Ioana hat nicht überlebt

Ioana hoffte, in Deutschland als Altenpflegerin arbeiten zu können. Fotos: RomaniaTV, ProTV, Erich Mocanu, Evenimentul Zilei.
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Sie ist tot. Wie ich gestern erfahren habe, ist Ioana Condea, 24, in einem Kölner Krankenhaus an den Folgen der Schwerstverletzungen gestorben, die ihr ein Zuhälter und Menschenhändler vor fast fünf Jahren verpasst hatte, im Sommer 2014. Die damals 20-jährige Rumänin hatte sich geweigert, in einem Kölner Bordell zu arbeiten - denn ihr war eigentlich ein Job im Altenheim in Deutschland versprochen worden. Die junge Mutter eines damals einjährigen Buben hatte ihre rumänische Heimat voller Hoffnung verlassen, in Deutschland gute Arbeit zu finden, um ihre Familie zu ernähren.

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Doch sie wurde betrogen, statt Altenheim hieß es in Köln: Ab ins Bordell! Als Ioana sich weigerte, verprügelte der Zuhälter sie derart, dass sie querschnittsgelähmt und monatelang im Koma blieb. Als sie wieder erwachte, war sie ein körperliches und seelisches Wrack, konnte Arme und Beine nicht mehr bewegen und nicht mehr sprechen.

Es geschah im August 2014. In Köln wurde darüber nur einmal in der Presse berichtet, weil die Polizei sich Hinweise auf die Identität der unbekannten jungen Frau erhoffte - und auf den Täter. Dann versank der Fall in Deutschland in der Versenkung. Nur EMMA berichtete.

Ioana mit ihrer Familie in Rumänien.
Ioana mit ihrer Familie in Rumänien.

In ihrer Heimat Rumänien allerdings wurde der Fall Ioana zu einem Riesen-Skandal - bis heute. Das Schicksal von Ioana bewegt die Rumäninnen und Rumänen - denn es sind vor allem "unsere rumänischen Mädchen und jungen Frauen", die in Deutschland brutal in die Prostitution gezwungen werden. Tatsächlich führen Rumäninnen die Menschenhandels-Statistik in Deutschland an - über 90 Prozent der Mädchen und Frauen in der Prostitution in Deutschland stammen aus Osteuropa, die meisten aus Rumänien.

Der Zuhälter und Menschenhändler Robert Tanase wurde noch 2014 in Deutschland von der Polizei gefasst und in einem langwierigen Prozess zu 8 Jahren Haft verurteilt, wegen versuchten Mordes. Er war ein schon in Rumänien bekannter, verurteilter und international gesuchter Gewaltverbrecher.

Ioanas Eltern aus einem kleinen rumänischen Dorf wussten lange Zeit gar nicht, was mit ihrer Tochter in Deutschland geschehen war. Erst Monate später - im Herbst 2014 - hatten sie vom Martyrium ihrer Tochter erfahren. Besuche in Deutschland an ihrem Krankenbett konnten sich Ioanas Eltern nicht leisten, es mussten über die vergangenen vier Jahre immer wieder Spenden aufgetrieben werden - für Benzin, für eine bescheidene Unterkunft in Köln.

Die Mutter zu Besuch bei Ioana in Köln.
Die Mutter zu Besuch bei Ioana in Köln.

Es sah lange Zeit nach Hoffnung aus. Ioanas Mutter sorgte für Ioanas kleinen Sohn David, irgendwann kam auch er mit nach Deutschland an Ioanas Krankenbett. Ioana erwachte aus dem Koma, kam in den Rollstuhl, verließ das Kölner Krankenhaus und kam in die Reha - deutsche Hilfsorganisationen sorgten dafür, dass sie die bestmögliche Hilfe bekam. Ioana lernte mühsam wieder sprechen - und sie erinnerte sich an alles, was ihr geschehen war.

Ioanas Eltern hatten Hoffnung, dass ihre Tochter irgendwann wieder zuhause bei ihnen leben würde. Nun wird Ioana in ihre Heimat zurückkehren. Es ist dann ihre letzte Reise.

Ioana war eine von hunderttausenden Mädchen und Frauen in der Prostitution in Deutschland, in keinem europäischen Land sind die Frauen so ungeschützt wie hier. Geschuldet ist das der katastrophalen Gesetzgebung, die Deutschland zu einem Paradies für Zuhälter und Freier gemacht hat - und zu einer Hölle für die Armuts- und Zwangsprostituierten.

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Prostitution: Zum Beispiel Ioana

Ioana mit ihrer Familie in Rumänien.
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Am 13. März 2014 kam die 19-jährige Ioana aus dem rumänischen Dorf Bobolia am Leipziger Hauptbahnhof an. Dort wurde sie von ihrer Schulfreundin Florentina abgeholt. Die hatte sie seit Monaten am Telefon bedrängt, doch nach Deutschland zu kommen. Sie könnten sich dann einen Putzjob teilen und alle drei Monate alternierend nach Hause fahren. Ioana zögerte lange, doch dann entschloss sie sich: „Mama, ich gehe, um Geld zu verdienen und meinem Kind ein besseres Leben zu ermöglichen.“

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Das waren ihre letzten Worte zu Hause. Viereinhalb Monate später, am 31. Juli 2014, lag Ioana halb totgeschlagen in einer „Modelwohnung“ in Köln, mitten in der Innenstadt, gegenüber von Karstadt.

Was war passiert? Als Ioana in Leipzig in die Wohnung ihrer Schulfreundin kam, begriff sie schnell. Denn die lebte zusammen mit ihrem Landsmann Robert T., einem Zuhälter. Der zwang nun auch Ioana, sich zu prostituieren. Mehrmals am Tag. Mit Gewalt. Auch pornografische Fotos wurden von ihr aufgenommen. Nach zwei Monaten Leipzig wurde Ioana weitergeschoben, nach Nürnberg, in das nächste Bordell. Ob es vor Köln noch weitere Stationen gab, ist noch nicht bekannt.

Der Mann ihrer Freundin zwang nun auch Ioana zur Prostitution

Am 31. Juli 2014 fand eine Zimmernachbarin in dem Wohnhaus in der Glockengasse mit „Modelwohnungen“ Ioana reglos im Bett. Der Notarzt brachte sie ins Krankenhaus. Dort stellte man eine Hirnblutung und zahlreiche schwere Verletzungen fest. Die junge Frau wurde ins künstliche Koma versetzt. Seither wurde sie dreimal operiert.

Zunächst tappte die Polizei noch im Dunkeln. Wer hatte Ioana das angetan? Ein Zuhälter? Ein Freier? Man stellte auf jeden Fall fest, dass sie auch zahlreiche ältere Hämatome hatte, also schon seit Monaten ein Opfer von Gewalt gewesen war.

Robert T. und die Schulfreundin waren verschwunden – bis sie wieder auftauchte, im rumänischen Fernsehen: Dort beschuldigte Florentina ihren Mann, mit dem sie ein dreijähriges Kind hat, schwer. Er habe sie gezwungen, Ioana nach Deutschland zu locken. Er habe die Freundin in die Prostitution getrieben. Er habe sie halb totgeschlagen.

Der Fall Ioana schlägt seither hohe Wellen in den rumänischen Medien. Die Rumänen halten das Schicksal der 19-Jährigen für typisch. Eine junge Frau wird unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus dem armen Rumänien ins reiche Deutschland gelockt und dort mit Gewalt in die Prostitution gezwungen.

Robert T. konnte nur dank der Aussagen seiner Ehefrau, die inzwischen die Scheidung eingereicht hat, verhaftet werden. Sie hat inzwischen auch bei der deutschen Polizei ausgesagt. Er sitzt seit Ende November in U-Haft in Köln. Genauer: Robert T. war inzwischen bereits im Gefängnis in Leipzig inhaftiert gewesen. Dort wartete auf ihn die Auslieferung nach Rumänien, wo er wegen Doppelmordes gesucht wird. In drei EU-Ländern hatte der Zuhälter bereits vor dem Kölner Skandal Einreiseverbot. Fragt sich, warum so ein Verbrecher sich in Deutschland frei bewegen konnte.

Inzwischen war Ioanas Mutter Gratiela mehrfach am Krankenbett ihrer Tochter. Noch ist deren Zustand sehr kritisch, aber die Ärzte geben sie nicht auf. Doch im besten Fall wird die junge Frau ein lebenslanger Pflegefall sein.

Die Medien be-
zeichnen sie als „Prostituierte“. Dabei wollte sie nur Geld für ihr Kind verdienen. Mit Putzen.

Die Mutter hatte sich schon kurz nach der Abreise der Tochter nach Leipzig Sorgen gemacht. Ioana klang komisch am Telefon. Und irgendwann meldete sie sich überhaupt nicht mehr. Sie konnte keinen Schritt tun und kein Wort sagen ohne die Überwachung von Robert T., sagt heute Florina. Er diktierte ihr jedes Wort. Auch wenn sie mit ihrer Familie telefonierte.

Anfang August gelang es der Mutter erstmals, das Geld für die Reise nach Köln zusammenzukratzen. Der Schock am Krankenbett ihrer Tochter war groß. Mitte Oktober kam sie wieder, für fünf Tage. Nachts schlief sie im Auto. Geld für ein Hotel hatte sie nicht. Inzwischen gibt es Hilfe. Die Mutter muss viel öfter kommen, sagen die Ärzte. Ihre Anwesenheit ist extrem wichtig für die Genesung von Ioana. Ebenso wie das geplante Wiedersehen mit dem Sohn David.

Das einzig Tröstliche in der ganzen so grauenvollen wie in dem Milieu in Deutschland alltäglichen Geschichte ist: Das Schicksal von Ioana hat eine Welle von Hilfsbereitschaft für sie und ihre Familie ausgelöst. In Rumänien wie in Deutschland.

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