Papa zahlt nicht? Führerschein weg!

Mit solch innigen Momenten könnte es bald vorbei sein!
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Eigentlich ist es ein Riesenerfolg! Der Staat will Alleinerziehenden, die vom anderen Elternteil keinen Kindesunterhalt bekommen, ab 1. Januar 2017 einen „Unterhaltsvorschuss“ bis zum 18. Lebensjahr zahlen. Bisher sprang Vater Staat nur bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes ein, außerdem war die Unterstützung bisher auf 72 Monate begrenzt. Lange haben Alleinerziehende (90 Prozent Mütter) für dieses Gesetz gekämpft.

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Wieso nicht die säumigen Väter in die Pflicht nehmen?

Das Kabinett hatte es schon verabschiedet, doch jetzt steht es auf der Kippe. Denn nun blockieren Länder und Kommunen. Dagegen hat der „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“ (VAMV) jetzt eine Petition gestartet: „Lassen Sie Trennungskinder nicht noch länger im Stich!“ 

Grund für die Blockade der Länder und Kommunen: Schon jetzt springt Vater Staat mit jährlich 841 Millionen Euro in die Bresche. Mit dem neuen Gesetz würde sich dieser Betrag mindestens verdoppelt. Das ist ein Problem, klar. Aber: Warum holen sich die Behörden den vorgestreckten Unterhalt eigentlich nicht von den säumigen Vätern zurück, die zahlen könnten, aber nicht wollen? Denn die „Rückholquote“, die eine nicht-staatliche Studie 2009 ermittelte, liegt bei gerade mal durchschnittlich 20 Prozent. Spitzen-Eintreiber war Bayern mit 36 Prozent, Schlusslicht Bremen mit gerade mal zehn Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben.

Unterhalt nicht zu zahlen, ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Wer sich nach § 170 StGB der „Verletzung der Unterhaltspflicht“ schuldig macht, kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf (!) Jahren bestraft werden. 7.008 angezeigte Fälle nach § 170 weist die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2015 aus. 95,5 Prozent davon sind säumige Väter. Die rund 7.000 Fälle, die bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht landen, sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs. 

Jede fünfte Familie in Deutschland hat nur ein Elternteil, in knapp 90 Prozent der Fälle ist das die Mutter. 2,3 Millionen Kinder sind unterhaltsberechtigt. Aber: Für jedes zweite dieser Kinder zahlt der Vater gar keinen Unterhalt, für jedes vierte zu wenig. Wie hoch ist der Anteil der Väter, die tatsächlich nicht zahlen können, und wie viele drücken sich nur? Genau weiß das niemand, denn dazu gibt es keine offiziellen Statistiken.

Andere Länder gehen das Problem mit viel mehr Nachdruck an. Zum Beispiel Großbritannien. Dort treibt der „Child Maintainance Service“ den Unterhalt bei säumigen Vätern mit Nachdruck ein. Er sucht die „unbekannt Verzogenen“, prüft Einkommen, pfändet Konten, führt Gerichtsverfahren. Erfolgsquote: 80 Prozent! Diese Möglichkeiten hätten auch deutsche Jugendämter und Gerichte. Aber sie scheinen sie kaum zu nutzen.

Unterhalt nicht zu zahlen, ist kein Kavaliers-
delikt

Das hat auch Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) erkannt. Sie erklärt: „Wir müssen den vorausgezahlten Unterhalt viel konsequenter eintreiben. Auch mit Strafen – bishin zum Fahrverbot.“ Auch Sigmar Gabriel hat den Führerscheinentzug für zahlungsunwillige Väter schon gefordert. Der SPD-Vorsitzende ist Sohn einer alleinerziehenden Mutter und kennt das Problem aus eigener Erfahrung: "Auch mein Vater hat sich geweigert, meiner Mutter Unterhalt zu zahlen – für meine Schwester und für mich. Das war ein beständiger Kampf, der meine Mutter bis an die Grenzen ihrer Kraft gebracht hat." Deshalb solle es nun „stärkere Druckmittel“ geben.      

Eins ist klar: Wenn die Idee mit dem Führerscheinentzug konsequent angewendet würde – dann käme sicher Schwung in die Zahlungsmoral der Väter.

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Sorgerecht: Mütter vor Gericht?

Jochen König
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Der Europarat forderte im Oktober 2015 seine Mitgliedsländer in einer ohne Gegenstimmen angenommenen Resolution auf, per Gesetz das so genannte „Wechselmodell“ nach Trennung der Eltern als Grundsatz festzulegen. In Väter-Lobbygruppen wurde die Entscheidung als „Paukenschlag für die Gleichberechtigung von Mann und Frau“ bejubelt. „Alle Zeichen stehen auf Wechselmodell“ wurde prophezeit – aber vergessen, dass es sich beim Europarat trotz ähnlich klingendem Namen nicht um ein mit wirklichen Entscheidungskompetenzen ausgestattetes Gremium der EU handelt, sondern die Resolution stattdessen nur empfehlenden Charakter besitzt und schnell ­wieder in der Schublade verschwinden kann.

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Halbe-Halbe nach der Tren-
nung - das klingt erst mal gut.

Seit Jahren dreht sich ein Großteil der Kämpfe von Vätergruppen um das auch als „Doppelresidenz“ bezeichnete Wechsel­modell. Demnach sollten Kinder nach der Trennung ihrer Eltern grundsätzlich zu möglichst gleichen Teilen in den voneinander unabhängigen Haushalten ihrer beiden Elternteile leben, solange keine schwerwiegenden Gründe dagegensprechen.

Das Modell ist nicht neu. Viele Kinder wohnen nach der Trennung bei beiden Elternteilen. Auch meine beiden Kinder leben (zu unterschiedlichen Anteilen) in jeweils zwei Haushalten, haben jeweils zwei Kinderzimmer, je zwei Kleiderschränke und je nachdem, wo sie am Morgen aufwachen, auch unterschiedliche Schulwege. Für viele Fami­lien passt das Wechselmodell also sehr gut. Auch kleine Kinder können ohne Probleme zu zwei oder mehr Personen gleichwertige enge Beziehungen aufrecht halten. Und die Eltern der pendelnden Kinder haben neben der Zeit mit dem Nachwuchs noch Freiräume für andere Interessen und Bedürfnisse.

In den meisten Familien haben die Kinder jedoch keine zwei gleichwertigen Bezugspersonen. Meistens hat die Mutter ein engeres Verhältnis zum Kind. Und das nicht qua Natur, sondern vor allem deshalb, weil die wenigsten Väter nach der Geburt für mindestens ein Jahr zuhause geblieben sind, dafür aber 96 Prozent aller Mütter. In wenigen Bereichen ist die Aufteilung der Zuständigkeiten nach Geschlecht so eindeutig. Da kann in Sachen Einseitigkeit nicht einmal die statistische Geschlechterverteilung der DAX-Vorstände und Aufsichtsräte mithalten.

Sind beide Elternteile gleichwertige Bezugspersonen?

Die Mehrzahl der Väter entscheidet sich nach der Geburt eines Kindes dagegen, eine gleichwertige Bezugsperson für das Kind zu werden, und dafür, die Hauptverdienerrolle zu übernehmen. (Werdende) Väter müssen sich bewusstmachen, dass es sich dabei um eine weitreichende Entscheidung handelt, die nicht rückgängig zu machen ist und die nicht nur an die Beziehung mit der Mutter des Kindes geknüpft ist, sondern die sich auch unabhängig von der Mutter dauerhaft auf die eigene Beziehung zum Kind auswirkt. Der Beziehungsvorsprung der Mutter aus dieser ersten Zeit ist danach kaum noch aufzuholen.

Die Kämpfe um Gleichberechtigung beginnen für viele Väter auffälligerweise immer erst mit der Trennung von der Mutter. Wo sind die Vätergruppen, die von Vätern nach einer Geburt verlangen, die Mütter nicht mit der Verantwortung für ein kleines Kind alleine zu lassen und die eigene berufliche Karriere hintenanzustellen, weil ein Kind nun mal Mutter UND Vater braucht?

Mir ist es immer wieder ein Rätsel, wie Väter auf die Idee kommen können, dass ­gerade eine Trennungssituation, in der beide Elternteile sich vielleicht lieber für ein halbes Jahr aus dem Weg gehen würden, ein guter Moment sein soll, um eine jahrelang praktizierte Arbeitsteilung neu auszuhandeln. Wenn es den teilweise so erbittert für das Wechselmodell kämpfenden Vätern wirklich um Gleichberechtigung und den Kontakt zum Kind ginge, hätten sie sich an jedem einzelnen Tag vor der Trennung entscheiden können, eine neue Aushandlung der Zuständigkeiten einzufordern, weniger zu arbeiten und mehr für die eigenen Kinder da zu sein. Viel größer als die unzähligen durch Väter nach Trennungen erzwungenen jahrelangen familiengerichtlichen Verfahren können die finanziellen Einbußen dadurch auch nicht sein.

Größtes Armuts-
risiko für Mütter und Kinder: eine Trennung

Wer die Hauptlast der Kinderbetreuung trägt, mehr als nur für zwei Monate zuhause war und vor allem in den betreuungsintensiven ersten drei Jahren nach der Geburt die eigene Lebensplanung nahezu komplett auf das Kind ausrichten musste, muss sichergehen können, dass nach einer Trennung nicht plötzlich der frühere Feierabendelternteil alles über den Haufen wirft. Das gilt natürlich ­geschlechtsneutral in beide Richtungen.

Statt sich dem Druck der Vätergruppen zu beugen, empfehle ich darum dem Europarat, sich im Sinne der Gleichberechtigung in seinen Mitgliedsstaaten mit folgender Frage zu beschäftigen: Wie können Maßnahmen getroffen werden, damit eine Trennung nicht mehr zu den größten Armuts­risiken für Mütter und Kinder gehört, weil viele Mütter vor der Trennung jahrelang für die Kinderbetreuung beruflich zurückstecken mussten und nach der Trennung keinen oder zu wenig Unterhalt vom Kindesvater bekommen?

Jochen König
Dieser Text erschien zuerst in EMMA Juli/August 2016

Aktualisierung, EMMA, 28.2.2017:

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) sieht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit großer Skepsis. Denn das "Wechselmodell", also die halbe-halbe-Betreuung des Kindes durch beide Elternteile nach der Trennung, setze voraus, dass die Eltern "trotz Trennung kommunizieren und kooperieren können". Dass künftig Familiengerichte gegen den Willen eines Elternteils, wohl meist der Mutter, das Wechselmodell verordnen, sei deshalb problematisch: "Wenn die Eltern sich vor Gericht über ein Wechselmodell streiten, ist der Konsens als Grundvoraussetzung für ein Gelingen im Sinne des Kindes nicht gegeben. Der VAMV bezweifelt deshalb, dass es dem Kindeswohl entspricht, ein Wechselmodell gerichtlich anzuordnen."

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