Bordellbetreiber bei Jauch!

Fotografin Flitner im "Paradise" mit Freier.
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Das größte Problem im "Prostitutions-Paradies" Deutschland sind die Menschenhändler und die White-Collar-Zuhälter: Das sind die Herren mit Schlips und weißem Kragen, die von den Prostituierten nicht mehr nur "ihren" Anteil kassieren, wie der klassische Zuhälter, sondern ganz einfach feste Summen, egal was die Prostituierten - meist Frauen aus Bulgarien oder Rumänien, die kaum ein Wort Deutsch sprechen - am Tag verdienen.

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In Rudloffs Paradise in Stuttgart bedeutet das: Jede Frau, die sich prostituiert, muss am Tag 79 Euro Eintritt zahlen, plus 25 Euro Steuer, plus 23 Euro für die Übernachtung in einem Mehrbettzimmer (fast keine hat das Geld für eine eigene Wohnung). Macht 127 Euro am Tag, gleich drei Freier zu Normaltarif - oder fünf, wenn es die Not erfordert. Und dann hat sie noch keinen Cent verdient.

Das "Frischfleisch" in diesen Wellnessbordellen - die Rudloff & Co. in ganz Deutschland und Österreich haben - und auch auf Sylt planen! -, wird in regelmäßigen Abständen ausgetauscht, damit den Freiern immer neue Ware geboten werden kann. Klassische "Karriere" der Frauen: ein paar Jahre "Wellnessbordelle", dann Model-Wohnungen, dann die Straße - wo es auch schon mal für 20 Euro oder gar 10  Euro getan werden muss. Damit der abkassierende Zuhälter oder die auf Überweisung wartende Familie nicht sehr ärgerlich wird.

Ja, und dann die "Sexarbeiterin". Ausnahmslos alle erfahrenen ExpertInnen - SozialarbeiterInnen, PolizistInnen, Innenminister - weisen ohne Unterlass darauf hin, dass der Anteil der so genannt "freiwilligen" deutschen Prostituierten auf dem Prostitutionsmarkt heute maximal 5-10 Prozent beträgt. Und dass das Problem die 95 Prozent Frauen sind, die mitten unter uns, gleich nebenan, erniedrigt und ausgebeutet werden. Zum Beispiel im Paradise. Aber die scheinen Jauch nicht zu interessieren.

Bettina Flitner war im März sieben Tage lang in dem Parade-Bordell von Jürgen Rudloff. Sie befragte die Männer, warum sie Frauen kaufen. Und sie erlebte die Frauen, die gekauft werden. "Das Traurigste war der Anblick der Frauen, wenn sie durch den Flur im ersten Stock mit den Männern aufs Zimmer gingen", sagt sie. "Wie nackte Untote wankten sie mit versteinerten Gesichtern auf ihren Highheels vor den Männern her." Wie sie sich fühlte in den "Sieben Tagen im Puff" erzählt sie in dem EMMA/KiWi-Band "Prostitution - ein deutscher Skandal". Ihre Porträts von Freiern wurden im Juni 2013 im Stern veröffentlicht und werden jetzt erstmals ausgestellt: In der Urania in Berlin ab dem 12. November (und in der Stadtgalerie Sundern im Rahmen einer Werkschau vom 10. November bis 29. Dezember.

Zum Weiterlesen: "Prostitution - ein deutscher Skandal" (EMMA/KiWi-Band, 9.99 €). Im Shop bestellen

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