Entschädigung für Rana-Plaza-Opfer

TextilarbeiterInnen protestieren.
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Frau Burckhardt, der Einsturz des Fabrikgebäudes in Rana Plaza, bei dem 1134 Menschen ums Leben kamen, liegt nun gut eineinhalb Jahre zurück. Hat sich seither etwas an der Situation der Näherinnen in Bangladesch verbessert? 

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Es gibt inzwischen das Gebäude- und Brandschutzabkommen „Accord“, das ­allein in Deutschland 45 Unternehmen unterzeichnet haben, die sich damit verpflichten, ihre Fabriken in Bangladesch kontrollieren zu lassen. Und zwar im Hinblick auf Statik, Elektrizität und Feuerschutzmaßnahmen. Rund die Hälfte aller Textilfabriken in Bangladesch wird nun überprüft, was die Sicherheit der ­Beschäftigten erhöht.  

Hat sich neben Sicherheitsstandards in den Fabriken die Situation der Näherinnen verändert? 
Die schlechte Bezahlung und die Verhinderung von Gewerkschaften in den Fabriken haben sich natürlich nicht geändert. Frauen werden in diesen Ländern extrem diskriminiert, in den Fabriken oft beschimpft. Und das gilt nicht nur für Billigmarken, denn wir haben einen Fabrikkomplex gefunden, in dem H&M ebenso fertigen lässt wie Hugo Boss. 

Und wie steht es um die Entschädigungszahlungen, die den Opfern von Rana Plaza von dort produzierenden Firmen versprochen wurden?
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat berechnet, dass rund 40 Millionen Dollar nötig sind, um die Überlebenden und die Familien der Opfer zu entschädigen. 

Sie haben an dem Aktionsplan des Textilbündnisses des Bundesministers Gerd Müller (CSU) mitgearbeitet. 
Das ist schon mal bemerkenswert, dass ein Minister bereit ist, sich für existenzsichernde Löhne in der gesamten Lieferkette der Bekleidung einzusetzen. Das ist ja eine  Forderung der Kampagne für Saubere Kleidung und deswegen machen wir dort auch aktiv mit. Wir haben fünf Monate lang zusammen mit Industrie und Handel, mit Verbänden wie auch Einzelunternehmen beraten, wozu sich deutsche Unternehmen verpflichten sollten.

Viele große Textilunternehmen wollen dem Bündnis anscheinend nicht beitreten. 
Ich gehe davon aus, dass sich das noch ändert.

Textilfirmen behaupten oft, nicht kontrollieren zu können, wo und wie ihre Aufträge tatsächlich produziert werden. Stimmt das?  
Mercedes oder VW wissen auch, woher jede einzelne Schraube in ihren Wagen kommt, warum sollte das also bei Kleidung nicht möglich sein? Unternehmen müssen jetzt nacharbeiten und sich wirklich kundig machen, woher ihre Ware stammt. Die größten Lücken sind da noch bei den Spinnereien, den Webereien und beim Baumwollanbau. Viele kleine Unternehmen sind beim internationalen Verband für Naturtextilien (IVN) Mitglied, hier wird die gesamte Lieferkette zertifiziert.

Welche Kleidung darf den „grünen Knopf“, das geplante Siegel des Bündnisses, tragen? 
Ob es den grünen Knopf jemals geben wird, wissen wir noch nicht. Ob das praktikabel ist, scheint fraglich. Momentan gibt es nur Siegel, die entweder Sozial- oder Umweltstandards zertifizieren. Wir selber setzen uns auch eher dafür ein, dass die ­gesamten Unternehmen und nicht einzelne Kleidungsstücke gesiegelt werden, so dass es nicht zum so genannten „Greenwashing“ kommt. Wie zum Beispiel, wenn Sie zu H&M gehen und ein Ständer fair her­gestellt ist und der Rest nicht. 

Es gibt ja bereits eine Vielzahl von Siegeln. Auf welche sollte frau beim Einkauf achten? 
GOTS (Global Organic Textile Standart) ist ein wichtiges Siegel, das sagt, dass die Umweltverträglichkeit gewahrt ist. Im Bereich der fairen Produktionen ist es die Fair Trade Baumwolle, das heißt, der Baumwollbauer oder die Baumwollbäuerin arbeitet unter fairen Bedingungen. Für die nachfolgenden Prozesse ist es gut, wenn ein Unternehmen Mitglied bei der „Fair Wear Foundation“ ist. Unternehmen verpflichten sich, bei der Konfektion auf Sozialstandards zu achten. 

Sollten Käuferinnen Unternehmen boykottieren, die keine faire Kleidung verkaufen? 
Nein. Denn bei einem Boykott würde man den Näherinnen die Arbeit wegnehmen. Wir wollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Frauen in den Produktionsländern. Deshalb sagen wir: Bewusst einkaufen! Auch weniger einkaufen ist wichtig. Man kann viel in Kleiderbörsen tauschen, sich überlegen: Brauche ich das wirklich noch? Und wenn man etwas kauft, ganz gezielt auf Siegel achten!

Wie viel teurer ist faire Mode für die Kundin hier? 
Ein fair hergestelltes T-Shirt von Hessnatur oder Armedangels bekommen Sie ab 20 Euro. Das ist billiger als ein T-Shirt von Puma oder Adidas für 80 Euro. 

Kann ich eine in der Türkei produzierte Bluse eher kaufen als eine „Made in Bang­ladesch“?
Die Einhaltung der Gesetze wird in vielen Ländern nicht überprüft. Auch in Osteuropa können Arbeitsstandards nicht sichergestellt werden, andererseits kann ein Produkt aus China oder Bangladesch fair hergestellt sein. Deswegen ist es keine Frage der Länder, sondern der Marke.

Gibt es auch in „normalen“ Geschäften faire Produkte? 
Es gibt öko-faire Marken wie z.B. Armed­angels oder Alma & Lovis in ganz normalen Geschäften. In Bonn zum Beispiel hat FEMNET über 250 Geschäfte befragt und festgestellt, dass 56 Geschäfte einzelne faire Kleidung anbieten. Im Internet kann man sehen, wie der Markt wächst. Eine Übersicht über Siegel und wo man faire Produkte bekommt, steht unserer Webseite femnet.de.

Das Gespräch führte Elena Holling - Aktualisierung am 19.6.2015

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