Bordell: Sieg für die Bürgerinitiative!

Sieg für die Bürgerinitiative: Kein Bordell in Kleinblittersdorf! © Heiko Lehmann
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Tosender Applaus brandete durch die Sporthalle, nachdem Bürgermeister Stephan Strichertz das Ergebnis der Abstimmung verkündet hatte: 20 Stimmen gegen die Genehmigung des Großbordells, acht Enthaltungen. Will heißen: Kein Mitglied des Gemeinderates von Kleinblittersdorf stimmte für das geplante Bordell im denkmalgeschützten Schloss Falkenhorst. 

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Mit Demos und Unterschriften-Aktion eine Neuabstimmung erzwungen

Und das ist dem Engagement der Kleinblittersdorfer Bürgerinnen und Bürger zu verdanken. Die waren in den letzten Wochen auf die Barrikaden gegangen, hatten eine Bürgerinitiative gegründet, Montagsdemos vor dem Rathaus organisiert und schließlich fast 1.000 Unterschriften für einen „Einwohnerantrag“ gesammelt. So hatten sie erzwungen, dass der Gemeinderat noch einmal über die Genehmigung abstimmen musste, die er am 11. August mit den Stimmen der SPD erteilt hatte. 

Gestern Abend war es soweit. „Ich bin sehr stolz auf unsere Bürgerinnen und Bürger“, sagt der parteilose Bürgermeister Strichertz, selbst erklärter Gegner des Bordells. Wie erklärt er sich den Sinneswandel der SPD-Abgeordneten? „Vor der Abstimmung gab es eine Bürger-Sprechstunde und da haben die Bürger auf den Punkt formuliert, was sie von der Genehmigung halten“, sagt Stephan Strichertz im Gespräch mit EMMA und umschreibt damit vorsichtig die brodelnde Stimmung. 450 BürgerInnen waren zu der Gemeinderatssitzung gekommen, die wegen des enormen Andrangs in eine Turnhalle verlegt werden musste. Bei den Montagsdemos seien die Bordell-Befürworter nie anwesend gewesen. „Jetzt haben sie die Empörung der Leute mal live erlebt.“ 

Nach dem Sieg der Bürgerinitiative geht der Kampf nun in die nächste Runde. Schon in der letzten Woche hatte der potenzielle Bordell-Betreiber Rigo Wendt eine so genannte „Normenkontrollklage“ eingereicht. Er will prüfen lassen, ob die Gemeinde mit ihrer „Veränderungssperre“ den Bebauungsplan überhaupt so ändern darf, dass ein Bordell in dem fraglichen Gebiet ausgeschlossen ist.

Der Kampf um das Bordell geht in die nächste Runde

Bürgermeister Strichertz, selbst Jurist, sieht dem gelassen entgegen. Erstens sei die Klage hinfällig, weil der neue Beschluss des Gemeinderates auch das umliegende Gewerbegebiet umfasst und der alte Beschluss damit aufgehoben sei. Die Klage müsste also ohnehin neu eingereicht werden.

Zweitens war auch Rigo Wendt – inklusive zweier Bodyguards – zur Gemeinderatssitzung gekommen und „hat den Zorn der Leute erlebt. Die Frage ist, ob er sein Vorhaben in dieser Atmosphäre tatsächlich aufrechterhalten möchte“.

Und drittens garantiere das Grundgesetz eine kommunale Selbstverwaltungshoheit. Die will sich der Bürgermeister nicht nehmen lassen. Sollte er darum kämpfen müssen, hat er die KleinblittersdorferInnen ganz sicher an seiner Seite.

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Kein Großbordell in Kleinblittersdorf!

Montagsdemo gegen das geplante Bordell in Kleinblittersdorf. © sr.de
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Am nächsten Montag, 26. September, werden sie noch einmal demonstrieren. Wie an den letzten drei Montagen auch, werden sich über 200 stocksaure BürgerInnen mit ihren Plakaten vor dem Kleinblittersdorfer Rathaus versammeln, einige werden dabei wieder ihre T-Shirts tragen: „Wir wollen keinen Puff!“ 

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Am Dienstag wird sich dann herausstellen, ob der Rat des kleinen saarländischen Städtchens es wirklich noch einmal tut: Wird die SPD tatsächlich noch einmal dafür stimmen, dass im denkmalgeschützten Schloss Falkenhorst am Ortsrand ein Bordell eröffnet? Bei seiner Sitzung am 11. August waren alle 13 sozialdemokratischen Abgeordneten dafür gewesen. Da einige der 16 CDU-Ratsmitglieder urlaubs- oder krankheitsbedingt gefehlt hatten, hatte das gereicht, um die Bahn für die Bordell-Investoren frei zu machen.  

"Prostitution ist
ein Angriff
auf die Würde
der Frau"

Aber das ließen die Kleinblittersdorfer nicht durchgehen. Sie gründeten eine Bürgerinitiative und starteten die Montags-Demos. Dazu ließ Pfarrer Andreas Müller seine Kirchenglocken läuten und erklärte: „Das Argument, Prostitution sei das älteste Gewerbe der Welt, lasse ich nicht gelten. Prostitution hat immer mit Macht, Geld und Unterdrückung zu tun. Prostitution ist ein Angriff auf die Würde der Frau und verstößt damit gegen das Grundgesetz.“ Auch der (parteilose) Bürgermeister Stephan Strichertz findet Prostitution „ethisch und moralisch verwerflich“ und stellte sich an die Spitze des BürgerInnen-Protestes.

„Wir sind schon überflutet von den vielen Spielcasinos“, klagt Karin Zick von der Bürgerinitiative. Im benachbarten Frankreich ist Glücksspiel verboten, so dass deutsche Casino-Betreiber auf französische Kundschaft setzen. Im April 2016 hat Frankreich nun auch die Bestrafung der Freier beschlossen, so dass man sich offenbar auch in Sachen Großbordell ein lukratives Geschäft verspricht. „Schon durch die Casinos ist die Kriminalität bei uns gestiegen. Mit einem Bordell wird das Problem noch größer werden“, sagt Zick. Die Polizeiwache in dem 12.500 EinwohnerInnen-Örtchen ist aber nach 17 Uhr und an den Wochenenden nicht besetzt. Außerdem: „Prostitution hat mit Menschenhandel zu tun. Mir kann niemand erzählen, dass eine Frau das freiwillig macht.“

Im April war die SPD noch bereit, das Bordell zu verhindern.
Und jetzt?

Warum, fragen sich nicht nur die Mitglieder der Bürgerinitiative, ficht die SPD das alles nicht an? Zumal sie im April noch geschlossen für eine sogenannte „Veränderungssperre“ gestimmt hatte, um das Bordell zu verhindern. Im Frühjahr hatte Bürgermeister Strichertz dem Gemeinderat mitgeteilt, dass Investoren ein Bordell in Schloss Falkenhorst beantragt hätten. Einer der potenziellen Betreiber: Rigo Wendt, der bereits mehrere Bordelle betreibt, unter anderem den „Club Pearls“ in Trier. Dort bieten rund 40 Frauen namens Natasha, Jamilia oder Milena ihre Dienste an, von „Analfolter“ über „Ertränkungsspiele“ bis „Zwangsernährung“. Um das Bordell zu verhindern, beschloss der Gemeinderat die „Veränderungssperre“, so dass der Bebauungsplan nicht pro Bordell verändert werden durfte. Die SPD stimmte ebenfalls dafür.

Im August aber erklärte SPD-Ortsvorsitzende Bernd Dick: „Wir haben mit einem Bordell an dieser Stelle kein Problem“. Was mag den Gesinnungswandel des SPD-Chefs und seiner Fraktion ausgelöst haben? Zumal laut Verordnung des Saarlandes Gemeinden unter 35.000 EinwohnerInnen ohnehin Sperrgebiet sind, also Bordelle dort eigentlich gar nicht erlaubt sind. Auch nicht in Kleinblittersdorf.

Die BürgerInnen von Kleinblittersdorf jedenfalls schritten zur Tat. Sie sammelten Unterschriften für einen „Einwohnerantrag“, damit der Gemeinderat noch einmal über die Bordell-Genehmigung abstimmen muss. Rund 500 Unterschriften hätten sie gebraucht, innerhalb weniger Tage sammelten sie fast tausend. Am Dienstag, 27. September, ist es nun soweit. Wir dürfen gespannt sein.

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