Der Fight der Töchter

Artikel teilen

Batsch!!! Der Boxhandschuh klatscht Jacqui Frazier mitten ins Gesicht. Kopftreffer. „Sister Smoke“ (nach dem Kampfnamen ihres berühmten Papas „Smokin’ Joe Frazier“) tänzelt zurück. Gegnerin Leila knallt einen Fäustehagel auf den Körper ihrer Gegnerin. Batsch!!! Noch mal Kopftreffer. Die 8.000 Zuschauer in der ausverkauften Oneida Nation Arena toben.

Anzeige

Als der Ringrichter sich nach zehn Runden zwischen die beiden keuchenden, schweißüberströmten Frauen stellt und Laila Alis Arm hochhebt, ist das Kriegsbeil begraben. Die knapp unterlegene Jacqui Frazier applaudiert mit ihren Boxhandschuhen ihrer Gegnerin. Und auch Mega-Großmaul Leila, ganz der Vater, ist ausnahmsweise nett. Sie pöbelt nicht etwa – wie in den Wochen davor – „Ich stopfe Jacqui das Maul!“, sondern: „Jacqui war weit stärker als erwartet. Respekt vor ihrer Leistung!“

Zuerst die gute Nachricht: Es war der größte Frauen-Boxkampf der Geschichte. Zahlenmäßig. Noch nie haben so viele Menschen auf der Welt einen Frauen-Boxkampf gesehen. Eine halbe Million ZuschauerInnen lockte der Live-Fight der Töchter allein in Deutschland um fünf Uhr morgens aus dem Bett und vor die Glotze. Am nächsten Abend sahen sogar drei Millionen dem Schlagabtausch der beiden Boxlegenden-Töchter zu. In 40 Länder wurde Ali gegen Frazier am 9. Juni vom amerikanischen Verona aus übertragen, und zum ersten Mal kam in den USA ein Frauen-Boxkampf zur besten Sendezeit ins Pay-TV.

Jetzt die schlechte Nachricht: In Sachen Qualität war der Kampf wohl kaum historisch. Eigentlich kein Wunder. Schließlich hat die 39-jährige Rechtsanwältin und drei- fache Mutter Frazier erst vor einem Jahr mit dem Boxen angefangen. Und auch die 23-jährige Ali hat als Profiboxerin erst zehn Kämpfe hinter sich. Eine „Zirkusveranstaltung“ sei der Schlagabtausch gewesen, mäkelte die Presse. Und eine „Beleidigung für alle Frauen, die sich ernsthaft und mit großem Fleiß dem Boxsport widmen“.

Allerdings, und das ist wieder eine gute Nachricht, blieben die altbekannten „Da-seht-ihr’s-Boxen-ist-nun-mal-nichts-für-Frauen“-Schlagzeilen, die noch vor sagen wir drei Jahren über uns hereingebrochen wären, diesmal aus.

Auch die deutschen Top-Boxerinnen sehen das perfekt vermarktete Gipfeltreffen der Box-Ladies, die beide eine sechsstellige Summe absahnten, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Wer hohe Boxkunst erwartete, wurde enttäuscht“, bedauert die Weltmeisterin im Fliegengewicht Regina Halmich, freut sich aber gleichzeitig: „Die beiden haben Interesse am Frauen-Boxen geweckt wie nie zuvor. Viele Leute haben zum ersten Mal überhaupt einen Frauen-Fight gesehen!“

„Der Frauen-Boxsport insgesamt stand im Ring“, weiß auch Daisy Lang, Weltmeisterin im Bantam-Gewicht. „Es fehlte beiden an boxerischer Klasse, aber das Frauenboxen hat durch die enorme Be-achtung sicher einen Schub bekommen!“

Übrigens: wer die Familienverhältnisse der Alis und Fraziers nicht so genau kennt und sich fragt, warum nicht die Söhne der Boxlegenden in den Ring steigen: Es gibt sie schlicht nicht. Muhammad Ali stinkt das ein bisschen – er blieb dem Töchter-Duell fern und zog eine Werbeveranstaltung vor. Papa Frazier aber glänzte durch Anwesenheit und verkündete: „Eigentlich sollten ja unsere Söhne hier kämpfen. Aber unsere Töchter lieben das Boxen eben auch.“

Tochter Nummer drei hat die Boxstiefel schon geschnürt. Freeda Foreman, 24-jährige Tochter der Box-Legende George Foreman, in fünf Kämpfen ungeschlagen. Und vielleicht gibt’s beim nächsten Fight ja beides: Riesenpublikum und Spitzentechnik.

Artikel teilen
 
Zur Startseite