In der aktuellen EMMA

Susan Faludi 1993: Backlash

Susan Faludi: Die klügste und visionärste unter den Töchtern der feministischen Pionierinnen.
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Die erste Aktion der neuen amerikanischen Frauenbewegung, die den Sprung auf die Titelseiten schaffte, war ein Protest gegen das Miss-Amerika-Spektakel. Ihr waren viele Frauen­demonstrationen für Jobs, gleiche Löhne und Koedukation vorausgegangen, die aber in den Medien nicht annähernd so viel Beachtung fanden. Der Grund, warum für dieses Ereignis so viel Druckerschwärze floss: Einige Frauen warfen ein paar wattierte Büstenhalter in den Mülleimer. Verbrannt wurde an jenem Tag jedoch kein einziger BH – wie ein Journalist irrtümlicherweise berichtete. Tatsächlich gibt es keinerlei Beweise, dass im letzten Jahrzehnt bei irgendeiner Frauendemons­tration Unterwäsche auch nur angesengt wurde. Doch den damaligen Presseberichten zufolge haben die feministischen Freudenfeuer fast die Wäscheindustrie in Schutt und Asche gelegt.

Die Redakteure der führenden amerikanischen Zeitungen zogen es Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre meist vor, überhaupt nicht von der Frauenbewegung zu berichten. Der „große Presse-Blitzkrieg“, wie manche Feministinnen die Berichterstattung über die Frauenbewegung ironisch nannten, dauerte drei Monate; schon 1971 bezeichnete die Presse diese neueste „Mode­erscheinung“ als „langweilig“ oder „überlebt“. Die „Sache mit den verbrannten BHs“ habe bei den Frauen der amerikanischen Mittelschicht eine Entfremdung zu den Feministinnen ausgelöst.

Publikationsorgane, deren Chefredakteure gezwungen waren, von der Frauenbewegung Notiz zu nehmen, setzten Reporter am liebsten dazu ein, den Feminismus zu diskreditieren. Bei Newsday erteilte ein Chefredakteur der Reporterin Marilyn Goldstein mit folgenden Worten den Auftrag, eine Story über die Frauenbewegung zu schreiben: „Schwirren Sie los, und treiben Sie irgendeine Autorität auf, die sagt, das sei alles totaler Mist.“ Bei Newsweek wurde 1970 Lynn Youngs Story über die Frauenbewegung zwei Monate lang jede Woche einmal umgeschrieben und dann ganz gestrichen. Schließlich vergab Newsweek den Auftrag an eine freie Mitarbeiterin, die Ehefrau des Chefredakteurs und erklärte Antifeministin. Doch dieser Schuss ging nach hinten los, als sie nach ihrem ersten Interview ihre Meinung änderte und sich der Frauen­bewegung anschloss.

Mitte der 70er Jahre hatten sich Medien und Werbung auf eine Linie geeinigt, die dazu diente, den Feminismus gleichzeitig zu neutralisieren und zu kommerzialisieren. Die Massenmedien hatten beschlossen: Frauen strebten nicht mehr nach neuen Rechten, sondern nur noch nach einem neuen Lebensstil; Frauen wollten sich nicht selbstbestimmen, sondern sich gehenlassen. Bald strotzten sämtliche Zeitschriften, und natürlich die Anzeigenseiten, von Fotos „emanzipierter ­Single-Mädchen“, die sich für ihren Club-Med-Urlaub mit Designer-Bikinis eindeckten, sowie von forschen „Superfrauen“, die bei der kleinsten Provokation sofort ihre Kreditkarten zückten.

„Die Karriereleiter hinauf, endlich!“ verkündete  Business Week 1975 in einer Sondernummer zum Thema „Die Frau in der Firma“, illustriert mit einer einsamen Vizepräsidentin, die auf ihrem Chef­sessel thront und triumphierend die Arme hochreckt. „Mehr Frauen als je zuvor sind fast ganz oben angelangt“, behauptete das Magazin – obwohl es zugeben musste, diese Behauptung „nicht mit harten Fakten“ belegen zu können. 

Die pseudofeministische Begeisterung der Medien erlosch plötzlich Anfang der 80er Jahre – und schon bald stimmte die Presse ein Klagelied an. Der Feminismus sei „tot“, verkündeten die Schlagzeilen immer wieder. „Mit der Frauenbewegung ist es vorbei“, begann eine Titelstory im New York Times Magazine. Für den Fall, dass manche Leser diese Ausgabe verpasst haben sollten, brachte das Magazin kurz darauf noch einen zweiten Nachruf, in dem sich Studentinnen von Eliteuniversitäten von der Frauenbewegung lossagten und den Lesern versicherten, sie seien „keine Feministinnen“, denn das seien Frauen, die sich „körperlich gehenließen“ und „kein Stilgefühl“ besäßen.

Zuerst führte die Presse den Gegenschlag nur dem amerikanischen Publikum vor – und machte ihn den Lesern schmackhaft. Die Journalisten überschminkten das finstere Gesicht des Antifeminismus, während sie dem Feminismus ein blaues Auge schlugen. In der Folge verhalfen sie dem Gegenschlag zu einer Popularität, die selbst die kühnsten Träume der Neuen Rechten übertraf.

Allerdings: Weder dieses noch irgendein anderes Ziel steuerte die Presse bewusst an; wie jede große Institution geht sie nicht vorsätzlich und programmatisch vor, sondern lässt sich einfach nur vom jeweils herrschenden politischen Trend treiben. Trotzdem stellten die Medien, getragen von Strömungen, die kaum je ausgelotet wurden, eine Macht dar, die die allgemeine Einstellung stark beeinflusste. Die Medien prägten die Wendungen, die schließlich alle übernahmen: „Männermangel“, „biologische Uhr“, „Mutti-Schiene“ und „Postfeminismus“.

Vor allem wies die Presse zum ersten Mal ein breites Publikum auf jenes Paradox im Leben der Frau hin, das eine so zentrale Bedeutung für den Gegenschlag erlangen sollte: „Jetzt haben die Frauen so viel erreicht und sind doch unzufrieden.“ Und sie wusste auch gleich eine Lösung: Dass es den Frauen so schlecht geht, muss an den Errungenschaften des Feminismus liegen, nicht am Widerstand der Gesellschaft. 

In den 70ern hatte die Presse ihr eigenes Hochglanzfoto der erfolgreichen Frau mit den Worten präsentiert: „Seht nur, wie glücklich sie ist! Das muss mit der Emanzipation zusammenhängen.“ Jetzt, im Rahmen der umgekehrten Logik des Gegenschlags, verpasste die Presse dem Bild der erfolgreichen Frau eine gerunzelte Stirn und verkündete: „Seht nur, wie unglücklich sie ist! Das muss damit zusammenhängen, dass die Frauen so emanzipiert sind.“

„Was ist nur mit den amerikanischen Frauen passiert?“ fragte die ABC 1986 höchst bestürzt in ihrem Report. Und der Moderator, Peter Jennings, antwortete prompt: „Für die Vorteile, die sie errungen haben, zahlen die Frauen manchmal einen ziemlich hohen Preis.“ Newsweek stellte 1986 in einem Bericht über das „neue Problem, das keinen Namen hat“, dieselbe Frage. Und wartete mit der gleichen Diagnose auf: „Der emotionale Fallout des Feminismus“ schade den Frauen; die „Überbetonung der Gleichberechtigung“ habe sie ihres Rechts auf Romantik und Mutterschaft beraubt und sie zu „Opfern“ gemacht.

Die Abwesenheit realer Frauen in Artikeln, die vorgeben, über reale Frauen zu berichten, ist typisch für den Journalismus der 80er Jahre. Die Medien brachten der Öffentlichkeit den Gegenschlag durch eine Reihe von „Trendstorys“ nahe – Artikel, die angeblich umfassende Veränderungen im Sozialverhalten der Frau voraussagten, für ihre Verallgemeinerungen in Wirklichkeit aber kaum Beweise lieferten. Die Trendstory, die als Hauptbeitrag des Journalismus des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen könnte, tut so, als bringe sie „das Neueste“ über einen Wandel des Sittenkodex, wobei sie aber mehr vorschreibt als beschreibt. Während sie vorgibt, am Puls der Zeit zu sein, überwacht sie nur ihren eigenen Herzschlag – und den ihrer Werbekunden. (Anm. d. Red.: In Deutschland ist der Spiegel der König der Trendstory.)

Der Trendjournalismus bezieht seine Autorität nicht aus aktueller Berichterstattung, sondern aus der Macht der Wiederholung. Wenn man es oft genug wiederholt, kann man allem den Anschein von Wahrheit verleihen. Ein Trend, über den in einer Publikation berichtet wird, setzt eine Kettenreaktion in Gang, weil der Rest der Medien sich nun ebenfalls um die Story reißt. Dass sich diese Botschaften in Windeseile ausbreiten, hat weniger damit zu tun, dass der Trend zutrifft, als vielmehr mit dem Hang der Journalisten, voneinander abzuschreiben.

Wenn die Trendstorys der 80er Jahre gelegentlich über den Wandel der männlichen Gewohnheiten berichteten, bezogen sie meist die neuesten Hobbys der Männer mit ein: Angeln, Modellflugzeuge und die Rückkehr des weißen Hemds. Die 80er-Jahre-Trends bei Frauen hingegen bestanden darin, dass sie keinen Mann fanden, nicht schwanger wurden oder keine richtige Beziehung zu ihren Kindern hatten. Der TV-Sender NBC zum Beispiel widmete dem Pseudotrend der „bösen Mädchen“ ein ganzes Evening-News-Special und ignorierte den realen Trend der bösen Jungen: Die Krimina­litätsrate stieg bei Jungen doppelt so schnell an wie bei Mädchen. In New York City, direkt vor der Haustür des Senders, war die Zahl der Haftstrafen für jugendliche Vergewaltiger in zwei Jahren um 200 Prozent nach oben geschnellt.

Etwas schmeichelhafter verbrämten angeblichen Frauen-Trends begegnete man während dieses Jahrzehnts in Frauenzeitschriften und den „Lifestyle“-Seiten der Zeitungen. Aber auch sie trugen unter der modernen Verpackung stets das „Zurück-zur-Frauenrolle“-Etikett. Titel: „Die neue Enthaltsamkeit“, „Die neue Weiblichkeit“, „Die neue hohe Monogamie“, „Die neue Tugendhaftigkeit“, „Die neuen Madonnen“, „Die Rückkehr des braven Mädchens“. 

Die Angst vor Aids hat die Verbreitung dieser „neuen“ Trends zwar sicher gefördert, aber das ist nicht alles. Während in den 80er Jahren Aids real größtenteils auf Männer beschränkt blieb, zielten die Ratschläge der Medien fast ausschließlich auf Frauen. Jedenfalls wurden Frauen ermahnt, wieder zu den „traditionellen“ Geschlechterrollen zurückzukehren – oder eben die Konsequenzen zu tragen. Für Frauen ist die Trendstory nicht einfach ein Bericht, sondern ein Vorwurf.

Die Trends für Frauen kommen stets im anschaulichen Zweierpack: Der Trend, dass Frauen zum Rückzug geraten wurde, war gekoppelt mit dem Trend, dass man sie zum Mitmachen drängte. Aus diesem Grund tendierten die Trends dazu, einander zu widersprechen. Wie die Autorin einer „Adver­tising-Age“-Kolumne sarkastisch bemerkte, „finden die Medien es ganz toll, uns einerseits zu sagen, Heirat sei ‚in‘, und andererseits, um die Heiratschancen der Frauen stünde es schlecht“. Drei widersprüch­liche Trendpaare, die Arbeit, Ehe und Mutterschaft betrafen, bildeten das Triptychon des Gegenschlags: „Burnout-Syndrom“ der Superfrauen versus „Verpuppung“ der neuen Traditionalistinnen; „Alte-Jungfern-Boom“ versus „Renaissance der Ehe“; „epidemische Unfruchtbarkeit“ versus „Babyboom“.

In den Frauen-Trendstorys wurden Fakten durch Prognosen ersetzt. Diese Artikel berichteten nicht über einen bereits stattfindenden Rückzug der Frauen, sondern leiteten diesen Rückzug erst ein.

Mitte der 1980er Jahre überschwemmte die Presse ihre Leser mit Storys über Mütter, die Angst hatten, ihre Kinder in die „gefährlichen“ Tageshorte zu geben. 1988 taucht dieser „Trend“ dann in den nationalen Erhebungen auf: Plötzlich berichteten 40 Prozent der Mütter, sie hätten Angst, ihre Kinder in Tagesstätten zu geben; ihr Vertrauen in Tagesstätten sank von 76 % im Vorjahr auf 64 % – das war das erste Mal, dass die Zahl unter 70 % gefallen war, seit Frauen erstmals vier Jahre zuvor dazu befragt worden waren. 

Und schließlich behaupteten die Medien der 80er Jahre hartnäckig, immer mehr Frauen gäben ihren Beruf auf, um „bessere“ Mütter zu sein. Aber erst 1990 bewirkte diese angebliche Entwicklung einen – sehr kleinen – Rückgang der Beschäftigungsstatistik: Der Prozentsatz berufstätiger Frauen zwischen 20 und 44 sank um winzige 0,5 %. 

Der Umstand, dass die Medien für die Abwanderung der Frauen aus dem Beruf plädierten, bewirkte meist eher Schuldgefühle als einen Rückzug: 1990 ergab eine Befragung berufstätiger Frauen, dass fast 30 % von ihnen glaubte, hinter der Überlegung, den Beruf ganz aufzugeben, stecke „der Wunsch, mehr Energie darin zu investieren, eine gute Hausfrau und Mutter zu sein“ – ein elfprozentiger Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr. 

Nicht immer gibt sich die Trendstory als solche zu erkennen, aber bestimmte Charakteristika verraten sie: das Fehlen wirklicher Beweise und konkreter Zahlen; die Tendenz, zur Begründung der Trends nur drei oder vier, meist anonyme Frauen zu zitieren; der Gebrauch vager Wendungen wie „man hat das Gefühl, dass“ oder „immer öfter“, „immer mehr“; ein häufiger Gebrauch des prophezeienden Futurs („Frauen werden immer öfter zu Hause bleiben und mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen“) und die Berufung auf „Autoritäten“ wie Verbraucherforscher und Psychologen, die wiederum ihre Behauptungen oft durch andere Trendstorys untermauern. 

Die Frauen-Trendstorys der 80er Jahre, die nur so taten, als brächten sie Fakten, dienten einem politischen Programm, obwohl sie den Frauen weismachten, was mit ihnen geschehe, habe nichts mit Politik oder gesellschaftlichen Zwängen zu tun. Laut den Trendanalysen der 80er Jahre befanden sich die Frauen nicht mehr im Konflikt mit Gesellschaft und Kultur, sondern nur noch mit sich selbst.

Der einzige nach außen hin sichtbare Kampf, von dem die Presse Notiz nahm, war der von Frauen gegen Frauen. „Der nicht erklärte Krieg“ lautete eine Balkenüberschrift auf der ersten Seite des Style-Teils des San Francisco Examiner: „Berufstätig sein oder nicht – Mütter in den Vororten in zwei Lager gespalten.“ In der Zeitschrift Child war vom „Mütterkrieg“ die Rede, und der in Savvy erschienene Artikel „Zerstrittene Frauen“ informierte die Leser wie folgt: „Die Welt wird sich bald in zwei feindliche Lager spalten, die eines Tages vielleicht nicht mehr zivilisiert miteinander umgehen werden.“ Verheiratete und ledige Frauen wurden in den Medien angefeuert, sich als Gegnerinnen zu betrachten – und sogar bei Geraldo und Oprah im Ring gegeneinander anzutreten.

Von den Trend-Journalisten der 1980er Jahre wurden aus demselben Grund keine Fakten erwartet, wie man von Pfarrern nicht verlangt, dass sie ihre Predigten mit Fakten untermauern. Die Reporter schrieben keine Berichte, sondern Moralstücke, in denen die Mittelschichtfrau die tugendhafte, von der feministischen Schlange irregeleitete Unschuld spielte. In der Schlussszene musste die Frau – voll Reue über ihren Ehrgeiz und ihren „egoistischen“ Kampf um Gleichberechtigung – erst bitter büßen, bevor sie wieder Anrecht auf Ehre hatte. 

Die Trendstorys wimmelten von verurteilenden Formulierungen über den Preis feministischer Sünde. Im ABC-Report über die negativen Auswirkungen der Emanzipation zum Beispiel war dreizehnmal von den „Kosten“ und dem „Preis“ der Gleichberechtigung die Rede. Wie jede Geschichte, die auf eine Moral hinausläuft, bot auch die Trendstory eine „Alternative“ an, bei der es aber nur eine richtige Antwort gab: Du kannst den steinigen Weg zur egoistischen, einsamen Emanzipation beschreiten oder aber den geebneten Weg nach Hause, ans wärmende Herdfeuer. Die von der Trendstory gezeichnete Karte des moralischen Universums der Frau zeigte keinen Mittelweg auf.

Dass der Konterschlag gegen emanzipierte Frauen beim Fernsehen ruckweise vor sich geht, resultiert aus dem zutiefst ambivalenten Verhältnis des Fernsehens zu seinen Zuschauerinnen. Die Gestalter des Hauptprogramms sind stärker von der Zustimmung der Frauen abhängig als die Filmemacher und empfinden ob dieser Abhängigkeit auch größeren Groll gegen sie. Sie vertreten zwar die Ansicht, Fernsehshows sollten ein breites Publikum ansprechen, sobald darin aber autonome Frauen auftreten, versuchen sie, die Shows einzustellen.

Die modernen Programmgestalter befinden sich in einer Situation, die sich ungefähr mit der Situation der spätviktorianischen Kirchenmänner vergleichen lässt. Genau wie jene Anführer des Gegenschlags im letzten Jahrhundert sehen auch die TV-Bosse voller Besorgnis, wie die weibliche Zuschauergemeinde die Kirchenbank verlässt – tagsüber, um zur Arbeit zu gehen, und abends zugunsten anderer Formen elektronischer Unterhaltung, die größere Entscheidungsfreiheit und echte Alternativen bieten. 

Frauen wenden sich immer mehr Videos und Kabelprogrammen zu. 1987, als der Sturz der Einschaltquoten begann, stieg die Zuschauerzahl der Kabel-Hauptprogramme um 35 %, und der Anteil der Haushalte mit Videorecorder stieg binnen eines Jahres von 19 % auf 60 %. Die Zuschauerzahl der Networks ging in der Dekade um über 25 % zurück – und am meisten trugen zu diesem Rückgang die Frauen bei. 1990 berichtete Nielsen, dass sich zwei- bis dreimal mehr Frauen als Männer vom Hauptprogramm abwendeten. Die Abwanderung der Frauen war nicht nur eine Kränkung; sie bedeutete auch massive finanzielle Einbußen. Schon ein einprozentiger Rückgang der Einschaltquoten während des Hauptprogramms bedeutet für den Sender in einer Saison über 90 Millionen Dollar Verlust.

Abgesehen davon, dass einige Programmchefs emanzipierte Frauen aus persönlichen Gründen vom amerikanischen Bildschirm verdrängen wollen, wird dies auch von den Werbekunden gefordert, für die die Hausfrau immer noch die idealste Konsumentin ist. Das bringt die TV-Programm-Macher in eine vertrackte Zwickmühle: Einerseits wollen die Werbekunden, dass die Networks sich so wenig wie möglich an moderne Frauen wenden. Andererseits erreichen Frauenfiguren, die nicht der Tradition entsprechen – wie Anführerinnen, Heldinnen, Komikerinnen – beim weiblichen Publikum durchweg die höchsten Einschaltquoten.

Obwohl das Fernsehen seinen Konterschlag ruckweise von Saison zu Saison fortsetzte, gelang es einigen Serien, die periodisch hochschlagenden Wellen zu überstehen. „L.A. Law“, „Designing Women“ und „Golden Girls“ sind einige Beispiele. Aber insgesamt wurden die starken, emanzipierten Frauen aus dem Fernsehen verdrängt und durch nostalgisch verschleierte Darstellungen apolitischer „Familien“-Frauen ersetzt.  

Der Text ist ein Auszug aus „Die Männer schlagen zurück“.

Susan Faludi: „Die Männer schlagen zurück“ erschien 1993 bei Rowohlt („Backlash: The Undeclared War Against American Women“, 1991, Crown Publishing Group), Vergriffen, einsehbar im FMT, frauenmediaturm.de 

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