Carina Vogt: Die Überfliegerin

Historischer Sieg bei Olympia für Carina Vogt. - © imago/action plus
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So richtig konnte es niemand fassen. Soeben hatte Carina Vogt im ersten Durchlauf mit 103 Metern den besten Sprung hingelegt. Da vergaß sogar Kommentator Dieter Thoma seine Contenance: „Lecko mio!“ brüllte der einstige Spitzen-Skispringer ins Mikro und hörte fortan nicht mehr auf zu grinsen. Musste er auch nicht, denn nach dem zweiten Sprung der äußerst nervenstarken Polizeimeisteranwärterin stand auf der Anzeigetafel, womit niemand gerechnet hatte: Gold für Deutschland!

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Auch die Siegerin selbst stand regelrecht unter Schock. Als die ersten Reporter Carina Vogt ein Mikrofon unter die Nase hielten, konnte die nur noch weinen. Es war ein überraschender und großartiger Sieg, und das gleich in doppelter Hinsicht.

„Dies ist ein großer Moment für die Gleichberechtigung“, hatte ARD-Sportmoderator Gerhard Delling das erste Damen-Skispringen in der olympischen Geschichte angekündigt. Sodann zeigte ein Einspieler, wie hart die Frauen darum gekämpft hatten, auf der Schanze dabei sein zu dürfen. 2009 hatten sie sogar das Internationale Olympische Komitee wegen Diskriminierung verklagt, weil der Herrenbund die Damen nicht bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver zulassen wollte.

Dies ist ein großer Moment für die Gleich-
berechtigung!

In Sotschi nun war es endlich soweit. Einziger Wermutstropfen: Diejenigen, die vor vier Jahren die Initiative gegen das IOC und für das Frauen-Skispringen gestartet hatten, landeten auf den hinteren Plätzen. Weltmeisterin Sarah Hendrickson aus den USA kämpfte mit den Folgen eines Kreuzbandrisses, ihre Landsfrau Lindsey Van hatte Pech mit dem Wind. Und die Deutsche Ulrike Gässler, die ebenfalls bei dem Protest mitgemacht hatte, war durch eine Grippe geschwächt.

Olympiasiegerin Carina Vogt weiß, was sie diesen Pionierinnen zu verdanken hat: „Vor mir hat es zwei Generationen Skispringerinnen gegeben, die den Sport dorthin gebracht haben, wo er jetzt ist.“ Sie hat ihnen gestern alle Ehre gemacht.

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Sotschi: Mehr Frauen am Start

Springt in Sotschi mit: Weltmeisterin Sarah Hendrickson (USA).
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Wenn sich am 11. Februar um 18.30 die erste Skispringerin vom Startpunkt abstößt und die Schanze herunterrast, dann ist das - ein sporthistorischer Moment. Genau 90 Jahre nach dem ersten olympischen Skispringen der Männer 1924 in Chamonix dürfen nun auch die Frauen in dieser spektakulären Disziplin dabei sein. Seit den 90er Jahren kämpfen sie dafür - und mussten sich von Altherren-Sportfunktionären erklären lassen, dass ihre Gebärmütter in großer Gefahr seien. 2009 verklagten die Skispringerinnen sogar das Internationale Olympische Komitee wegen Diskriminierung. Sie verloren und mussten bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver leider draußen bleiben.

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Gebärmütter in großer Gefahr!

Ein Jahr später bewiesen sie beim ersten Damen-Weltcup im Skispringen im norwegischen Lillehammer, dass sie es können: Siegerin Sarah Hendrickson aus Utah sprang 100,5 Meter weit und alle Gebärmütter blieben heil. Nun ließ sich auch das Internationale Olympische Komitee überzeugen und erklärte das Damen-Skispringen zur olympischen Disziplin.

Auch sonst gibt sich das IOC modern: Acht neue Disziplinen in zwölf Wettkämpfen gehen 2014 neu an den Start, darunter so jugendaffine Sportarten wie Ski-Freestyle in der Halfpipe oder Snowboard-Slopestyle.

So richtig zukunftsfähig ist auch ein weiteres Novum. Das IOC wagt zumindest partiell, die streng geschlechtergetrennte Sportwelt etwas durchlässiger zu gestalten: Beim Rodeln und im Biathlon treten erstmalig in der olympischen Geschichte männliche und weibliche Sportler zusammen in gemischten Teams an.

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