Schweizer Frauenstreik reloaded!
Der Countdown läuft. Nur noch wenige Stunden, dann geht er los: der Schweizer Frauenstreik 2019! Und so wie es scheint, werden die Helvetierinnen auch diesmal, 28 Jahre nach dem legendären Frauenstreik 1991, mit kreativen Aktionen das ganze Land lahmlegen. Motto: „Gleichstellung. Punkt. Schluss!“
Allein in Bern ist einiges los: Um 10.30 Uhr startet in der Hauptstadt die Kinderwagen-Demo vom Bärengraben zum Bundesplatz und fordert höhere Löhne für Erzieherinnen. Um elf Uhr beginnen die „Lärmaktionen“ vor den Betrieben. Um 15 Uhr starten die Frauen vom „Silberteam“ ihre „Staubsaugeraktion“, um dagegen zu protestieren, dass ihre Renten ein Drittel niedriger sind als die der Männer.
Frauenstreik-Aktionen sollen das ganze Land lahmlegen
Und so geht das in der ganzen Schweiz. Auf der interaktiven Frauenstreik-Landkarte ploppen unzählige kleine Frauenfäuste auf, jede Faust eine Aktion für die Gleichstellung. Zum Streik aufgerufen haben der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die feministische Nationale Streikversammlung. Letztere hatte am 10. März, gleich nach dem Internationalen Frauentag, in Biel das Manifest zum Frauenstreik verabschiedet (Foto oben).
Über 500 Frauen beschlossen die 17 Forderungen, allen voran: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit! Aufwertung der so genannten „Frauenberufe“, ein Mindestlohn, gerechte Verteilung der Haus- und Sorgearbeit! Schluss mit der Bagatellisierung sexueller Gewalt, Umsetzung der Istanbul-Konvention, Schutz von geflüchteten Frauen vor Gewalt. Und so weiter.
Auch drei Jahrzehnte nach dem Frauenstreik 1991 sind also immer noch viele Forderungen offen. Hunderttausende Frauen hatten damals ihre Arbeit in Büro, Fabrik und Küche niedergelegt und die Straßen in ein Meer aus rosa und lila Luftballons verwandelt. In Bern stürmten Frauen mit Trillerpfeifen und Transparenten den abgesperrten Bundesplatz, wo Honoratioren eigentlich den 700. Jahrestag der Eidgenossenschaft begehen wollten. Auch solidarische Männer machten mit und bügelten öffentlich ihre Hemden.
30 Jahre später: Noch viele Forderungen offen!
Die Frauen waren sauer. Denn genau zehn Jahre zuvor, am 14. Juni 1981, war der hart erkämpfte Gleichstellungsartikel in die Schweizer Verfassung aufgenommen worden, aber es war nichts passiert: Kein gleicher Lohn! Kein Recht auf Abtreibung! Keine Kinderbetreuung! Der Streik war eine Sensation. Es war die größte politische Protestaktion aller Schweizer Zeiten.
Nun also: Frauenstreik reloaded! In Degerswil bilden Frauen eine Menschenkette um die katholische Kirche. In Schaffhausen schwimmen Frauen mit Pussyhats gegen Lohndiskriminierung. In der Stadtbücherei Rheinfelden werden Texte von Hedwig Dohm gelesen. Keine Frage: Die Eidgenossinnen sind auch knapp drei Jahrzehnte nach ihren ersten Frauenstreik noch immer in Übung.