Trans-Gesetz: Nur Beifall erlaubt?

Ministerin oder Aktivistin? Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) auf einer Demo mit Trans-Aktivisten.
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Am 21. Juni sollte das Bundeskabinett das sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ verabschieden und so aus dem „Referentenentwurf“ einen „Gesetzentwurf“ machen, der in den Bundestag eingebracht werden kann. Das passierte nicht, das Thema stand gar nicht erst auf der Tagesordnung. Warum nicht? Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, twitterte zur Erklärung: „Der Gesetzentwurf wird dann im Kabinett aufgesetzt, wenn er zwischen allen Ressorts geeint ist.“ Dem dürfen wir entnehmen: Die Ressorts sind nicht geeint.

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Es gibt also zwischen den Ministerien noch Streit um den Entwurf, was angesichts der absehbar fatalen Folgen des Gesetzes speziell für Mädchen und Frauen und der Widersprüchlichkeit des Entwurfs (Zählt nun das biologische Geschlecht oder nicht?) nicht verwundert.    

Nun heißt es, der Entwurf solle am 6. Juli im Kabinett beschlossen werden. Das ist der vorletzte Tag der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause. In den Bundestag käme der Entwurf dann ab September. „Das Ziel war, ist und bleibt, ihn vor der Sommerpause im Kabinett zu beschließen“, twittert Lehmann. Es darf unterstellt werden, dass der von seiner Community schwer bedrängte Queer-Beauftragte und das Frauenministerium, dem er zugeordnet ist, alles tun, damit das klappt.

54 Stellungnahmen stehen auf der Website. Fast alle applaudieren dem Gesetzentwurf.

Gehört dazu auch, auf der Website des Frauenministeriums fast ausschließlich Stellungnahmen zu veröffentlichen, die dem Gesetzentwurf applaudieren? 54 Stellungnahmen sind dort zu finden. Dabei gibt es noch eine ganze Reihe mehr. Wo ist die Position der „Feministischen Partei – Die Frauen“? Wo die Stellungnahme der Initiative „Geschlecht zählt“, die des „FrauenAktionsBündnisses“ oder der „Europäischen Gesellschaft für Geschlechtergerechtigkeit“? Mindestens 25 Stellungnahmen – das sind die, von denen EMMA weiß – fehlen unter dem Entwurf. Und es springt deutlich ins Auge, dass es sich um solche handelt, die das „Selbstbestimmungsgesetz“ ebenso fundiert wie scharf kritisieren.

Wie kann es zum Beispiel sein, dass über ein Dutzend Trans-Verbände mit ihrer Position gelistet sind – aber just die „Vereinigung Transsexuelle Menschen“ fehlt? Zufall? Wohl kaum. Deren Vorsitzender Frank Gommert hatte gerade noch in einem Interview mit der Welt das Gesetz scharf kritisiert, unter anderem, weil dadurch „Frauenrechte obsolet“ würden. Auch das Risiko für Jugendliche, übereilte Entscheidungen zu treffen, benennt der Transmann: „Wenn die sofort ohne jegliche Begleitung ihren Geschlechtseintrag ändern, hat das Folgen. Sie haben dann kaum eine Chance, denn Weg zurückzugehen, wenn sie ihre Entscheidung bereuen.“    

Und wie kann es sein, dass das mit dem „TransKinderNetz“ (Trakine) eine Eltern-Initiative zu Wort kommt, die schon für Kinder die „Abschaffung von Zwangstherapie bei gleichzeitig freiem Zugang zu allen ärztlich indizierten Maßnahmen des Gesundheitssystems“ fordert, während die Stellungnahme der kritische Eltern-Initiative „Trans Teens Sorge berechtigt“ auf der Website des Frauenministeriums fehlt? Warum ist „queer-mittelrhein e.V.“ vertreten, nicht aber die internationale LGB Alliance, die ebenfalls eine – kritische – Stellungnahme abgegeben hat?

Warum darf sich die begeisterte Eltern-Intitiative äußern, die kritische aber nicht?

Und dann stellt sich außerdem die Frage, wer überhaupt proaktiv vom Ministerium angefragt wurde? Wo ist der „Bund der Strafvollzugsbediensteten“ (BSBD)? Die „Deutsche Gesellschaft für das Badewesen“, also der Schwimmbäderverband? Wo die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die erst kürzlich vor der großen Missbrauchsgefahr eines extrem vereinfachten Geschlechtseintrags durch Betrüger gewarnt hatte?   

EMMA fragte beim Bundesfrauenministerium nach: Warum fehlen die Stellungnahmen vor allem kritischer Initiativen? Antwort: „Das BMFSFJ nimmt die eingereichten Stellungnahmen zum SBGG entgegen und bereitet sie zur Veröffentlichung vor. In diesem noch laufenden Prozess werden noch weitere Stellungnahmen auf unserer Homepage veröffentlicht werden.“ Wir dürfen gespannt sein, ob und wann die Stellungnahmen noch auftauchen. Bis dahin bestätigt das Frauenministerium – wieder einmal – den Eindruck, dass hier nicht seriöse Politik betrieben wird, die die Gesellschaft mitnimmt, sondern Propaganda für eine kleine, aber sehr laute Minderheit.

Der Schuss wird auf Dauer genau für diese Minderheit nach hinten losgehen, wie Transmann Till Amelung erklärt: „Die Weigerung von Transaktivisten und ihren ‚Allies‘ in der Bundesregierung, einen fairen Diskurs mit seriöser Folgenabschätzung für alle gesellschaftlichen Bereiche und Gruppen zu führen, wird Transpersonen und dem Anliegen einer TSG-Reform schweren Schaden zufügen.“   

Alle kritischen Stellungnahmen hier bei EMMAonline.

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