Frankreich: Freierbestrafung!

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Vor der Abstimmung sprach die französische Frauenministerin Laurence Rossignol und erklärte unmissverständlich: „Sexuelle Dienste kaufen, das ist Gewalt gegen Frauen in der Prostitution.“ Und: „So lange man in einer Gesellschaft Frauenkörper kaufen kann, wird es keine Gleichheit von Männern und Frauen geben.“ Das sah die überwältigende Mehrheit der Abgeordneten der französischen Nationalversammlung genauso. Sie verabschiedete am Mittwochabend endgültig ein Gesetz, das diejenigen bestraft, die diese Gewalt ausüben und als Kunden überhaupt erst den Frauenmarkt schaffen: die Freier.

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Sexuelle Dienste kaufen ist Gewalt gegen Frauen

Mit einer Mehrheit vom 68 zu 12 stimmten die Abgeordneten für den Gesetzentwurf der Sozialisten, der auch von einer Mehrheit der konservativen Abgeordneten unterstützt wurde. Ab jetzt gilt im Land von Irma la Douce: Wer eine Frau zum sexuellen Gebrauch kauft, muss eine Geldstrafe von 1.500 Euro zahlen, bei Wiederholung 3.750 Euro. Zudem können Freier in einen Sensibilisierungs-Kurs geschickt werden.

Im Gegenzug werden die Prostituierten selbst komplett entkriminalisiert: Der „passive Kundenfang“ steht nicht mehr, wie bisher, unter Strafe. Außerdem Teil des Gesetzespakets: JedeR Prostituierte hat künftig das Recht auf professionelle Unterstützung beim Ausstieg, 4,8 Millionen Euro zahlt der Staat dafür jährlich in einen Fonds. Und ausländische Frauen und Männer bekommen nach dem Ausstieg ein Aufenthaltsrecht, das zunächst auf ein halbes Jahr befristet ist, aber verlängert werden kann. Und: Die ohnehin scharfen Gesetze gegen Frauenhändler und Zuhälter werden erweitert, damit auch Websites mit Sitz im Ausland gesperrt werden können.     

Wer es tut, muss eine Strafe von 1.500 Euro zahlen

„Ein historischer Tag für die Frauenrechte!“ jubelt die Europäische Frauenlobby (EWL), die 2007 die Kampagne „Für ein Europa ohne Prostitution!“ gestartet hatte und seither dafür kämpft, dass alle europäischen Staaten das „Nordische Modell“ übernehmen. „Heute ist ein historischer Tag, weil Frankreich den Weg gezeigt hat, den wir in ganz Europa gehen wollen: die Abschaffung des Systems Prostitution“, sagt die EWL-Vorsitzende Viviane Teitelbaum. Bereits 1999 war Schweden mit der Einführung der Freierbestrafung vorangegangen, es folgten Norwegen und Island. Nordirland führte das Sexkaufverbot im Juni 2015 ein, in Irland liegt ein entsprechender Gesetzentwurf der Justizministerin seit September 2015 auf dem Tisch.

„Wir haben gewonnen!“ freut sich auch Rosen Hicher. Nach 22 Jahren in der Prostitution kämpfte die Französin seit Jahren gegen die Akzeptanz der Prostitution und für die Freierbestrafung. An ihrer Seite: das Netzwerk „Abolition 2012“, ein Zusammenschluss von rund 60 (Frauen)Organisationen. Rosen, die auch Mitglied des internationalen Aussteigerinnen-Netzwerks SPACE international ist, erklärt: „Frankreich hat klar gemacht, dass das Geschäft mit der Prostitution ohne die Sexkäufer nicht existieren würde.“ 

Prostituierte werden komplett entkriminalisiert

Dieses ebenso einfache wie einleuchtende Prinzip wollen deutsche PolitikikerInnen bis heute nicht verstanden haben. Während Frankreich Prostitution grundsätzlich als „Gewalt gegen Frauen“ wertet, hat das Berliner Kabinett nach dem nahezu unbrauchbaren „Prostituiertenschutzgesetz“ am Mittwoch nun auch noch ein total zahnloses Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels verabschiedet.

Kernstück: Die Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten. Die aber ist leider reine Symbolpolitik. Denn zunächst muss die Polizei nachweisen, dass es sich bei der Frau um eine „Zwangsprostituierte“ handelt. Das allein ist schwer genug. Dann aber müsste dem Freier auch noch nachgewiesen werden, dass er von dem „Zwang“ gewusst hat. Das ist so gut wie unmöglich.

Dieses ein-
fache Prinzip verstehen
deutsche Politiker nicht.

Hinzu kommt: Von der großen Mehrheit der Armutsprostituierten, die oft kein Wort Deutsch können und Opfer indirekter Zwänge sind, spricht niemand. Die Trennung von „Prostitution“ und „Zwangsprostitution“ ist deshalb de facto nicht möglich – und vor allem ein Propaganda-Instrument der Pro-Prostitutionslobby.

In Kanada, das 2014 ebenfalls die Freierbestrafung eingeführt hat, wird jeder verfolgt, der „davon profitiert, dass ein anderer Mensch sich prostituiert“. Und die französische Frauenministerin erklärt: „Prostitution ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde.“

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Prostitution: Das Aus für die Reform!

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Auch in Zukunft werden die Betreiber der Sexfabriken für ein winziges, tristes Zimmer von den Frauen 160 Euro pro Nacht nehmen können (wofür diese mindestens fünf Freier bedienen müssen – und dann haben sie noch keinen Cent für sich). Und die aus Rumänien importierten jungen Frauen werden weiterhin im deutschen Prostitutionsdschungel, wo sie wochenweise von Stadt zu Stadt verschoben werden, verschwinden. Deutschland wird ein Einreiseland für Sextouristen und ein Paradies für Zuhälter und Menschenhändler bleiben. Danke, liebe CDU/CSU (die du nicht in der Lage warst, dich durchzusetzen) – und danke, liebe SPD (die du lieber die Pro-Prostitutionslobby bedienst statt die Frauen zu schützen).

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Das Prostitutionsgesetz, das das Kabinett jetzt nach zwei Jahren zäher Verhandlungen verabschiedet hat, ist nur noch ein kläglicher Überrest dessen, was es hätte sein können und müssen, um den Profiteuren des Milliarden-Geschäfts mit der Ware Frau Einhalt zu gebieten – und um die Frauen zu schützen. Für eine echte Reform hätte es drei Punkte gebraucht:

Ein klägliches Gesetz, das die Frauen in der Prostitution nicht schützt

1. Die Anhebung des Mindestalters von 18 auf 21. Die hatte die SPD schon in den ersten Verhandlungen gekippt (u.a. mit der Begründung, das Mindestalter verstoße gegen die „Berufsfreiheit“). Es war die Maßnahme, die die Pro-Prostitutionslobby am härtesten bekämpft hatte, denn sie hätte Großteile des „Marktes“, auf dem Freier nach immer jüngerem „Frischfleisch“ verlangen, stillgelegt.

2. Eine Anmeldepflicht, die die weitgehend unsichtbaren, aus Osteuropa importierten Frauen überhaupt erst sichtbar machen würde. Die wird nun kommen. Allerdings muss die Frau sich nicht, wie von Union und allen Experten gefordert, in jeder Stadt anmelden, in der sie sich prostituiert, sondern nur in der ersten. Damit ist die Regelung nahezu nutzlos, denn die meisten Frauen werden alle paar Wochen von Bordell zu Bordell verschoben und sind dann auch mit der neuen Anmeldepflicht nicht mehr auffindbar.

3. Die regelmäßige Gesundheitsuntersuchung, die nicht nur schützt, sondern den oft isolierten Frauen auch Gelegenheit zu Kontakten für Rat und Hilfe geben würde. Experten und Union wollten die Untersuchung monatlich. Dank SPD kommt jetzt lediglich eine Gesundheitsberatung zweimal im Jahr für unter 21-Jährige – für Ältere nur alle zwei Jahre. Das ist schon selten genug. Hinzu aber kommt: Dritte „können“ laut diesem Gesetz von dem Gespräch ausgeschlossen werden. Können, müssen aber nicht. Der Zuhälter sitzt also ggf. dabei, womit der Plan, hilfesuchenden Frauen ein Gespräch unter vier Augen zu ermöglichen, gescheitert ist.

Was außerdem kommt: Die Kondompflicht – als Signal gut, aber nicht überprüfbar. Ein Verbot von Flatrate-Bordellen – als Signal gut, aber leicht zu umgehen. Und die Genehmigungspflicht für Bordelle, die Polizeiexperten für sehr leichtgewichtig halten, weil sie schon heute mit Strohmännern und -frauen umgangen wird.

Das Gesetz soll Mitte 2017 in Kraft treten (wenn es nicht vorher im Bundesrat von der rot-grünen Mehrheit noch weiter zerpflückt wird).

Deutschland wird auch weiterhin "das Bordell Europas" bleiben

Fazit: Die SPD, die 2002 gemeinsam mit den Grünen die fatale Reform des Prostitutionsgesetzes verabschiedet hatte, hat es auch diesmal wieder (quasi) geschafft. Zuhälter und Menschenhändler werden bei uns auch weiterhin nahezu optimale Bedingungen für ihr Geschäft mit der Ware Frau vorfinden. Deutschland wird das „Bordell Europas“ bleiben. Im Gegensatz zu Schweden, Norwegen, Island, Nordirland und demnächst auch Irland und Frankreich, die Prostitution als Verstoß gegen die Menschenwürde betrachten und ein Sexkaufverbot eingeführt haben bzw. kurz davor stehen.

Aber vielleicht ist das auch kein Wunder angesichts des gesamtgesellschaftlichen Klimas. Zum Beispiel Köln: die Stadt gepflastert mit Plakatwänden, auf denen ein Bordell „100 Girls von 11 bis 5 Uhr“ anpreist, und voll mit Taxis, die für das örtliche Großbordell „Pascha“ werben.

Das übrigens feierte gerade sein 20-jähriges Bestehen. Die WDR-Lokalzeit brachte dazu einen TV-Beitrag, in dem Pascha-Chef Hermann Müller nicht nur sein Geschäftsmodell anpreisen, sondern auch in erfrischender Offenheit seine Haltung zu Frauen kundtun durfte. Sie lautet: „Die Frau kommt auf die Welt, um dem Mann zu dienen und zu gehorchen.“

Aktualisiert am 23.3.2016

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