder, auch die Jungen! Die Weltgemeinschaft darf nicht wegschauen! In Afghanistan passiert ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

 

Petition: Frauen gegen Taliban

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