Yoko & John: „One to One”
Der Film spielt Anfang der 1970er Jahre, in den 18 Monaten, in denen Yoko Ono und John Lennon in ihrer Zweizimmerwohnung in Greenwich Village lebten und von ihrem 2-Meter-Bett aus die Welt bewegten. Die Dokumente sind zum Teil bekannt, aber nun neu in den Kontext des alltäglichen Lebens der beiden gesetzt. Hinzu kommt bisher unbekanntes Material: Homevideos und Telefonmitschnitte, verschnitten mit zeittypischer Werbung und Nachrichten, die die beiden an ihrem Fernseher im Bett konsumierten. Das hört sich unspektakulär an, ist aber politisch wie künstlerisch ein ungeheuer aufregendes Dokument.
Es sind Zeiten des Aufbruchs, des Widerstandes und der Hoffnung
Draußen geht die protestierende Welt auf die Straße und die beiden gehen voran. Es sind Zeiten des Aufbruchs! Des Widerstandes! Der Hoffnung! Die Empörung über den Vietnamkrieg treibt die Protestjugend um. Sie wird letztendlich siegen. Aber der Auslöser des legendären „One to One Concert“ ist nicht der Vietnamkrieg, sondern sind 50 brutalst vernachlässigte behinderte Kinder. Über sie haben John & Yoko einen Dokumentarfilm im TV gesehen. Er zeigt, dass die Kinder in der Willowbrook-Psychiatrie wie die Tiere vegetieren, halbnackt und auf dem Boden.
Das damals schon international berühmte Kunst- und Polit-Paar reagiert umgehend. Sie organisieren ein Benefiz-Konzert und laden die Kinder in den Central-Park ein. Immerhin: ein glücklicher Tag und Millionen für die Sache. Auf diesem Konzert singt Lennon erstmals „Imagine“, seine zeitlose Hymne an den Frieden. Er weist damit auch der beinahe in die Gewalt kippenden Friedensbewegung den richtigen Weg. John, der Pazifist, wird 1980 ermordet werden. Die 92-jährige Yoko lebt heute zurückgezogen auf dem Land.
Beide hassen Gewalt. John, das im Alter von vier im Arbeiterviertel von Liverpool von seinen Eltern verlassene Kind; und Yoko, die in der Kriegszeit in Tokio großbürgerlich Aufgewachsene, doch als Frau in Japan struktureller Gewalt Ausgelieferte. Als John sich, nicht zuletzt für Yoko, von den Beatles trennt, wird die weltweit als „Hexe“ beschimpft. Das ist der eine Grund, warum die beiden von London nach New York gehen. Der zweite ist: Yoko hat eine Tochter aus erster Ehe, die der Vater entführt hat. Sie wird sie erst als Erwachsene wiederfinden.
Der auch filmisch großartige Film von Kevin Macdonald wurde u. a. von Sean Ono Lennon produziert (und Brad Pitt). Er ist nicht nur ein politisches Statement, sondern auch eine Hommage an zwei große KünstlerInnen – und an ein großes Liebespaar.
Kyoko, die verlorene Tochter, wird später über ihre Mutter sagen: „Sie glaubt buchstäblich daran, dass sie die Welt verändern könnte – und das hat meine Mutter auch getan.“ Zusammen mit John Lennon, dem Gefährten an ihrer Seite.
Der Film „One To One“ läuft ab 26. Juni in Deutschland im Kino.
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