Kein Sexkauf in Irland!

Hier protestiert "Turn off the red light" vor dem Irischen Parlament gegen Prostitution, rechts Rachel Moran.
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Klarer hätte das Votum des Dáil Éireann, des irischen Unterhauses, kaum ausfallen können: 94 Abgeordnete stimmten dafür, dass es jetzt auch in Irland strafbar sein soll, einen Menschen für Sex zu bezahlen. Die Prostituierten hingegen werden gänzlich entkriminalisiert. Fünf Parteien, von Sinn Féin bis Labour, stimmten dafür, nur die (winzigen) Grünen und eine Handvoll Abgeordneter waren dagegen oder enthielten sich. Und schließlich bestätigte auch das irische Oberhaus, der Seanad Éireann: ­Irland bekommt das Sexkaufverbot!

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Was das emanzipierte Schweden schon 1999 eingeführt hatte, haben in den letzten Jahren immer mehr europäische Länder übernommen: Auch in Norwegen, Island, Nordirland und Frankreich gilt Prostitution heute als Verstoß gegen die Menschenwürde.

„Es ist großartig in einem Land aufzuwachen, in dem ein Mann nicht länger für mich, für dich oder irgendeine andere Frau oder einen Mann bezahlen kann“, jubelte SPACE international über den Beschluss des Parlaments. Die Organisation, in der ausgestiegene Prostituierte aus vielen Ländern gegen die Prostitution kämpfen, ist Mitglied der irischen „Turn Off the Red Light Campaign“. Diesem breiten Bündnis aus 72 Organisationen – vom Irish Feminist Network bis zum Gewerkschaftsbund, von den Pfadfinderinnen bis zum Landfrauenverband – und seiner jahrelangen beharrlichen Überzeugungsarbeit ist es zu verdanken, dass das irische Parlament schließlich für das Sexkaufverbot stimmte.  

2006 hatte die „Rotlicht aus“-Kampagne ihren Kampf für die Freierbestrafung begonnen. Sie gab Studien in Auftrag, lud schwedische PolitikerInnen ein und organisierte Anhörungen mit Betroffenen. Sie holten den Gewerkschaftsbund ins Boot, der sich der Kampagne anschloss und verkündete, „Sexarbeit“ niemals als „Beruf“ anzuerkennen.

Im Februar 2012 wurde das Land aufgeschreckt durch die TV-Dokumentation „Profiting from Prostitution“. In dem Film, der zur besten Sendezeit lief, deckte Reporter Paul Maguire mit Hilfe von fingierten Anzeigen auf, in welchem Ausmaß der irische Prostitutionsmarkt in der Hand von Zuhältern und Menschenhändlern ist. Wenige Monate später beginnt der Parlamentsausschuss für Justiz und Gleichberechtigung eine Recherche über Prostitution und bittet Prostituierte, über ihre Erfahrungen zu berichten. Über 850 Berichte gehen ein. Der Ausschuss empfiehlt die Freierbestrafung. 

Im Dezember 2013 beschließt Frankreich ein Sexkaufverbot, im Juni 2014 folgt Kanada und schließlich, im Juni 2015, Nordirland. Jetzt ist es auch in Irland soweit. Die „Sexual Offences Bill“ – das „Gesetz gegen sexuelle Vergehen“ – ist ein ganzes Gesetzespaket, das auch verschärft gegen Kinderpornografie oder sexuelle Belästigung im Internet vorgeht. Denn ganz wie die SchwedInnen, die ihr Sexkaufverbot 1999 als Teil ihres „Kvinnofrid“-Gesetzes für „Frauenfrieden“ verabschiedeten, betrachtet auch Irland Pros­titution als Gewalt gegen Frauen.

„Eine Menge Menschen, die für dieses Gesetz gesorgt haben, waren selbst in der Prostitution in diesem Land“, sagt Rachel Moran, die seit ihrem 15. Lebensjahr sieben Jahre lang in der Prostitution war und seither unermüdlich gegen diesen „sexuellen Missbrauch“ kämpft. „Die ‚Sexual Offences Bill‘ ist eins der am besten recherchierten Gesetze, das Irland jemals verabschiedet hat.“

Nachdem Mitte Februar auch das Oberhaus sein endgültiges Go gegeben hatte, twitterte Rachel: „Dieser neue Tag in Irland gehört nicht nur den Überlebenden der Prostitution. Er gehört jedem kleinen Mädchen, das in Irland aufwächst. Er gehört ihrer Zukunft“.  

 

 

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