USA: Vom Women‘s March lernen?

Der Women's March 2019 in Washington. - Jose Luis Magana/AP
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Am 21. Januar 2017 gingen Millionen Frauen in den USA und allerorten auf die Straße. Geeint in ihrer Wut darüber, dass ein erklärter Sexist zum mächtigsten Mann der Welt avanciert ist. Die Bilder von dem Meer der rosa "Pussymützen" gehen in die Geschichtsbücher ein: als die größte Frauen-Demonstration der US-amerikanischen Geschichte.

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Die Bewegung ist zerstritten, die Diskussion ist eskaliert

Zwei Jahre später protestierten die US-Amerikanerinnen am Samstag zum dritten Mal, in Washington, New York, San Francisco oder in Los Angeles (in Deutschland in Berlin, Frankfurt, Hamburg oder München). Diesmal waren es keine Hunderttausende, sondern nur Zehntausende. Die Bewegung ist zerstritten.

Denn in den Tagen vor dem Frauenmarsch war die Diskussion über prominente Gesichter aus der ersten Reihe der "Women's March, Inc." eskaliert: Tamika Mallory, Carmen Perez und Linda Sarsour werden des Antisemitismus bezichtigt.

Die Vorwürfe sind nicht neu. Schon 2017 stellten sich manche die Frage, ob die amerikanisch-palästinensische Aktivistin Linda Sarsour wirklich das geeignete Gesicht für eine Demonstration für Geschlechtergerechtigkeit sein kann, eine erklärte Unterstützerin der antisemitischen BDS-Bewegung. Sarsours Mitstreiterin Tamika Mallory machte Schlagzeilen, als sie im vergangenen Jahr auf dem alljährlichen "Tag des Erlösers" der Bewegung "Nation of Islam" einer Rede von Anführer Louis Farrakhan beiwohnte. In dieser Rede hatte Farrakhan die "satanischen Juden" als die "Väter und Mütter der Apartheid" bezeichnet. Schon vorher hatte Mallory den Nation-of-Islam-Führer auf Instagram als "G.O.A.T.", sprich als "den Größten aller Zeiten" bezeichnet - wegen seines "Einsatzes für die schwarze Community".

https://twitter.com/JoshMarks78/status/10867001312802734Richtig Fahrt nahm die Diskussion dann auf, als die New York Times und das Online-Magazin Tablet im Dezember berichteten, dass Mallory und Perez eine Initiatorin des Women's March namens Vanessa Wruble schon beim allerersten Treffen vor über zwei Jahren wegen ihrer jüdischen Herkunft gemobbt und schließlich aus dem Orga-Team hinausgedrängt hätten. Das berichtet Wruble selbst. Mallory und Perez hingegen bestreiten das. Unbestritten ist: Es war Wruble, die Mallory und Perez überhaupt erst an Bord geholt hatte. Um dem Frauenmarsch-Team den diversen Charakter zu geben, für den die Bewegung so vielfach gelobt worden ist. Der Women's March ist inzwischen ein Unternehmen, besser noch: eine globale Marke.

Solche Tabus im Feminismus über Konflikte in den eigenen Reihen sind nicht neu. Bis heute sind auch die der Women's Lib nicht aufgearbeitet worden. Die Gründe für dieses Schweigen sind damals wie heute die Gleichen: Die Angst der Frauen, ihre eigene Bewegung zu schwächen. Eine Bewegung die ja ohnehin schon schwer unter Beschuss steht.

Dass ein "Champion of Change" (Obama) wie Linda Sarsour die Scharia als "vernünftig" bezeichnet, wird getrost ignoriert. Selbst von Pionierinnen wie Gloria Steinem, die es ja eigentlich besser wissen müsste. Und so kann es dann einer kleinen Gruppe Akteurinnen gelingen, einen wahrhaften Massenprotest mit ihrer ganz eigenen Agenda zu unterlaufen.

Interne Konflikte wurden auch früher tabuisiert

Schon im November hatte die Anwältin Teresa Shook, die als Initiatorin des Women's March gilt, die Leaderinnen deswegen dazu aufgefordert, aus dem Vorstand zurückzutreten. Sie hätten es zugelassen, dass eine "antisemitische und LGBTQIA-feindliche Stimmung und eine hasserfüllte, rassistische Rhetorik Teil der Plattform geworden sind", kritisierte Shook. Zudem würden die Frauen "von dem eigentlichen Anliegen der Bewegung ablenken".

Viele Organisationen, die den Marsch anfangs noch finanziell unterstützt hatten, haben sich inzwischen zurückgezogen. Darunter das Democratic National Committee, die nationale Organisation der demokratischen Partei. Auch Musikerinnen und Schauspielerinnen bleiben dem Marsch inzwischen fern. Dabei hätten die ja apropos #MeToo gute Gründe, weiterhin den Schulterschluss mit den Aktivistinnen zu suchen. In New York haben an diesem Samstag letztendlich zwei Protestmärsche stattgefunden. Die zweite Demo unter dem Schlagwort "March On" hatte Vanessa Wruble organisiert.

Kurz vorher ist eine neue Agenda der "Women's March, Inc." erschienen,  die "Women's Agenda", genauer: die erste "Plattform für intersektionellen Feminismus". "Soziale Bewegungen", so beginnt diese Frauenagenda, sind "das einzige Bollwerk gegen steigenden Autoritarismus, Misogynie, weißen Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Transphobie, Xenophobie, Islamophobie, Ableismus, Klassismus und Agesim."

Der Frauenhass ist nur noch ein Punkt auf einer langen Liste. Der Sexismus wird gar nicht erst erwähnt.

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Berlin: Frauen gehen auf die Straße!

Tausende demonstrierten in Berlin für Frauenrechte. - Foto: Odd Andersen/afp
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Die VeranstalterInnen hatten mit etwa tausend TeilnehmerInnen gerechnet, es kam die vierfache Anzahl. Das sind jetzt keine sechsstelligen Zahlen wie in Amerika (wir berichten morgen), aber es ist ein Wind, der zum Sturm  werden könnte.

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Der „Women’s March Berlin“ (so heißt das auf Neudeutsch) startete am Samstag um Punkt 10 Uhr am Brandenburger Tor und zog unter den erstaunten Blicken der shoppenden PassantInnen Unter den Linden lang. Unter den Parolen waren auffallend viele für das Recht auf Abtreibung.

„Weg mit dem § 219a!“ war da zu lesen. Und „Weg mit dem § 218!“, der bis heute ungewollt Schwangere bevormundet. Auch die „Medical Students pro choice Berlin“ waren dabei. Das sind Studentinnen, die ihren KommilitonInnen beibringen, wie der Schwangerschaftsabbruch gemacht wird.  

Dieser weltweit häufigste Eingriff bei Frauen wird nämlich auch in Deutschland im Medizinstudium noch nicht einmal gelehrt. 

„Mein Papa ist auch dabei“, twitterte Isabell Eberlein - und in der Tat, der hielt ein Schild hoch: „Who run the world? GIRLS“.

Und Olemia Flores twitterte: „Heute gemeinsam  mit tollen Menschen auf dem WomensMarchBerlin. Denn wir sagen: Frauenrechte sind Menschenrechte.“

Am nächsten Samstag geht es dann weiter: Da ruft das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ zum bundesweiten Aktionstag gegen das Abtreibungsverbot auf. Hingehen, hingehen!

EMMA berichtet.
 

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