In der aktuellen EMMA

Die Opfer in den Medien 1977

Gertraud Bräuer, Anna Beuschel, Frieda Roblick, Ruth Schult - die Opfer von Fritz Honka.
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Am 21.11.76 wurde das Urteil gegen Fritz Honka gesprochen. Seine Opfer waren die Ärmsten der Armen. Seine Taten wurden nur durch Zufall entdeckt, denn die von ihm getöteten Frauen, alternde Prostituierte, waren nach der Ermordung von keinem Menschen vermisst worden.

Die Bild-Zeitung über das Urteil: „Fritz Honka fand milde Richter: 15 Jahre Gefängnis für den Mann, der vier Frauen erwürgt, erdrosselt und verstümmelt hat – und Einweisung in eine Nerven­klinik. In der Praxis bedeutet das, dass Honka nach 15 Jahren als ‚geheilt‘ entlassen werden könnte. (...) Über das Zersägen, das Abschneiden der Brüste, Nasen- und Zungenspitze sagte der Richter: ‚Eine totale Eliminierung des Ärgernisses.‘“

Noch präziser wird die FAZ: „Bei der Tötung Anna Beuschels, Frieda Roblicks und Ruth Schults, die alle ebenfalls ältere Prostituierte waren, gibt es nach Ansicht des Gerichts eine Reihe von Parallelen. Alle hätten längere Zeit mit Honka zusammengelebt, alle seien schmutzig gewesen, hätten getrunken und seinen Haushalt nicht so geführt, wie er es sich erhofft habe.“ – Ach so.

Schon vor dem Urteil war klar, dass der Prozess makabererweise ein Paradebeispiel für die Komplizität von Männerjustiz und Männerpresse ist, für die ein Frauenmord oft nicht mehr als ein Kavaliersdelikt ist und die in Sachen Honka vor falschem Verständnis und kumpelhafter Sensibilität nur so waberten. Indem die Presse das skandalöse Urteil unkommentiert und distanzlos referierte, machte sie sich zum Komplizen.

Auch nahmen die Honka-Richter die Argumen­tation des Spiegel-Berichterstatters Mauz zum Teil fast wörtlich in ihre Urteilsbegründung auf. Im Prozess-Verlauf hatte Mauz dem Angeklagten Honka, der beklagte, die getöteten Frauen seien alle „schlampig und dreckig“ gewesen, bescheinigt, er sei ein „Moralist, Sauberkeit und Ordnung sind für ihn hohe Werte“. Doch hatte der edle Mann nur mit miesen Weibern zu tun. Das war sein Pech. Mauz: „Die niederdrückende Last seiner Erfahrung mit Frauen hat ihn flachgemacht, was sein Verhältnis zu Frauen angeht. Er sucht die Partnerin, das Gespräch, den Austausch, jene Hilfe, die allein das Gespräch zwischen den Geschlechtern geben kann.“

Von der Urteilsverkündung berichtet der Kölner Stadtanzeiger: „Weiter meinte der Vorsitzende, ­Honkas Scham- und Ekelgefühl sei noch intakt. Er sehne sich noch immer nach festen Bindungen und habe auch vor Gericht einen geordneten Eindruck gemacht. (...) Ferner wollten die Richter weder auf niedrige Beweggründe noch auf Mordlust oder Lustmord erkennen. In dem Urteil wurde vielmehr auf Honkas bisheriges Leben eingegangen, das in unglücklichen Verhältnissen verlaufen sei (er wurde zweimal von derselben Frau geschieden) und die Wertvorstellungen des Angeklagten angeschlagen habe. Wesentlich in seinem Leben seien schließlich nur noch ein starker Alkoholkonsum und ein auffälliges Sexualverhalten (‚der Orgasmus hatte für sein Leben eine zentrale Bedeutung‘) gewesen.“ Und weiter: „Honka hat dann ‚deutlich ältere, mehr oder minder verbrauchte Prostituierte‘ in seine Wohnung aufgenommen und diese Frauen, von denen er Dankbarkeit erwartet hatte und die ihn dann nur noch beschimpft hätten, im Verlauf von Auseinandersetzungen getötet.“

Die FAZ ergänzt: „Bevor Honka sie tötete, so das Gericht, gab es jeweils einen heftigen Streit, der durch das Verhalten der Frauen ausgelöst wurde. (...) Die Gesamtumstände sprächen dagegen, dass Honka aus niedrigen Beweggründen gehandelt habe. Er sei auch der Ansicht gewesen, dass es sich schließlich um Prostituierte handelte, die ihm zu Willen sein müssten – zumal er sie bei sich aufgenommen habe.“

Und der Kölner Express: „Einzige Reaktion in Honkas Stammkneipe: Eine Runde Korn.“ Prost. 

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