Gesetzgebung: Vorher - Nachher

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1976 - Namensrecht

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Vorher Wenn Frau Meier Herrn Schlunz heiratete, hieß sie zwingend Frau Schlunz. 1976 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das gegen Artikel 3 verstoße: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Auch Männer konnten ab jetzt den Namen ihrer Ehefrau annehmen, aber: einigten sich die Eheleute nicht, wurde automatisch der Name des Mannes zum Ehenamen (Plan B: der Doppelname). Erst 1991 entschied das Bundesverfassungsgericht: Die automatische Übernahme des Männernamens verstößt gegen das Grundgesetz.
Nachher Männer wie Frauen können bei Eheschließung ihren Namen behalten. Von dieser Möglichkeit macht in Großstädten jedes fünfte Paar Gebrauch.

1977 - Eherecht

Vorher Mit der Eheschließung war Frau Schlunz gesetzlich „zur Führung des Haushalts verpflichtet“. Berufstätig durfte sie nur sein, wenn sie „ihre familiären Verpflichtungen nicht vernachlässigt“. Fand der Ehemann, das sei der Fall, konnte er die Stelle seiner Frau kündigen, ohne sie auch nur zu fragen.
Nachher Mit der Reform des Ehe- und Familienrechts wird die gesetzlich verordnete Hausfrauenehe de facto abgeschafft. Jetzt ist die Aufteilung der Aufgaben „den Eheleuten überlassen“.

1977 - Scheidungsrecht

Vorher Verließ Frau Schlunz ihren Mann (weil er sie betrog oder schlug, zum Beispiel), galt das nach dem „Schuldprinzip“ als „böswilliges Verlassen“. Als „Schuldige“ bekam Frau Schlunz keinen Unterhalt, stand also finanziell vor dem Nichts. Auch das Sorgerecht erhielt sie nicht.
Nachher Statt des Schuldprinzips gilt jetzt das „Zerrüttungsprinzip“. Im BGB heißt es schlicht: „Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist.“

1979 - Polizeigesetz

Vorher Frauen durften nicht Polizistinnen werden. Wenn überhaupt wurden sie als WKP (Weibliche Kriminalpolizei) in Jugend- und Sitten-Dezernaten zur Betreuung von Jugendlichen und Prostituierten eingesetzt. Sie durften keine Waffe tragen.
Nachher 1979 öffnet der Stadtstaat Hamburg als erstes Bundesland die Polizei für Frauen. 1986 bestätigt die Innenministerkonferenz offiziell die Eignung von Frauen für alle Bereiche der Polizei, inklusive Bundesgrenzschutz. Inzwischen ist die Doppelstreife, Polizist und Polizistin, ein normaler Anblick.

1980 - Gleicher Lohn

Vorher Frauen bekommen für die gleiche Arbeit niedrigere Stundenlöhne als Männer. Unternehmen dürfen für eine Stelle gezielt nur männliche Bewerber suchen.
Nachher Nach dem Sieg der „Heinze-Frauen“ im Mai 1979 (siehe Chronik) wird das Recht auf gleiches Entgelt im BGB festgeschrieben. Stellenanzeigen müssen geschlechtsneutral ausgeschrieben werden.

1997 - Strafrechtsreform

Vorher Als Vergewaltigung gilt ausschließlich der erzwungene „außereheliche Beischlaf“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang von Stetten erklärt: „Zum ehelichen Leben gehört auch, die Unlust des Partners zu überwinden. Der Ehemann ist nicht darauf aus, ein Verbrechen zu begehen – manche Männer sind einfach rabiater.“
Nachher Das neue Strafrecht stellt alle erzwungenen – auch eheliche – „sexuelle Handlungen“ unter Strafe. Als besonders schwerer Fall gilt das „Eindringen in den Körper“, also auch orale und anale Vergewaltigung.

1998 - Kindschaftsrecht

Vorher Nicht eheliche Kinder sind nur begrenzt erb- und unterhaltberechtigt. Die Eltern nicht ehelicher Kinder dürfen kein gemeinsames Sorgerecht ausüben. Das Jugendamt übernimmt automatisch eine Amtspflegschaft für das Kind (bis 1970 war es sogar Vormund).
Nachher Das deutsche Recht unterscheidet nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern. Sie sind sogar gleich erbberechtigt. Die Amtspflegschaft des Jugendamtes wird abgeschafft.

2001 - Homo-Ehe

Vorher Gleichgeschlechtliche Paare werden vor dem Gesetz wie Fremde behandelt.
Nachher Frauen- und Männerpaare können die Eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Heute gibt es kaum noch Unterschiede zwischen Homo- und Hetero-Ehe.

2001 - Recht auf Teilzeit

Vorher Es besteht kein Rechtsanspruch auf Teilzeit-Arbeit.
Nachher ArbeitnehmerInnen haben einen Anspruch auf Teilzeit-Arbeit, wenn in ihrem Betrieb mehr als 15 Menschen arbeiten und dem Modell keine „betrieblichen Gründe“ entgegenstehen. Die Folgen der Reform sind fragwürdig. Heute arbeiten 69 Prozent der berufstätigen Mütter mit minderjährigen Kindern teilzeit - aber nur fünf Prozent der Väter.

2001 - Gewaltschutzgesetz

Vorher Einer Frau, die von ihrem Ehemann/Lebensgefährten misshandelt wurde, blieb keine andere Möglichkeit, als die gemeinsame Wohnung zu verlassen.
Nachher Schläger müssen auf polizeiliche Anweisung zunächst die Wohnung für zehn Tage verlassen. Nach der „Wegweisung“ benachrichtigt die Polizei automatisch eine Frauenberatungsstelle, die Kontakt mit dem Opfer aufnimmt. Beantragt die Frau, dass sie in der Wohnung bleiben möchte, wird sie ihr in der Regel gerichtlich zugesprochen.

2016 - Vergewaltigung

Vorher Der Täter muss dem Opfer mit einer "Gefahr für Leib und Leben drohen". Auch, wenn der Täter eine "schutzlose Lage" des Opfers ausnutzt, gilt dies laut Gesetz als Vergewaltigung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung misst der Tatsache, dass der Täter sich über den erklärten Willen des Opfers hinwegsetzt, regelmäßig keine Bedeutung zu. So begründet der Bundesgerichtshof im Jahr 2006 einen Freispruch wie folgt: Dass „der Angeklagte der Nebenklägerin die Kleidung vom Körper gerissen und gegen deren ausdrücklich erklärten Willen den Geschlechtsverkehr durchgeführt hat“, belege „nicht die Nötigung des Opfers durch Gewalt. Das Herunterreißen der Kleidung allein reicht zur Tatbestandserfüllung nicht aus“. Die Vergewaltigung eines Opfers mit Behinderung gilt als minderschwerer Fall. Sexuelle Belästigung ist im Sexualstrafrecht überhaupt nicht erfasst.
Nachher Nein heißt Nein! Nun heißt es im Gesetz: „Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ Außerdem erkennt das Gesetz an, dass Opfer manchmal nicht zum Widerstand in der Lage sind, also zum Beispiel aus Angst in eine Schockstarre verfallen. Außerdem gilt eine Vergewaltigung jetzt als besonders schwerer Fall, wenn „die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht“. Auch sexuelle Belästigung durch das sogenannte Grabschen ist jetzt strafbar.

 

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