Leihmutter: System Menschenhandel

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Während die FDP und deutsche Medien - wie aktuell das ZDF mit der Serie „Ready. Daddy. Go“ - rührige Geschichten von „Wunscheltern“ auf ihrem Weg zu einer Leihmutter fabulieren, regt sich international der Widerstand gegen Leihmutterschaft. Zuletzt durch den Skandal auf der griechischen Insel Kreta.

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Dort steht eine Geburtsklinik in der Hafenstadt Chania im Verdacht, Leihmütter wie Kaufeltern ausgebeutet und einen Menschenhändler-Ring betrieben zu haben. 30 schwangere Leihmütter aus Osteuropa wurden bei einer Razzia entdeckt. Sie alle stammen aus ärmsten Verhältnissen aus Moldawien, der Ukraine, Georgien, Rumänien und Bulgarien und wurden von Zuhältern mit falschen Versprechungen nach Kreta gelockt.

Viele der Mädchen waren mental gar nicht bereit für eine Schwangerschaft

Auf der Insel angekommen, mussten sich die überwiegend sehr jungen Frauen, die zuvor noch nie schwanger waren, künstlichen Befruchtungen oder Eizellenspenden samt Hormonbehandlungen unterziehen. Sie wurden überwacht, durften sich nicht frei bewegen. Ihr Lohn: gerade mal 200 bis 600 Euro im Monat. Von den Kaufeltern verlangte die Klinik zwischen 70.000 und 120.000 Euro für ein Baby.

„Sie drohten, uns zurückzuschicken, wenn wir nicht gehorchten!“, sagt eine der Leihmütter. „Viele der Mädchen, mit denen ich zusammenlebte, waren mental gar nicht bereit für eine Schwangerschaft.“ Der mutmaßliche Drahtzieher des Menschenhandel-Rings ist ein 73-jähriger Geburtshelfer. Er ist auch der Gründer und Inhaber der „Kinderwunschklinik“ und koordinierte die Zuhälter, die Kaufeltern und Leihmütter international anwarben.

Acht MitarbeiterInnen der Klinik wurden nun verhaftet, darunter der Klinikdirektor, ein klinischer Embryologe, eine Managerin von Leihmutterschaftsprogrammen sowie eine Hebamme. Wie die griechische Zeitung „Ta Nea“ berichtet, wurden allein seit 2022 ganze 182 Fälle dokumentiert, in denen junge Frauen aus Osteuropa als Eizellspenderinnen und Leihmütter ausgebeutet wurden. Hinzu kommen mehr als 400 Fälle von Betrug, die Unterlagen, gerichtliche Genehmigungen sowie Adoptionspapiere, waren gefälscht.

Die Anklage gegen die Verhafteten lautet u.a. auf Menschenhandel, Vermittlung der Adoption von Minderjährigen, Kauf und Verkauf von genetischem Material wie Eizellen und Körperverletzung. „Das, was auf Kreta passiert ist, zeigt doch, wie Leihmutterschaft wirklich läuft!“, empören sich Aktivistinnen des Netzwerks „Stop Surrogacy Now“, das international gegen Leihmutterschaft und Eizellenhandel kämpft.

„Es sind die gleichen Strukturen wie in der Prostitution. Es ist Menschenhandel im großen Stil, der sich hinter dem Slogan der ‚glücklichen Familiengründung‘ verbirgt!“. Die Aktivistinnen weiter: „Jede und jeder muss sich die Frage stellen: Wer verdient an Leihmutterschaft? Wer profitiert davon?“ Denn das wären niemals die Frauen, sondern sogenannte „Kinderwunschkliniken“, Reproduktionskliniken und die gesamte Fortpflanzungsmedizin. Es sei ein gigantischer Markt, der aus der vollen Kommerzialisierung des Gesundheitswesens gewachsen sei.

Leihmutterschaft und Eizellenhandel funktionieren nie ohne Wohlstandsgefälle

Das wiederum erklärt, warum sich in Deutschland die FDP, die bislang weder gesundheits- noch familienpolitisch aufgefallen ist, so für die Legalisierung von Leihmutterschaft stark macht. Und vielleicht auch die Tatsache, dass in dieser Partei besonders viele Junggesellen mit „Kinderwunsch“ sind.

„FDP-PolitikerInnen haben eine doppelte Motivation“, sagt die Humangenetikerin und Ethikerin Prof. Sigrid Graumann, „sie wollen Zugeständnisse an die Ärzteschaft machen, die sie in großen Zahlen als Wählerschaft haben. Und dann glauben sie, sich mit diesen Themen modern und liberal geben zu können. Sie stürmen gegen das Embryonenschutzgesetz, sehen aber nicht, dass es die Rechte von Frauen noch immer gut schützt.“

Leihmütter sind derweil rechtlos. Knebelverträge der Kliniken zwingen sie zu Abtreibungen bei behinderten Kindern, zu Fetozid (bei Mehrlingsschwangerschaften). Und Leihmütter haben kein Recht, sich doch noch für das Kind, das sie geboren haben, entscheiden zu können. Die Autorin Renate Klein schreibt in "Broken Bonds" über Leihmütter, die ihr Kind nicht hergeben wollten, es aber mussten und seitdem gebrochene Menschen sind.

Wie internationale Studien zeigen, funktioniert der Markt für Leihmutterschaft und Eizellspende nie ohne Wohlstandsgefälle. Die Interessen von privilegierten Paaren gehen zu Lasten ärmerer Frauen. In der Regel verkaufen sich arme Frauen, vor allem aus Osteuropa, an reiche KundInnen aus westlichen Ländern. Nur so funktioniert der transnationale Handel.

„Aus Altruismus macht das keine Frau. Es ist die reine Not, die Frauen ihr Baby verkaufen lässt. Genauso wie es die reine Not ist, aus der Frauen ihren Körper in der Prostitution verkaufen. Das ist der Sklavenmarkt unserer Zeit!“, klagen die Kritikerinnen, die sich gegen Leihmutterschaft formieren.

Siehe Kreta.

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