Internationale Kritik an Deutschland

Susanne Riegler, Ulrike Maier, Sabine Constabel, Ingeborg Kraus, Jana Koch-Krawczak & Tobias Aiff (v. li.).
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Rachel Moran fand klare Worte für die deutsche Prostitutionspolitik: „We are not interested in baby steps anymore. What Germany needs, is the Nordic Model“, sagte sie. "Wir wollen uns nicht mehr mit Babyschritten abgeben. Was Deutschland braucht, ist das Nordische Modell." Die Irin weiß, wie es sich anfühlt. Mit 15 geriet die heute 38-Jährige in die Prostitution. Heute ist sie mit ihrer Organisation SPACE international eine bekannte Aktivistin für ein Verbot des Frauenkaufs. Und wie alle der rund 250 TeilnehmerInnen des Kongresses, der am Wochenende in München stattfand, hat sie genug von den „Babyschritten“ gegen die milliardenschwere „Sexindustrie“, bei der hunderttausende Elendsprostituierte auf der Strecke bleiben. Die internationalen TeilnehmerInnen erwarten, dass auch die deutsche Politik endlich handelt.

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Deutschland braucht das Nordische Modell!

Die Front, die auf Einladung des Münchner Frauenprojektes Kofra zusammengekommen war, um erstens über die nächsten Schritte beim deutschen Prostitutionsgesetz und zweitens die langfristige Abschaffung der Prostitution zu debattieren, hätte breiter nicht sein können. Sie reichte von Solwodi bis Femen, von EMMA bis Terre des Femmes; von Politikerinnen über TraumatherapeutInnen bis zu JuristInnen und Polizisten.

Auch das Gäste-Spektrum aus dem Ausland war beeindruckend: Pierrette Pape von der European Women’s Lobby war gekommen und kritisierte die „neoliberale Ideologie“, die hinter der Rechtfertigung der Prostitution stecke. Und die EU-Abgeordnete Mary Honeyball, die in ihrem Bericht „Prostitution und ihre Auswirkung auf die Gleichheit der Geschlechter“ ein Verbot des Sexkaufs nach Schwedischem Modell gefordert und die Zustimmung des EU-Parlaments erkämpft hatte, war auch zur Stelle. Denn die fatale deutsche Pro-Prostitutionspolitik strahlt auf ganz Europa aus. Inzwischen ist Deutschland Einreiseland für Sextouristen.

Patric Jean, Gründer der französischen Zéromachos, gab seinen deutschen Mitkämpfern Tipps; die Vertreterinnen der spanischen Frauenpartei vernetzten sich mit der deutschen; die Mitgründerin des französischen Netzwerks Abolition 2012, Sandrine Goldschmidt, traf auf die Gründerinnen des deutschen Netzwerks Abolition 2014.

Immer wieder wurde in diesen zwei Tagen deutlich, dass heute Welten zwischen Deutschland und den Ländern liegen, die ein Sexkaufverbot eingeführt haben. So beträgt in Frankreich, dem Land, das seit 1948 ein Bordellverbot hat und jetzt die Freierbestrafung plant, die Anzahl der Prostituierten 40.000 - in Deutschland sind es heute zehnmal so viele! Kommissar Simon Häggström aus Stockholm berichtete, dass der Torwart der schwedischen Fußball-Nationalmannschaft, den die Polizei als Freier enttarnt hatte, nicht nur die Geldstrafe zahlen musste, sondern auch aus der Nationalmannschaft flog. Das setzt Zeichen. Prostitution ist in Schweden, im Gegensatz zu Deutschland, ganz und gar uncool. Stichwort: Franck Ribéry.

Es waren solche Berichte, die klarmachten, wie extrem Deutschland in Sachen Prostitution einen Sonderweg geht: zugunsten von Zuhältern und Frauenhändlern - und auf dem Rücken von hunderttausenden Elendsprostituierten. „Es ist ein Klima bei uns entstanden, in dem sich in der Politik niemand mehr traut, die heilige Kuh Prostitution zu schlachten“, bedauerte sogar Ulrike Maier von den Grünen aus Karlsruhe (Zur Erinnerung: Die offizielle Linie der grünen Parteispitze ist immer noch pro Prostitution).

Während sich ein Land nach dem anderen dem Schwedischen Modell anschließt – Kanada, Nordirland und Irland haben gerade ein Sexkaufverbot verabschiedet, Frankreich steht kurz davor – wird in Berlin noch immer um „Babyschritte“ gekämpft. Zum Beispiel um das so entscheidende Mindestalter von 21 Jahren, eine Anmeldepflicht der Prostituierten bei der Polizei und verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen. Die CDU/CSU ist bereit - die SPD mauert noch immer gegen die Korrektur des fatalen rot-grünen Gesetzes von 2002 (siehe auch die nächste EMMA).

Es war Inge Hauschildt-Schön von der "Marburger Bürgerinitiative gegen ein Großbordell", die auf eine große Gefahr hinwies. „Es muss unbedingt verhindert werden, dass die Prostitution im Gewerberecht angesiedelt wird“, erklärte sie. "Denn dann haben wir eine Art staatliche Zertifizierung für Bordelle, und die können mit diesem ‚Gütesiegel’ auch noch werben.“ Allen war klar: Der Druck auf die deutsche Politik muss in den nächsten Wochen erhöht werden. Im Januar fallen die Würfel.

Kongress ist der Auftakt in eine neue Zeit!

Am Ende des Kongresses erklomm plötzlich eine Frau die Treppe zur Bühne und griff zum Mikro. „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Ort erlebt, an dem Frauen, die in der Prostitution waren, von ihren Verletzungen und Traumatisierungen erzählen konnten, von denen nicht nur ich, sondern fast alle Prostituierten betroffen sind", sagte sie. "Dafür bin ich wahnsinnig dankbar!“ Es sei unglaublich, fuhr die Frau fort, dass „ausgerechnet linke und feministische Magazine wie taz und Missy die Stimmen von Frauen, die nicht der Pro-Prostitutionslobby angehören, völlig ignorieren.“ 

Es sei noch viel zu tun, sagte die Aussteigerin an diesem Tag in München, aber: „Dieser Kongress ist der Auftakt in eine neue Zeit“. Sie bekam minutenlangen Applaus.

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Wer sind die "Sexarbeiterinnen" wirklich?

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Am 4. September veröffentlichte die Sprecherin des „Berufs­verbandes“ der „Sexarbei­te­r_innen“, Johanna Weber, in der Huffington Post einen Offenen Brief mit dem Titel: „Aufschrei einer Prostituierten: An die Politiker, die meinen Job zerstören“. Sie habe, schreibt sie, „sehr tiefe Einblicke in den Arbeitsalltag der Bundespolitiker bekommen“. Und wenig später fährt sie fort: „Ja, und dann kommt das spannende, aber für die Politik unbequeme Thema Prostitution aufs Tablett. Unbequem, weil die Medien das Thema unberechenbar ausschlachten, denn Sex sells. Unbequem deshalb, weil hier die Doppelmoral regiert. Kaum ein Mann traut sich zu sagen, dass er sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nimmt.“

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Was will Weber, die Frontfrau der LobbyistInnen der Prostitutionsbranche, damit sagen? Sollte hier etwa gewissen Politikern gedroht werden? Politiker, die sich nicht trauen zu sagen, dass sie „sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen“? Politiker, die darum tun müssen, was die Prostitutionsbranche will – wenn sie nicht auf Seite 1 der „unberechenbaren Medien“ landen wollen?

Im Rest des offenen Briefes der Sprecherin des so genannten „Berufsverbandes“ von „Sexarbeiter_innen“ geht es fast ausschließlich um die Meldepflicht für Prostituierte. Sie ist einer der Punkte, der im Zusammenhang mit der Gesetzesreform diskutiert wird. Doch man kann nur hoffen, dass die Sorge mancher Politiker, auf Seite 1 zu landen, weil Sex sells, nicht verhindern wird, dass die Meldepflicht Gesetz wird. Denn sie macht die Prostitutionsbrache, die schon lange von der organisierten Kriminalität beherrscht wird, transparenter – und schützt die hunderttausenden Elendsprostituierten.

Die Spezialität von Johanna Weber ist: Natursekt, Kaviar und Facefarting.

Sechs Tage später, am 10. September, war eine Domina in Kanada noch deut­licher geworden. Terri-Jean Bedford hatte in einer Anhörung gedroht: „Wenn dieses Gesetz durchkommt, sorge ich dafür, dass ihr Jungs hochgeht. Denn ich habe mehr Informationen über Politiker in diesem Land, als euch lieb sein kann.“ Bedford wurde des Saales verwiesen – und das ­Gesetz verabschiedet. Seit dem 8. Oktober gilt in Kanada: Sexkauf wird bestraft, Werbung für Prostitution ist verboten und jährlich stellt der Staat 20 Millionen Dollar für Ausstiegsprojekte zur Verfügung. Das Gesetz wurde mit den 156 Stimmen der Konservativen verabschiedet – gegen 124 Stimmen von ­Sozialisten, Grünen etc.

Aber wer ist eigentlich diese Deutsche Johanna Weber, die, wie Bedford, Teil der so genannten internationalen „Hurenbewegung“ ist? Und die ebenfalls Politikern zu drohen scheint? Und was ist dieser „Berufs­verband“? EMMAs Recherche ergab ­Erstaunliches. Sehr Erstaunliches.

Mitten im Sommerloch hatte Bild.de mit der pikanten Schlagzeile getitelt: „Diese Huren beraten die Regierung“. Und sodann erfuhren die geneigten LeserInnen, dass die „Huren“ Johanna Weber (46) und Fabienne Freymadl (35) im Zusammenhang mit der geplanten Gesetzesänderung zur Prostitution in der Hauptstadt als „Fachfrauen“ gehandelt werden (Foto: Weber links). Sie nahmen an „mehreren informativen Hintergrundgesprächen“ teil, „trafen verschiedene FachpolitikerInnen von CDU/CSU und SPD, Grünen und Linken und telefonieren regelmäßig mit ihnen“ (Bild).

Johanna Weber, die politische Sprecherin vom so genannten „Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.“ beriet auch das Bundesfamilien­ministerium bei dessen Hearing zur Prostitution am 12. Juni 2014. „Die Politiker kommen oft mit vermeintlich guten Ideen zu uns, aber die passen meistens nicht zur Realität der Branche“, verrät sie. Sie weiß anscheinend, was passt.

Wer steckt eigentlich hinter diesem "Berufsverband" der "Sexarbeiter_innen"?

Doch passt sie? Es fängt damit an, dass Johanna Weber in Wahrheit Verena Johannsen heißt. Ihre Spezialität als Domina sind „Schweinereien“. Was sie damit genau meint, erläutert sie auf ihrer Website: „Natursekt“ (auf Männer urinieren), „Kaviar“ (auf Männer koten, auch direkt in den Mund), oder auch „Facefarting“ (sich auf das Gesicht des Mannes setzen und ihm in dasselbe furzen).

Diese Art von Tätigkeit ist allerdings auch für Weber/Johannsen neu. Die Frontfrau des erst vor einem Jahr gegründeten „Berufsverbandes“ für „Sexarbeiter_innen“ ist nach eigenen Angaben erst seit vier Jahren in dem Gewerbe. Vorher gab die professionelle Langstreckenläuferin Sportkurse, war im Sportmarketing aktiv und organisierte „Frauenläufe“, zum Beispiel beim Lesben-Beach-Festival. Auch politisch scheint sich die Domina eher in Frauen- bzw. Linken-Zusammenhängen zu engagieren. Nach eigenen Angaben spendet sie fünf Prozent ihrer Einnahmen, meist an „Sexworker“-Organisationen wie Hydra, aber auch schon mal an Attac oder Terre des Femmes.

Entsprechend polit-, ja bewegungs­erfahren klingen die Stellungnahmen zum ­Prostitutionsgesetz, die Weber/Johannsen (unter)schreibt. Das spielt dann nicht mehr unter der Gürtellinie, sondern kommt hochtrabend daher. Wie die 23-seitige „Stellungnahme zur Anhörung ‚Regulierung des Prostitutionsgewerbes‘“ für das Bundesfamilienministerium. Da heißt es einleitend:

„Wir entschuldigen uns dafür, unsere Stellungnahme nicht zum gewünschten Termin am 2. Juni 2014 eingereicht zu haben. Der 2. Juni, der Internationale Hurentag, ist ein Gedenktag der Hurenbewegung. An diesem Tag im Jahre 1975 traten französische Sexarbeiterinnen in einen Streik und besetzten eine Kirche von Lyon, um sich gegen Polizeigewalt und anhaltende Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Das Ereignis gilt als Ursprung der weltweiten Hurenbewegung. Unsere Stellungnahme widmen wir deshalb diesen tapferen Kolleg_innen.“ 

Kolleginnen? Die in der Tat sehr tapferen Prostituierten in Lyon können sich leider nicht wehren. Denn sie kennen Johanna Weber nicht und ahnen nicht, was da in ihrem Namen verzapft wird. Wüssten sie es, würden sie es sich wohl verbitten. Das fängt schon an mit dem Etikett „Hure“. „Nous ne sommes pas des putes!“ lautete ihr Slogan, mit dem sie damals auf die Straße gingen, Schulter an Schulter mit aus Paris angereisten Feministinnen, die ihren Protest begleiteten und unterstützten. „Wir sind keine Huren!“, sondern Menschen. Die Frauen in Lyon kämpften damals für ihre Rechte – und nicht für die von Zuhältern und Bordellbetreibern.

Diese "Sexarbeiter_innen" sind GEGEN ein Verbot von Flatrates und Gang-Bang-Praktiken.

Auf dem verwackelten Gründungsfoto der „Sexarbeiter_innen“ sieht man knapp dreißig Frauen, viele verdeckt, plus einen Mann. Seither taucht das immer gleiche halbe Dutzend in Talkshows und auf Events auf, erzählt, was für einen Spaß das macht, sich zu prostituieren, und plädiert für die Anerkennung der Prostitu­tion als „Beruf wie jeder andere“. Diese Frauen haben Namen wie Undine, Amber oder Fabienne und sind auffallend häufig als Dominas, also im Sadomaso-Bereich tätig bzw. waren es. In einigen Fällen betreiben sie inzwischen lieber selber „Studios“, in denen sie zusammen agieren oder aber andere Frauen anschaffen lassen.

Ihnen gegenüber stehen geschätzte 400000 Frauen, die als Prostituierte arbeiten. Etwa 70 Prozent (Schätzungen der Pro-Prostitutions-Front) bis zu 98 Prozent (Schätzungen der Polizei) sind Migrantinnen und kommen in der Regel aus den ärmsten osteuropäischen Ländern. Die Dominas vom „Berufsverband“ sprechen also nur für ein paar Prozent der deutschen Prostituierten. Trotzdem war diese atypische, verschwindend kleine Minderheit über Jahre vorrangiger Ansprechpartner der Politik und der quasi einzige Ansprechpartner unter den Prostituierten.

Dabei vertreten diese „Fachfrauen“ keineswegs die Interessen der Prostituierten, sondern eher die Interessen der Zuhälter und Bordellbetreiber – bis hin zu denen der Menschenhändler, indem sie deren entscheidende Rollen im Prostitutions­geschäft verharmlosen oder gar leugnen.

Der "Berufsverband" der "Sexarbeiter_innen" ist ein dreister Etikettenschwindel.

Das lässt sich auch der 23-seitigen Stellungnahme der „Sexarbeiter_innen“ für das Frauenministerium vom 12. Juni 2014 entnehmen, die sich wie ein Produkt ausgefuchster Juristen liest. Hier wird mit rechtsstaatlich ausgefeilten Argumenten nicht den Interessen der Frauen in der Prostitution das Wort geredet, sondern denen der Sexbranche, die längst in der Faust der Organisierten Kriminalität ist.

In dieser Stellungnahme des „Berufsverbandes“ der „Sexarbeiter_innen“ wird die „Entkriminalisierung der Sexarbeit“ gefordert – aber für wen? Frauen und Männer, die sich prostituieren, machen sich deswegen in Deutschland schon lange nicht mehr strafbar. Die Stellungnahme der „Sexarbeiter_innen“ enthält fast ausschließlich Forderungen, die die Händler mit der Ware Frau entkriminalisieren: Sie plädieren gegen eine Anhebung des Schutzalters auf 21, gegen verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen und gegen eine Kondompflicht. Dafür fordern sie die ersatzlose Streichung der Strafparagraphen gegen „Zuhälterei“, die „Ausbeutung von Prostituierten“ und „jugend­gefährdender Prostitution“. Die „Sexarbeiter_innen“ möchten, dass die Polizei sich möglichst ganz raushält aus dem Gewerbe: Der „Berufsverband“ ist gegen eine „Erlaubnis- oder Überwachungspflicht von Prostitutionsstätten“ und für eine „Einstellung der anlassunabhängigen Kontrollen durch die Polizeibehören“. Das sei eine „Störung des Betriebsablaufes“. Also: Freie Bahn für Zuhälter und Menschenhändler.

Dafür plädiert der „Berufsverband“ für staatlich geförderte „Einstiegsberatung“ in die Prostitution und „Fortbildung“. Welche Praktiken so eine „Fortbildung“ lehren könnte, ist der Website des „Berufsverbandes“ zu entnehmen: Da sind die Sexarbeiter_innen gegen ein Verbot von Flatrate und Gang-Bang (simulierte Gruppenvergewaltigung). Zynischer geht’s nimmer.

Der geplante "Sexarbeits-Kongress" will in Berlin die Politik beeinflussen.

Der vorgebliche Berufsverband arbeitet gleichzeitig auf eine totale Deregulierung der Prostitution in Deutschland sowie auf eine stärkere Förderung und Ausweitung der Prostitution hin. Die Damen Sexarbeiter_innen sind also schlicht Lobbyistinnen der Prostitutionsbranche. Und sie geben sich inzwischen auch gar nicht mehr die Mühe, das noch länger zu kaschieren.

So schrieb Johanna Weber am 30. Juni 2014 im Namen des „Berufsverbandes“ einen Brief an die „Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schwesig“. Darin gratuliert sie der für Prostitution zuständigen Ministerin zu der offensichtlich bereits erfolgten „politischen und juristischen Trennung der Themenbereiche Menschenhandel und Prostitution“ sowie zu dem „partizipativen Ansatz, Sexarbeiter_innen und Betreibe­r_in­nen mit einzubeziehen“.

All das wäre eigentlich schon mehr als genug. Doch Weber unterzeichnet den Brief nicht allein. Mitunterzeichner ist Holger Rettig, Vorsitzender des sehr undurchsichtigen „Unternehmerverbandes Erotikgewerbe Deutschland e.V.“. Der Verband wurde 2007 gegründet und hat, laut Rettig, 170 Mitglieder. Außer ihm ist allerdings bisher noch keines an die Öffentlichkeit getreten (siehe S. 49). Der Unternehmerverband der Bordellbesitzer und der „Berufsverband“ der Prostituierten machen also Schulter an Schulter gemeinsame Lobbyarbeit für ein genehmes Gesetz. Das ist, wie wenn der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften zusammen kämpfen würden. Der Begriff „Berufsverband“ ist also reiner Etikettenschwindel.

Umsatz im Sex-Gewerbe: 2013 allein in Deutschland 14,6 Milliarden Euro: 1.000 % Profit

Es geht bei Prostitution und Menschenhandel um viel. Um sehr viel. In der Prostitution fließen nicht nur Millionen staatlicher Fördergelder, sondern werden vor allem Milliarden-Umsätze gemacht – allein in Deutschland im Jahr 2013 laut Statistischem Bundesamt 14,6 Milliarden Euro. Die Profitraten liegen bei bis zu tausend Prozent. Davon können die Drogen- und Waffenhändler nur träumen.

Da mangelt es LobbyistInnen natürlich nicht an Power und Geld für aufwändige Websites, juristisch ausgefeilte Stellungnahmen und Kongresse. Demgegenüber stehen Hunderttausende namenlose, bitterarme Prostituierte, deren Verdienst unter dem Mindestlohn liegt und die in den meisten Fällen noch nicht einmal Deutsch können.

Doch übrigens, wer ist denn nun eigentlich Fabienne Freymadl, die zweite „Hure“, die in Berlin PolitikerInnen berät? Die 35-Jährige kommt aus dem erzkatholischen Freising, wo auch der deutsche Papst lange segensreich gewirkt hat, und ist nach eigenen Angaben „Sadistin aus Passion“ (Was ja in den Kreisen öfter vorkommen soll). Freymadl tritt auch schon mal als „Firelilly“ auf Partys auf, inklusive „Burlesquetanz“ oder „Kinderschminken“. Oder sie steht als Goldengel auf Stelzen auf Weihnachtsmärkten. Ist doch eigentlich niedlich, oder?

Manchen macht es Spaß, Männer zu quälen. Diese lassen sich dafür bezahlen.

Als Domina allerdings ist die Vielseitige schon strenger. Sie ist spezialisiert im Schmerzzufügen („Dein Leid lässt meine Augen glänzen.“). Ihre Spezialität ist ein „Straflager mit authentischem Ambiente“. Da können ihre Kunden sich der „Lagerordnung“ unterwerfen, werden verhört, angekettet und gequält, mindestens zwölf Stunden lang oder auch länger. Vielleicht sollten einige Damen und Herren PolitikerInnen aus der Hauptstadt dort mal eine Ortsbesichtigung machen?

Führend bei den Lobbyistinnen sind deutsche Dominas. Sicher, es mag manchen Damen ja durchaus Spaß machen, Männer zu quälen. Sowas nennt man normalerweise schlicht Männerhass. Dass diese Männerhasserinnen sich das von Männern auch noch gerne bezahlen lassen, ist verständlich. Aber dass sie sich auf Kosten von hunderttausenden Frauen als Lobbyistinnen des Sexgewerbes bei Politik und Medien andienen – das geht zu weit. Dem sollte Einhalt geboten werden. Und zwar rasch!

 

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Englische Fassung des Artikels
Prostitution: Argumente gegen Scheinargumente

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