IS: Wir scheißen auf euch!
Die Provokation könnte größer nicht sein. Der Mut auch nicht. Aliaa kennt ihre Brüder. Sie weiß, dass die nichts mehr demütigen kann als diese Inszenierung, die sie mit Hilfe ihrer Mit-Femen im Netz verbreitete: Sie menstruiert (scheinbar) mit gespreizten Beinen auf die Flagge der Islamisten – denn nichts ist für die unreiner als das Menstruationsblut.
Und die halbverschleierte Frau neben ihr „scheißt“ im Wortsinn und real auf die Flagge. Und sie hält auch noch den Stinkefinger hoch (allein darauf steht für eine Frau quasi die Todesstrafe in den Augen dieser Islamisten). Auf ihr nacktes Hinterteil hat sie das Symbol der Femen gemalt: die beiden Brüste. Rechts und links liegen die Kalaschnikows griffbereit.
In der westlichen virtuellen Welt macht die Provokation gerade die Runde. In der arabischen Welt wagt man es nicht, das Foto der Aktion zu verbreiten. Es könnte, so heißt es, „religiöse Gefühle verletzen“. Doch auch im Westen wird die Aktion oft nur zensiert verbreitet: mit verdeckter Vagina und überklebtem Busen. Oder beschnitten, wie das sonst wenig skrupellose Magazin Vice. Vorauseilender Gehorsam.
Das Argument der religiösen Gefühle ist scheinheilig!
Aliaa selber ist für Journalisten zurzeit nicht erreichbar, die Gefahr für sie ist zu groß. Aber Inna Shevchenko, eine der führenden Femen aus der Ukraine, jetzt im Exil in Paris, gab Paris Match gerne Auskunft. Sie findet das Argument der religiösen Gefühle „scheinheilig“. „Der IS terrorisiert die ganze Welt mit seinen Fotos und Videos von Hinrichtungen“, sagt Inna. „Wir aber töten nicht real. Wir töten nur durch Lächerlichkeit. Wir zeigen: Wir scheißen auf eure Ideen!“
Aliaa Elmahdy ist schon lange in Gefahr, diese Aktion aber würde sie in einem islamistisch beherrschten oder unterwanderten Land wohl nicht überleben. Sie lebt seit 2012 im Exil in Schweden. Bis dahin konnte sie nur im Versteck überleben. Befragt, ob sie ihre Aktion nicht bereue, antwortete sie damals: „Wegen Todesdrohungen ändere ich nicht meine Meinung. Im Gegenteil!“ Heute würde sie wohl das gleiche sagen.