Das Saarland & die Prostitution

Stopp Sexkauf Saar: Proteste gegen Bordelleröffnung.
Artikel teilen

Durch das rot-grüne Prostitutionsgesetz von 2002 wurde „die moderne Sklaverei nicht zurückgedrängt, sondern gefördert“, klagt Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) – und die Ministerpräsidentin weiß, wovon sie spricht. Das Saarland ist durch seine Nähe zur französischen Grenze zum Eldorado für Bordellbetreiber geworden: Saarbrücken ist die deutsche Stadt mit der größten Bordelldichte.

Anzeige

Welchen Preis zahlen wir wirklich für unsere ‚Liberalität‘?

Den Menschen im Saarland reicht es! Im November 2013 unterzeichneten Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) und Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) den EMMA-Appell "Prostitution abschaffen!". Im Juni 2014 organisierte die Initiative „Stopp Sexkauf Saar“ den Prostest gegen die Eröffnung eines neuen Großbordells in Burbach – einen Ableger des „Paradise“ in Stuttgart. Auch die Femen waren dabei und bewarfen Bordellbetreiber Jürgen Rudloff und Geschäftsführer Michael Beretin mit Äpfeln.

Die Vertreibung der beiden Herren aus dem Paradies haben inzwischen übrigens Polizei und Staatsanwaltschaft übernommen: Michael Beretin sitzt in Untersuchungshaft, Jürgen Rudloff soll inzwischen im Ausland leben.

Gegen ein zweites geplantes Großbordell in Völklingen hat sich eine Bürgerinitiative gegründet. Die Ministerpräsidentin versucht mit diversen Maßnahmen, der grassierenden Prostitution Herrin zu werden: Ausweitung des Sperrbezirks, unangemeldete Bordellkontrollen, Kondompflicht für Freier.

Dem Bündnis „Stopp Sexkauf Saar“ reicht das nicht. Die Initiative wünscht sich auch für Deutschland das, was Frankreich schon hat: ein Verbot des Sexkaufs. „Prostitution ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es wird viel zu wenig darüber diskutiert, dass diese Selbstverständlichkeit nicht richtig ist“, erklärt Aline Maldener vom Bündnis. Deshalb gehe es um einen „Bewusstseinswandel in der Gesellschaft“.

So hat „Stopp Sexkauf Saar“ eine Online-Petition gestartet, in der es u.a. heißt: „Immer mehr junge Frauen aus prekären Verhältnissen sehen keine Alternative, als ihren Körper unter traumatisierenden Verhältnissen ‚auf den Markt‘ zu bringen, mit lebenslangen Folgen für ihre Gesundheit und ihr psychisches Wohlergehen. Und mit exorbitanten Gewinnen für die Zuhältermafia“. Und das Bündnis fragt weiter: „Was bedeutet es für das Geschlechterverhältnis, wenn Männer lernen, dass Frauen käuflich sind? Wie erklären wir unseren Kindern, was in der Prostitution passiert? Welchen Preis zahlen wir wirklich für unsere ‚Liberalität‘“?

Antworten auf diese Fragen kann bei Maischberger Marie Merklinger geben, Aussteigerin aus der Prostitution und Mitglied bei SPACE international (Survivors Of Prostitution-Abuse Calling For Enlightenment). In dem Netzwerk sind Aussteigerinnen aus der Prostitution organisiert, die heute für ein Sexkaufverbot kämpfen.

Auch die Journalistin Rita Knobel-Ulrich weiß, welches Elend sich in deutschen Bordellen und Terminwohnungen abspielt. Sie hat sich in ihrer TV-Reportage „Menschenhandel in Europa Billignachschub für deutsche Puffs“ auf die Spuren der Frauen begeben.

Ihr übliches Mantra von der Prostitution als „Beruf wie jeder andere“ darf Undine de Rivière verbreiten, deren „Berufsverband für sexuelle Dienstleistungen“ nicht einmal ein Prozent der etwa 300-400.000 Prostituierten in Deutschland vertritt. Dennoch fordert er eine Aufhebung aller „Spezialgesetze“ wie das Verbot der Zuhälterei oder der „Ausbeutung von Prostituierten“. O-Ton de Rivière: „Ich bin 20 Jahre in der Branche und habe kein einziges Opfer gesehen.“

Menschliche Prostitution - wie könnte die wohl aussehen?

Und natürlich darf bei Maischberger auch ein Bordell-Chef nicht fehlen. Da die früheren Talkshow-Lieblinge Jürgen Rudloff und Michael Beretin verhindert sind, sitzt heute Abend Hermann Müller in der Runde, Chef der Pascha-Großbordelle in Köln, München, Salzburg, Linz und Graz. Der sagt ganz unverblümt: „Ein Mann der zu Prostituierten geht, kommt damit billiger davon, als bei einer Affäre“. Eine „Geld-zurück-Garantie“ bietet der Pascha-Chef den Freiern auch. Teuer ist das Pascha vor allem für die Prostituierten, die als „Selbstständige“ in den Großbordellen sitzen. Die zahlen in Köln zum Beispiel alleine 150 Euro pro Nacht, nur um in Müllers Sexfabrik ein Zimmer zu belegen.

„Gütesiegel für Bordelle, Strafen für Freier - Wird die Prostitution menschlicher?“, fragt die Maischberger-Redaktion im Ersten mit Blick auf die geplante Reform des Prostitutionsgesetzes.

Menschliche Prostitution - wie könnte die wohl aussehen?

Artikel teilen

Razzia wg. Menschenhandel

Großrazzia am Sonntagabend, durchsucht wurde auch das Paradise. © Simon Mario Avenia
Artikel teilen

Das Signal zu der Großfahndung hatten die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt in Stuttgart gegeben, Abteilung „Organisierte Kriminalität“. Es geht um Menschenhandel und Zuhälterei sowie um Betrug.

Anzeige

Mehrere der Verhafteten stehen unter Verdacht, Frauen unter 21 Jahren zur Prostitution gezwungen zu haben – nach der „Methode Loverboy“. Dabei machen Männer sehr junge Mädchen in sich verliebt und schicken sie dann auf den Strich; zunächst indem sie behaupten, in Not zu sein, dann mit Gewalt. (Auch diese Frauen werden dann von den Befürworterinnen des alten Prostitutionsgesetzes als „freiwillige“ Prostituierte bezeichnet, denn sie tun es ja „aus Liebe“.)

Sie sollen als 'Loverboys' 
junge Frauen
zur Prostitution gezwungen haben.

Einige der insgesamt 15 Menschen im Visier der Fahnder werden der rockerähnlichen Gruppierung United Tribunes aus Stuttgart und Bosnien zugeordnet. Bei der Großrazzia wurde auch eine Pistole beschlagnahmt. 

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, „für die Rekrutierung und Überwachung der jungen Frauen verantwortlich gewesen zu sein“, schreibt die Polizei in ihrer Pressemitteilung. „Aufgrund umfangreicher Ermittlungen besteht ferner der Verdacht, dass Geldgeber unter Vortäuschung falscher Tatsachen zu Investitionen in die Großbordelle verleitet wurden. Die so erlangten Gelder sollen nicht nur für die FKK-Clubs, sondern auch für private Zwecke verwendet worden sein.“ 

Ein solches Großbordell sind das Paradise in Stuttgart und die „Wellness-Oase für den Mann“ in Saarbrücken, die Besitzer Rudloff zusammen mit seinem "Geschäftsführer" Beretin im Juli in Saarbrücken eröffnete, unter heftigem Protest der Femen. Das Mega-Bordell an der französischen Grenze hat 4.500 Quadratmeter, 30 Zimmer und bis zu 50 Prostituierte am Tag. Es ist heute eines von 123 (!) Bordellen in Saarbrücken, der „Prostitutionshauptstadt“ von Deutschland. Kein Wunder, dass sowohl die SPD-Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, wie auch die CDU-Landesherrin Annegret Kramp-Karrenbauer 2013 EMMAs Appell gegen Prostitution unterzeichnet haben.

Das Prinzip dieser Sexfabriken – von denen das Gespann Rudloff/Beretin insgesamt fünf führt - ist, dass sowohl Frauen wie Freier Eintritt bezahlen, zwischen 60 und 79 Euro. Bei den Frauen kommen dann noch 25 Euro Steuer am Tag plus 23 Euro für die Übernachtung dazu (die meisten haben keine eigene Wohnung). Das heißt, sie müssen mindestens drei Freier bedienen, um ihre Schulden bei den Bordell-Betreibern zahlen zu können. Und dann haben sie noch keinen Cent für sich bzw. ihre Zuhälter. 

Mindestens drei Freier am Tag muss die Frau bedienen, nur um Schulden zu begleichen.

Noch im Sommer dieses Jahres hatte Pressesprecher Beretin der Welt gegenüber die hauseigenen fünf Großbordelle gepriesen für ihre „familiäre Atmosphäre, einwandfreie Hygiene, Rückzugsräume, Sicherheitspersonal und vor allem: transparente Zusammenarbeit mit den Behörden“.

Das scheinen die Behörden heute anders zu sehen.

Die Großrazzia im deutschen Rotlichtmilieu, das weitgehend von der organisierten Kriminalität beherrscht wird, kommt zur rechten Zeit: Gerade berät die Koalition in Berlin über ein neues Prostitutionsgesetz. Die CDU/CSU ist dafür, die SPD weiß noch nicht so recht…

Die SozialdemokratInnen, die doch mal den Anspruch hatten, für die Entrechteten dieser Erde einzutreten, zögern noch zuzustimmen: der Anhebung der Altersgrenze für Frauen in der Prostitution auf 21 Jahre, der Pflicht der monatlichen Gesundheitsuntersuchung sowie der Anmeldepflicht für die hunderttausende ausländische Elends-Prostituierte in Deutschland. Vielleicht bringt ja diese Razzia die SPD endlich zur Besinnung.

Weiterlesen
 
Zur Startseite