In der aktuellen EMMA

Bettina Orlopp: bleibt wehrhaft

Bettina Orlopp und ihr Team im Vorstand der Commerzbank. Foto: Commerzbank AG
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Mann gegen Frau. Italiener gegen Deutsche. Als Unicredit-Chef Andrea Orcel im September 2024 eine „feindliche Übernahme“ der Commerzbank ankündigte, schien das Schicksal der zweitgrößten deutschen Privatbank besiegelt. „Wie Geier“ umkreisten große europäische Banken die deutsche Commerzbank, Orcel wollte „skrupellos, kaltschnäuzig“ zuschlagen (manager magazin).  „Flash“, Blitz also, hatte der 61-jährige Italiener den Coup intern genannt, nach seinem Husky. 

Doch was innerhalb weniger Wochen hätte abgeschlossen sein sollen, zieht sich im zweiten Jahr noch immer hin. Denn die Frau, der kaum jemand eine Chance gab, hat eine höchst erfolgreiche Gegenwehr aufgebaut. Orlopp, die in der Commerzbank alle nur „Bettina“ nennen, setzt auf eine Allparteienkoalition aus KollegInnen, Gewerkschaften, Politik plus großen Commerzbank-KundInnen. „Limes“ heißt ihre Gegenstrategie, nach dem historischen Grenzwall gegen die Römer. 

Elf Jahre ist die studierte Betriebswirtin und langjährige Unternehmensberaterin schon bei der Commerzbank und hat so unterschiedliche Bereiche wie Recht, Strategie, Personal und zuletzt Finanzen verantwortet. Schon einmal wollte sie Chefin werden.  Nun, in der Krise, wurde sie es tatsächlich. Ihr Netzwerk trägt: Die Mitarbeitenden akzeptieren Kürzungen und Einschnitte, um die Bank profita­bler zu machen. Die Gewerkschaften schlagen die Trommel, dass die Bank deutsch bleiben muss, ebenso wie etliche der Großkunden. Alle machen Druck auf die Politik, die Italiener abzuwehren. Denn entscheidende Anteile an der Commerzbank gehören noch der Bundesregierung, die die Bank nach der Finanzkrise 2008/9 durch eine Teilverstaatlichung vor dem Untergang gerettet hat. 

Als „ambitioniert, aber uneitel“ beschreiben KollegInnen die Chefin in der Zeit. Nicht nur, dass sie sich in der Bank duzen lässt. Sie geht, anders als alle ihrer männlichen Vorgänger, auch oft in die normale Kantine zum Essen. Betriebsratschef Sascha Uebel sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei ein Privileg, mit ihr zu arbeiten und attestiert ihr „einen überaus professionellen, konstruktiven und vertrauensvollen Umgang miteinander.“

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Bettina Orlopp kommt schon früh in ihrem Leben mit der Wirtschaft in Berührung: Ihr Vater hat die Unternehmensberatung McKinsey in Deutschland mit aufgebaut. Samstags nimmt er sie und ihren Bruder manchmal mit ins Büro, wo Kekse locken. Nach ihrem Betriebswirtschaftsstudium fängt Orlopp denn auch zunächst bei McKinsey an und bleibt fast zwei Dekaden. Sie habe viel mitbekommen und durch ihre Familie auch eine gute Ausgangsposition. „Aber man muss den Weg selbst gehen und Spaß dran haben.“ Am Ende zähle immer „die eigene Leistung“. 

Als Bettina Orlopp in den frühen 2000er Jahren ihre beiden Kinder, eine Tochter und einen Sohn, bekommt, geht sie in Teilzeit – damals ein absolutes Novum bei Unternehmensberatungen wie McKinsey, die viel auf ihre Aura der ständig beschäftigten, durch die Welt jettenden Berater geben. Beide Kinder studieren zurzeit im Ausland. Heute rät sie Müttern allerdings eher von Teilzeit ab: „Eine Führungsaufgabe hat immer auch ein Preisschild.“

Auch von der Frauenquote hält Orlopp wenig, hat aber die Zahl der weiblichen Führungskräfte in ihrem Bereich auf über 30 Prozent hochgeschraubt. „Wie viele Frauen befördert werden, sollte davon abhängen, wie hoch ihr Anteil in der Ebene darunter ist.“ Das führe zu weniger Frust und sei „schlauer, als es anders zu machen.“

Genauso pragmatisch ist auch ihre Business-Strategie: „Man muss Probleme in kleine, verdaubare Stücke zerteilen“. Dann würden „auch große Aufgaben machbar“. Noch hat sie den Abwehrkampf gegen Orcel und seine Unicredit nicht gewonnen – doch noch steht die Commerzbank, und es geht Schritt für Schritt voran.

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