Frauenabteile: Die totale Kapitulation
War das eine Medien-Ente im Wonnemonat Mai? Zwei Heftseiten widmete der Spiegel in seiner Ausgabe vom 17. Mai den „Abteilen gegen Angst“. Es geht um die Angst der Frauen. Vor den Männern. Und eine gewisse Alex Born, 35 (und Leaderin der Band „Alex Born to be wild“), hatte am 14. April eine Petition „Sichere FLINTA*-Waggons jetzt“ gestartet. Zwei Wochen später hatte sie schon über 23.000 Unterschriften. In Hamburg erreichte eine ähnliche Petition in kurzer Zeit 38.000 Unterschriften. Und in Berlin hatte die Grünen-Politikerin Antje Kapek bereits Ende vergangenen Jahres Frauenabteile in der U-Bahn gefordert.
Die Zahl der Männer, die Frauen aus dem öffentlichen Raum vertreiben wollen, steigt
Das Problem ist nicht neu. Im Alter von Alex Born habe ich mich schon schwer gehütet vor der Pariser Metro und bin ausschließlich Bus gefahren. Und auch ein zunehmendes Alter schützt nicht vor obszönen Männerblicken und körperlichen Übergriffen.
Die seit zehn, zwanzig Jahren zuziehenden jungen Männer aus Kulturen, in denen Frauen vollkommen rechtlos sind, oft weniger wert als ein Tier und in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben, sie haben das Problem nicht gerade kleiner gemacht. Die Zahl der Männer, die Frauen für Freiwild halten und aus dem öffentlichen Raum vertreiben wollen, nimmt zu.
Ich musste spontan an die Silvesternacht 2015/16 denken, in der nicht nur in Köln die Frauen von solchen Männern mit (sexueller) Gewalt aus der Öffentlichkeit verjagt wurden. Kurz vorher hatte es dieselbe Sorte Mann auf dem Tahrir-Platz in Kairo durchexerziert: Den Frauen ein für allemal klar machen, dass sie außerhalb des Hauses nichts zu suchen haben! Selbst die verschleierten Frauen wurden in dem islamischen Land verjagt, Unsichtbarmachung durch Verhüllung genügte nicht.
Aber wir Frauen im Westen haben in den vergangenen 50 Jahren das Haus und die Frauenecke verlassen und sind in die Welt gegangen. Auf diesem Weg dürfen wir uns durch nichts aufhalten lassen, meine ich. Doch gleichzeitig müssen wir selbstverständlich fordern, dass alle sinnvollen Maßnahmen zum Schutz von Menschen vor Gewalt im öffentlichen Raum ergriffen werden – und hier vor allem zum Schutz der verstärkt bedrohten Frauen.
Die Opfer sexueller Belästigung in der Berliner U-Bahn machen 92 Prozent aller Opfer aus, die Täter sind zu 99 Prozent Männer. Das weiß auch die BVG (Berliner Verkehrsgesellschaft). Sie plant trotzdem keine „Frauenabteile“ und weist auf ihre bisherigen Sicherheitsmaßnahmen hin. Aber die genügen eben noch nicht.
Öffentliche Verkehrsmittel müssen ein garantiert sicherer Bereich für alle Menschen sein bzw. werden. Ist die Forderung nach „Frauenabteilen“ in der U-Bahn also berechtigt? Das Thema hat auf jeden Fall nicht zufällig einen zentralen Nerv der Frauen getroffen.
Nicht ganz ohne Komik ist bei der Petition der wilden Alex übrigens, dass sie nicht etwa „Frauenabteile“ fordert, sondern „Sichere FLINTA*-Waggons“. Für Nicht-Eingeweihte, FLINTA bedeutet: „Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nicht-binäre, trans* und agender-Personen“. Nach der von Pro-Transideologen propagierten Auffassung könnte demnach auch jeder Mann jederzeit ins „FLINTA-Abteil“. Es genügt, wenn er erklärt: „Ich fühle mich als Frau“ (Mit diesem Trick ist es in europäischen Gefängnissen schon einigen verurteilten Sexualverbrechern gelungen, in den Frauentrakt verlegt zu werden). Aber das ist noch mal ein anderes, wenn auch nicht minder großes Problem.
Ihr EMMA-Leserinnen habt uns so viel und so Kluges geschrieben zu dem Problem der sexuellen Gewalt (nicht nur in der U-Bahn) und der Forderung von Frauenabteilen, deshalb nachfolgend eure Briefe.
ALICE SCHWARZER
MÄNNER REIN IN MÄNNERABTEILE!
Die Quelle der Gefahr soll isoliert werden. Männer-Abteile sind die Lösung! Alexandra Budnitski
Ich will keine Geschlechter-Apartheid, ich will, dass hier eine andere Politik gemacht wird! Curlie Su
Ich möchte in jedem Waggon in der U-, S- oder sonstigen Bahn oder im Bus gut und sicher nach Hause kommen. Es ist eine Kernaufgabe des Staates, für Recht und Ordnung zu sorgen! Victoria Hoppe
Besser statt Segregation: Männer zu Menschen erziehen. Ilona L’Homme
Nein, keine „FLINTA*-Abteile! Es muss „Frauen-Abteile“ heißen. Manuela Hartmann
Erst kommen die Frauenabteile und später die Burka. Und wenn Frau das nicht mitmacht, dann ist sie halt selbst schuld, wenn sie belästigt wird. Andrea Bröker
Mal ein bisschen weitergedacht. Einige Frauen gehen ins Frauenabteil, dadurch sind weniger Frauen im gemischten Abteil, also mehr Männer pro anwesende Frau. Gegebenenfalls nutzen das einige Männer gezielt aus und schüchtern die verbliebenen Frauen ein, damit sie „freiwillig“ ins Frauenabteil gehen, noch weniger Frauen trauen sich ins gemischte Abteil usw. Der Teufelskreis ist da doch schon vorprogrammiert. Tina Alice
Ich wurde schon einige Male belästigt, würde aber keinesfalls getrennte Waggons wollen. Das sehe ich als zivilisatorischen Rückschritt. Was machen all diese kleinen Zugeständnisse mit unserer Gesellschaft? Jeder Schritt zieht einen neuen nach sich – aber nicht jeder ist eine Verbesserung. Kerstin Rheingold
Sonderabteile für Männer und auch auf dem Bahnsteig dürfen sie nur einen bestimmten Bereich benutzen. Der gesamte sonstige Platz steht selbstverständlich Frauen zur Verfügung. So herum wäre es logisch. Denn es sollen ja die Täter gestoppt werden. Ulrike Ascher
Ein männerfreies (XY-Chromosomen-freies) Frauenabteil wäre der einzige Grund für mich, Bus oder Bahn noch eine Chance zu geben. Ansonsten bleib ich gern beim Auto. Ohne Belästigung. Selena Broens
Ich bin für ein Ausgehverbot für Männer von 20 bis 6 Uhr – es sei denn, sie haben ein Unbedenklichkeits-Zertifikat. Vica Bigs
Ich bin keine „FLINTA“, sondern ’ne Frau. Ich nutze das U-Bahn-Abteil, in dem Platz ist. Fertig. Antje Weismantel
Was kommt dann als nächstes? Ein Waggon für Juden, je einer für Christen oder Muslime; einer für Kinder, einer für Lesben oder Schwule, einer nur für grölende Fußballfans, einer für Senioren, einer für Behinderte, Radfahrer, BDSM-Anhän-
ger …? Das ist der Anfang vom Ende des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der normalen Anforderungen, zu lernen, tolerant miteinander klarzukommen im Rahmen von Demokratie, unserem feinen Grundgesetz und Strafrecht. Claudia Lehleitner
Ich glaube, Frauen dulden zu viel und schweigen zu viel. Im Grunde sollten Frauen sich jedes Mal die Zeit nehmen und jeden Übergriff bis zur kleinsten sexuellen Belästigung konsequent bei der Polizei anzeigen, so dass das wahre Ausmaß registriert und bekannt ist. Maria Klein
Ein klares Nein zur Separation von Menschen! Soll das etwa das neue bunt sein? Die Täter gehören endlich gescheit bestraft. Britta Goebel
Abgesehen davon, dass es reines politisches Versagen ist, wenn das wieder notwendig ist: Wozu Frauenabteile, wenn eh jeder eine Frau sein kann? Sabina Grömmer
Es wird wohl wieder Zeit, aufzustehen! K. S.
Ausgabe bestellen