Fakten gegen Scheinargumente

© Bettina Flitner
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"Die Altersgrenze von 21 treibt die Unter-21-Jährigen in die Illegalität"

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Für Prostituierte gilt überhaupt keine Illegalität aufgrund des Alters. Eine 17-Jährige zum Beispiel macht sich heute trotz der Altersgrenze von 18 nicht strafbar. Strafbar machen sich nur Zuhälter und Bordellbetreiber, ihnen droht die Illegalität. Sie haben darum ein Interesse an der Beibehaltung der niedrigen Altersgrenze. Auch wächst der Markt für junge Frauen und ist besonders profitabel: Die Kunden verlangen immer jüngere Prostituierte. Die bringen mehr Geld, sind abhängiger und können länger und leichter ausgebeutet werden. Und zunehmend werden immer mehr junge, auch deutsche Frauen, über die Loverboy-Masche in die Prostitution gelockt. Eine Erhöhung des Schutzalters wäre auch für sie wirksam.

Alle Prostituierten wären durch eine Anhebung der Altersgrenze geschützter, unter vielerlei Aspekten: Je jünger eine Frau ist, umso beeinflussbarer und manipulierbarer ist sie (durch Familie, Zuhälter, Menschenhändler). Und je früher eine Frau in die Prostitution abgleitet, umso tiefer und länger steckt sie drin, umso schwerer ist für sie der Ausstieg.

Übrigens: Der Gesetzgeber trägt in vielen Fällen dem Unterschied zwischen 18 und 21 Jahren Rechnung: im Jugendstrafrecht zum Beispiel. Oder beim Zugang zu Spielbanken etc.. Warum sollten Unter-21-Jährige keinen Zugang zu Spielbanken haben - aber Zugang zu Bordellen?
 
"Die Anmeldepflicht ist eine Zwangsmaßnahme und Stigmatisierung"

Jeder Mensch, der gewerblich tätig ist, muss sich anmelden. Prostituierte erwerben überhaupt erst durch die Anmeldung Rechte auf Sozialleistungen (die sich u.a. nach der Länge ihrer Tätigkeit richten). Hinzu kommt: Nur Dank der Anmeldung weiß man überhaupt von der Existenz der Frauen. Anmelden sollten die Frauen sich nicht beim Einwohnnermeldeamt, sie wechseln eh alle paar Wochen die "Wohnung", sondern bei der Kriminalpolizei. Da sind ihre Daten auch geschützter.

Bisher wissen die Frauen, die in der Mehrheit aus dem Ausland kommen und oft kein Wort Deutsch sprechen, häufig selbst nicht, in welcher Stadt sie überhaupt sind, denn sie werden als "Frischfleisch" von Bordell zu Bordell verladen. Sie könnten verschwinden - und niemand würde es merken. Eine Anmeldepflicht würde sie also schützen. Auch würde die Anmeldepflicht endlich belastbare Zahlen liefern - und angemessene Maßnahmen möglich machen.

Die Einzigen, die ein Interesse daran haben, dass es keine Anmeldepflicht gibt, sind die Zuhälter und Betreiber von Prostitutionsstätten. Sie können so übrigens auch die Größenordnung ihrer Geschäfte leichter verschleiern. Kein Interesse an einer Anmeldepflicht besteht natürlich auch bei den deutschen Gelegenheitsprostituierten, vor allem aus Steuergründen.

"Die Kondompflicht ist überflüssig, weil nicht anwendbar"

Seit wann ist es ein Kriterium für ein Gesetz, ob es einfach "anwendbar" ist? Dann könnten wir zum Beispiel auch das Gesetz gegen den Missbrauch von Kindern wieder streichen. Und nicht nur das. Das Kriterium für ein Gesetz sollte seine Notwendigkeit sein. Die Notwendigkeit, die Prostituierten vor Ansteckung zu schützen (und damit auch die Freier und ihre Ehefrauen bzw. Freundinnen). 80 Prozent aller Freier wollen Verkehr "ohne". Eine Kondompflicht würde auch die Freier in die Pflicht nehmen, die sich bei Verstoß dagegen strafbar machen. Und sie würde Bordellbetreibern wie Prostituierten ein Argument gegen den Verkehr ohne Schutz in die Hand geben - und der Polizei die Möglichkeit zur Kontrolle.

"Regelmäßige Gesundheitskontrollen sind Zwangsuntersuchungen"

Es gibt etliche infektionsrelevante Berufe, bei denen regelmäßige Gesundheitskontrollen eine Selbstverständlichkeit sind, zum Beispiel die Bäckereifachverkäuferin. Da hat noch nie jemand protestiert. Bei Prostituierten wären die monatliche Gesundheitschecks mit einer psychosozialen Beratung zu koppeln.

Die Routinekontrolle der Prostituierten wäre aus vielerlei Gründen sinnvoll: zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit ebenso wie als Mittel gegen ihre Isolation. Viele, vor allem die ausländischen Prostituierten - die aus finanziellen Gründen oft auch in den Räumen, in denen sie die Freier bedienen, leben müssen - kommen kaum aus den Bordellen raus. Sie wissen oft noch nicht einmal, in welcher Stadt sie sich befinden. Eine regelmäßige Gesundheitskontrolle wäre also auch ein Kontakt außerhalb dieses Universums - und eine Chance zur Belehrung der Prostituierten über ihre Rechte bzw. zur Hilfe in Not.

Auch könnte bei diesen Gesundheitsuntersuchungen erkannt werden, ob die Frauen Gewaltopfer sind. Und übrigens würde damit auch den von Privatuntersuchungen und illegalen Rezepten profitierenden Ärzten und Apothekern das Wasser abgegraben. Dass die freiwillige Untersuchungsmöglichkeit, die seit Abschaffung der Pflichtuntersuchung in vielen Kommunen besteht, von der Zielgruppe der Elends- und Zwangsprostituierten nicht genutzt wird, zeigen die Untersuchungszahlen der Gesundheitsämter.

Aus Österreich ist übrigens zu hören, dass die Prostituierten, die über Deutschland ins Land kommen, auffallend häufiger krank sind. Eben weil sie nicht nur ungeschützten Verkehr über sich ergehen lassen müssen, sondern oft nicht krankenversichert sind. Genau das ist auch der Grund, warum viele Prostituierte sich diese Gesundheitskontrollen wünschen - und Schlange stehen in den Hilfsprojekten, wo sie angeboten werden.

"Das Weisungsrecht darf nicht abgeschafft werden"

Prostituierte sind selten Angestellte, sondern arbeiten meist als "Selbständige" in den Bordellen und Modelwohnungen oder auf der Straße. Das existierende Weisungsrecht gilt zwar eigentlich nur im Angestelltenverhältnis, wird aber auch bei "selbständig Tätigen" häufig von "Vermietern" und Bordellchefs in Anspruch genommen. Es entrechtet die Frauen und ist vergleichbar mit dem - zum Glück längst abgeschafften - Züchtigungsrecht für Kinder.

Seit der Reform von 2002 haben Bordellbetreiber laut Rechtsprechung ein Weisungsrecht u.a. in den folgenden Punkten:
- Arbeitszeit (Zeitpunkt, Länge)
- Berufskleidung (sie können zum Beispiel ein Nacktgebot erteilen).
- Preisgestaltung (dazu gehört auch die Zwangseinhaltung von Pauschalsteuern).
- Arbeitsplatzgestaltung (Handyverbot, Redeverbot untereinander etc.) 
Aber Prostitution darf nicht fremdbestimmt ausgeübt werden. Die Frauen müssen uneingeschränkt über sich selbst verfügen können. Das vor der Reform nicht existierende Weisungsrecht muss daher ersatzlos gestrichen werden.

"Die Kriminalisierung von Prostituierten verhindern"

Es gibt schon lange keine Kriminalisierung von Prostituierten mehr in Deutschland - und die ist selbstverständlich auch nicht mit dem neuen Gesetz beabsichtigt. Frauen und Männer machen sich in Deutschland nicht mehr strafbar, indem sie sich prostituieren. Strafbar machen sich ggf. nur die wahren Profiteure der Prostitution: Zuhälter, Bordellbetreiber, Schlepper, Menschenhändler. Darum geht es den BefürworterInnen der Prostitution: Dass man in Deutschland auch in Zukunft ungehindert und straffrei mit der Ware Frau handeln kann. Jahresumsatz der Prostitutionsbranche allein in Deutschland im Jahr 2013 laut Statistischem Bundesamt 14,6 Milliarden Euro, Profitraten bis zu 1.000 Prozent. 

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Wer sind die "Sexarbeiterinnen" wirklich?

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Am 4. September veröffentlichte die Sprecherin des „Berufs­verbandes“ der „Sexarbei­te­r_innen“, Johanna Weber, in der Huffington Post einen Offenen Brief mit dem Titel: „Aufschrei einer Prostituierten: An die Politiker, die meinen Job zerstören“. Sie habe, schreibt sie, „sehr tiefe Einblicke in den Arbeitsalltag der Bundespolitiker bekommen“. Und wenig später fährt sie fort: „Ja, und dann kommt das spannende, aber für die Politik unbequeme Thema Prostitution aufs Tablett. Unbequem, weil die Medien das Thema unberechenbar ausschlachten, denn Sex sells. Unbequem deshalb, weil hier die Doppelmoral regiert. Kaum ein Mann traut sich zu sagen, dass er sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nimmt.“

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Was will Weber, die Frontfrau der LobbyistInnen der Prostitutionsbranche, damit sagen? Sollte hier etwa gewissen Politikern gedroht werden? Politiker, die sich nicht trauen zu sagen, dass sie „sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen“? Politiker, die darum tun müssen, was die Prostitutionsbranche will – wenn sie nicht auf Seite 1 der „unberechenbaren Medien“ landen wollen?

Im Rest des offenen Briefes der Sprecherin des so genannten „Berufsverbandes“ von „Sexarbeiter_innen“ geht es fast ausschließlich um die Meldepflicht für Prostituierte. Sie ist einer der Punkte, der im Zusammenhang mit der Gesetzesreform diskutiert wird. Doch man kann nur hoffen, dass die Sorge mancher Politiker, auf Seite 1 zu landen, weil Sex sells, nicht verhindern wird, dass die Meldepflicht Gesetz wird. Denn sie macht die Prostitutionsbrache, die schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht wird, transparenter – und schützt die hunderttausenden Elendsprostituierten.

Die Spezialität von Johanna Weber ist: Natursekt, Kaviar und Facefarting.

Sechs Tage später, am 10. September, war eine Domina in Kanada noch deut­licher geworden. Terri-Jean Bedford hatte in einer Anhörung gedroht: „Wenn dieses Gesetz durchkommt, sorge ich dafür, dass ihr Jungs hochgeht. Denn ich habe mehr Informationen über Politiker in diesem Land, als euch lieb sein kann.“ Bedford wurde des Saales verwiesen – und das ­Gesetz verabschiedet. Seit dem 8. Oktober gilt in Kanada: Sexkauf wird bestraft, Werbung für Prostitution ist verboten und jährlich stellt der Staat 20 Millionen Dollar für Ausstiegsprojekte zur Verfügung. Das Gesetz wurde mit den 156 Stimmen der Konservativen verabschiedet – gegen 124 Stimmen von ­Sozialisten, Grünen etc.

Aber wer ist eigentlich diese Deutsche Johanna Weber, die, wie Bedford, Teil der so genannten internationalen „Hurenbewegung“ ist? Und die ebenfalls Politikern zu drohen scheint? Und was ist dieser „Berufs­verband“? EMMAs Recherche ergab ­Erstaunliches. Sehr Erstaunliches.

Mitten im Sommerloch hatte Bild.de mit der pikanten Schlagzeile getitelt: „Diese Huren beraten die Regierung“. Und sodann erfuhren die geneigten LeserInnen, dass die „Huren“ Johanna Weber (46) und Fabienne Freymadl (35) im Zusammenhang mit der geplanten Gesetzesänderung zur Prostitution in der Hauptstadt als „Fachfrauen“ gehandelt werden (Foto: Weber links). Sie nahmen an „mehreren informativen Hintergrundgesprächen“ teil, „trafen verschiedene FachpolitikerInnen von CDU/CSU und SPD, Grünen und Linken und telefonieren regelmäßig mit ihnen“ (Bild).

Johanna Weber, die politische Sprecherin vom so genannten „Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.“ beriet auch das Bundesfamilien­ministerium bei dessen Hearing zur Prostitution am 12. Juni 2014. „Die Politiker kommen oft mit vermeintlich guten Ideen zu uns, aber die passen meistens nicht zur Realität der Branche“, verrät sie. Sie weiß anscheinend, was passt.

Wer steckt eigentlich hinter diesem "Berufsverband" der "Sexarbeiter_innen"?

Doch passt sie? Es fängt damit an, dass Johanna Weber in Wahrheit Verena Johannsen heißt. Ihre Spezialität als Domina sind „Schweinereien“. Was sie damit genau meint, erläutert sie auf ihrer Website: „Natursekt“ (auf Männer urinieren), „Kaviar“ (auf Männer koten, auch direkt in den Mund), oder auch „Facefarting“ (sich auf das Gesicht des Mannes setzen und ihm in dasselbe furzen).

Diese Art von Tätigkeit ist allerdings auch für Weber/Johannsen neu. Die Frontfrau des erst vor einem Jahr gegründeten „Berufsverbandes“ für „Sexarbeiter_innen“ ist nach eigenen Angaben erst seit vier Jahren in dem Gewerbe. Vorher gab die professionelle Langstreckenläuferin Sportkurse, war im Sportmarketing aktiv und organisierte „Frauenläufe“, zum Beispiel beim Lesben-Beach-Festival. Auch politisch scheint sich die Domina eher in Frauen- bzw. Linken-Zusammenhängen zu engagieren. Nach eigenen Angaben spendet sie fünf Prozent ihrer Einnahmen, meist an „Sexworker“-Organisationen wie Hydra, aber auch schon mal an Attac oder Terre des Femmes.

Entsprechend polit-, ja bewegungs­erfahren klingen die Stellungnahmen zum ­Prostitutionsgesetz, die Weber/Johannsen (unter)schreibt. Das spielt dann nicht mehr unter der Gürtellinie, sondern kommt hochtrabend daher. Wie die 23-seitige „Stellungnahme zur Anhörung ‚Regulierung des Prostitutionsgewerbes‘“ für das Bundesfamilienministerium. Da heißt es einleitend:

„Wir entschuldigen uns dafür, unsere Stellungnahme nicht zum gewünschten Termin am 2. Juni 2014 eingereicht zu haben. Der 2. Juni, der Internationale Hurentag, ist ein Gedenktag der Hurenbewegung. An diesem Tag im Jahre 1975 traten französische Sexarbeiterinnen in einen Streik und besetzten eine Kirche von Lyon, um sich gegen Polizeigewalt und anhaltende Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Das Ereignis gilt als Ursprung der weltweiten Hurenbewegung. Unsere Stellungnahme widmen wir deshalb diesen tapferen Kolleg_innen.“ 

Kolleginnen? Die in der Tat sehr tapferen Prostituierten in Lyon können sich leider nicht wehren. Denn sie kennen Johanna Weber nicht und ahnen nicht, was da in ihrem Namen verzapft wird. Wüssten sie es, würden sie es sich wohl verbitten. Das fängt schon an mit dem Etikett „Hure“. „Nous ne sommes pas des putes!“ lautete ihr Slogan, mit dem sie damals auf die Straße gingen, Schulter an Schulter mit aus Paris angereisten Feministinnen, die ihren Protest begleiteten und unterstützten. „Wir sind keine Huren!“, sondern Menschen. Die Frauen in Lyon kämpften damals für ihre Rechte – und nicht für die von Zuhältern und Bordellbetreibern.

Diese "Sexarbeiter_innen" sind GEGEN ein Verbot von Flatrates und Gang-Bang-Praktiken.

Auf dem verwackelten Gründungsfoto der „Sexarbeiter_innen“ sieht man knapp dreißig Frauen, viele verdeckt, plus einen Mann. Seither taucht das immer gleiche halbe Dutzend in Talkshows und auf Events auf, erzählt, was für einen Spaß das macht, sich zu prostituieren, und plädiert für die Anerkennung der Prostitu­tion als „Beruf wie jeder andere“. Diese Frauen haben Namen wie Undine, Amber oder Fabienne und sind auffallend häufig als Dominas, also im Sadomaso-Bereich tätig bzw. waren es. In einigen Fällen betreiben sie inzwischen lieber selber „Studios“, in denen sie zusammen agieren oder aber andere Frauen anschaffen lassen.

Ihnen gegenüber stehen geschätzte 400000 Frauen, die als Prostituierte arbeiten. Etwa 70 Prozent (Schätzungen der Pro-Prostitutions-Front) bis zu 98 Prozent (Schätzungen der Polizei) sind Migrantinnen und kommen in der Regel aus den ärmsten osteuropäischen Ländern. Die Dominas vom „Berufsverband“ sprechen also nur für ein paar Prozent der deutschen Prostituierten. Trotzdem war diese atypische, verschwindend kleine Minderheit über Jahre vorrangiger Ansprechpartner der Politik und der quasi einzige Ansprechpartner unter den Prostituierten.

Dabei vertreten diese „Fachfrauen“ keineswegs die Interessen der Prostituierten, sondern eher die Interessen der Zuhälter und Bordellbetreiber – bis hin zu denen der Menschenhändler, indem sie deren entscheidende Rollen im Prostitutions­geschäft verharmlosen oder gar leugnen.

Der "Berufsverband" der "Sexarbeiter_innen" ist ein dreister Etikettenschwindel.

Das lässt sich auch der 23-seitigen Stellungnahme der „Sexarbeiter_innen“ für das Frauenministerium vom 12. Juni 2014 entnehmen, die sich wie ein Produkt ausgefuchster Juristen liest. Hier wird mit rechtsstaatlich ausgefeilten Argumenten nicht den Interessen der Frauen in der Prostitution das Wort geredet, sondern denen der Sexbranche, die längst in der Faust der Organisierten Kriminalität ist.

In dieser Stellungnahme des „Berufsverbandes“ der „Sexarbeiter_innen“ wird die „Entkriminalisierung der Sexarbeit“ gefordert – aber für wen? Frauen und Männer, die sich prostituieren, machen sich deswegen in Deutschland schon lange nicht mehr strafbar. Die Stellungnahme der „Sexarbeiter_innen“ enthält fast ausschließlich Forderungen, die die Händler mit der Ware Frau entkriminalisieren: Sie plädieren gegen eine Anhebung des Schutzalters auf 21, gegen verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen und gegen eine Kondompflicht. Dafür fordern sie die ersatzlose Streichung der Strafparagraphen gegen „Zuhälterei“, die „Ausbeutung von Prostituierten“ und „jugend­gefährdender Prostitution“. Die „Sexarbeiter_innen“ möchten, dass die Polizei sich möglichst ganz raushält aus dem Gewerbe: Der „Berufsverband“ ist gegen eine „Erlaubnis- oder Überwachungspflicht von Prostitutionsstätten“ und für eine „Einstellung der anlassunabhängigen Kontrollen durch die Polizeibehören“. Das sei eine „Störung des Betriebsablaufes“. Also: Freie Bahn für Zuhälter und Menschenhändler.

Dafür plädiert der „Berufsverband“ für staatlich geförderte „Einstiegsberatung“ in die Prostitution und „Fortbildung“. Welche Praktiken so eine „Fortbildung“ lehren könnte, ist der Website des „Berufsverbandes“ zu entnehmen: Da sind die Sexarbeiter_innen gegen ein Verbot von Flatrate und Gang-Bang (simulierte Gruppenvergewaltigung). Zynischer geht’s nimmer.

Der geplante "Sexarbeits-Kongress" will in Berlin die Politik beeinflussen.

Der vorgebliche Berufsverband arbeitet gleichzeitig auf eine totale Deregulierung der Prostitution in Deutschland sowie auf eine stärkere Förderung und Ausweitung der Prostitution hin. Die Damen Sexarbeiter_innen sind also schlicht Lobbyistinnen der Prostitutionsbranche. Und sie geben sich inzwischen auch gar nicht mehr die Mühe, das noch länger zu kaschieren.

So schrieb Johanna Weber am 30. Juni 2014 im Namen des „Berufsverbandes“ einen Brief an die „Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schwesig“. Darin gratuliert sie der für Prostitution zuständigen Ministerin zu der offensichtlich bereits erfolgten „politischen und juristischen Trennung der Themenbereiche Menschenhandel und Prostitution“ sowie zu dem „partizipativen Ansatz, Sexarbeiter_innen und Betreibe­r_in­nen mit einzubeziehen“.

All das wäre eigentlich schon mehr als genug. Doch Weber unterzeichnet den Brief nicht allein. Mitunterzeichner ist Holger Rettig, Vorsitzender des sehr undurchsichtigen „Unternehmerverbandes Erotikgewerbe Deutschland e.V.“. Der Verband wurde 2007 gegründet und hat, laut Rettig, 170 Mitglieder. Außer ihm ist allerdings bisher noch keines an die Öffentlichkeit getreten (siehe S. 49). Der Unternehmerverband der Bordellbesitzer und der „Berufsverband“ der Prostituierten machen also Schulter an Schulter gemeinsame Lobbyarbeit für ein genehmes Gesetz. Das ist, wie wenn der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften zusammen kämpfen würden. Der Begriff „Berufsverband“ ist also reiner Etikettenschwindel.

Umsatz im Sex-Gewerbe: 2013 allein in Deutschland 14,6 Milliarden Euro: 1.000 % Profit

Es geht bei Prostitution und Menschenhandel um viel. Um sehr viel. In der Prostitution fließen nicht nur Millionen staatlicher Fördergelder, sondern werden vor allem Milliarden-Umsätze gemacht – allein in Deutschland im Jahr 2013 laut Statistischem Bundesamt 14,6 Milliarden Euro. Die Profitraten liegen bei bis zu tausend Prozent. Davon können die Drogen- und Waffenhändler nur träumen.

Da mangelt es LobbyistInnen natürlich nicht an Power und Geld für aufwändige Websites, juristisch ausgefeilte Stellungnahmen und Kongresse. Demgegenüber stehen Hunderttausende namenlose, bitterarme Prostituierte, deren Verdienst unter dem Mindestlohn liegt und die in den meisten Fällen noch nicht einmal Deutsch können.

Doch übrigens, wer ist denn nun eigentlich Fabienne Freymadl, die zweite „Hure“, die in Berlin PolitikerInnen berät? Die 35-Jährige kommt aus dem erzkatholischen Freising, wo auch der deutsche Papst lange segensreich gewirkt hat, und ist nach eigenen Angaben „Sadistin aus Passion“ (Was ja in den Kreisen öfter vorkommen soll). Freymadl tritt auch schon mal als „Firelilly“ auf Partys auf, inklusive „Burlesquetanz“ oder „Kinderschminken“. Oder sie steht als Goldengel auf Stelzen auf Weihnachtsmärkten. Ist doch eigentlich niedlich, oder?

Manchen macht es Spaß, Männer zu quälen. Diese lassen sich dafür bezahlen.

Als Domina allerdings ist die Vielseitige schon strenger. Sie ist spezialisiert im Schmerzzufügen („Dein Leid lässt meine Augen glänzen.“). Ihre Spezialität ist ein „Straflager mit authentischem Ambiente“. Da können ihre Kunden sich der „Lagerordnung“ unterwerfen, werden verhört, angekettet und gequält, mindestens zwölf Stunden lang oder auch länger. Vielleicht sollten einige Damen und Herren PolitikerInnen aus der Hauptstadt dort mal eine Ortsbesichtigung machen?

Führend bei den Lobbyistinnen sind deutsche Dominas. Sicher, es mag manchen Damen ja durchaus Spaß machen, Männer zu quälen. Sowas nennt man normalerweise schlicht Männerhass. Dass diese Männerhasserinnen sich das von Männern auch noch gerne bezahlen lassen, ist verständlich. Aber dass sie sich auf Kosten von hunderttausenden Frauen als Lobbyistinnen des Sexgewerbes bei Politik und Medien andienen – das geht zu weit. Dem sollte Einhalt geboten werden. Und zwar rasch!

 

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Englische Fassung des Artikels
Prostitution: Argumente gegen Scheinargumente

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