„Seid ihr Zuhälter oder Senatoren?“
Die Pariser Femen waren skeptisch. Wie sich herausstellte, zu Recht. Nachdem die französische Nationalversammlung im November 2013 mit klarer Mehrheit für ein Prostitutionsgesetz inklusive Freierbestrafung gestimmt hatte, gab jetzt eine Sonderkomission des Senats vorab ein erstes Votum für den Senat ab. Es könnte knapp werden, wurde im Vorfeld gemunkelt. Deshalb traten die feministischen Guerilla-Girls auf den Plan: „Macs ou Senateurs?“ hatten sie sich auf die nackten Oberkörper geschrieben: „Zuhälter oder Senatoren?“
Freierbestrafung wurde zunächst abgelehnt
Diese Frage skandierten die Femen so lange von der Empore des ehrwürdigen Senats im Jardin de Luxembourg, bis sie von den Ordnern weggeschleift wurden (Video anschauen). Und tatsächlich stimmte die 30-köpfige Senats-Sonderkommission dann gegen den Beschluss des Parlaments: die Freierbestrafung. Mit 16 Contra-Stimmen, 12 Pro, zwei Enthaltungen. Das war am 8. Juli.
Gerade schlägt das Pendel jedoch wieder zurück. Jetzt haben Nationalversammlung und Senat ein klares Zeichen in die Gegenrichtung gesetzt: Bei dem „Gesetz zur realen Gleichstellung von Frauen und Männern“ steht die Abschaffung der Prostitution an erster Stelle. Gleich in Artikel 1 des Gesetzes (von insgesamt 25) erklärt die Politik „den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen und Angriffe auf ihre Würde“ für vordringlich. Dazu gehört auch, „den Kampf gegen das Prostitutionssystem zu verstärken“.
Das Bündnis „Abolition 2012“, ein Zusammenschluss aus 60 (Frauen)Organisationen, ist „hoch erfreut“. Denn: „Indem das Parlament den Kampf gegen das Prostitutionssystem ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt hat, hat es bestätigt, dass die Ausbeutung der Schwächsten und die Gewalt, die in der Prostitution stattfinden, nicht kompatibel sind mit einer Gesellschaft, die sich eine wirkliche Gleichberechtigung zum Ziel gesetzt hat.“
Nationalver-
sammlung hat
das letzte Wort
Nicht nur in Paris begrüßt man das Signal der ParlamentarierInnen, auch in Brüssel ist man erfreut über die „sehr guten Nachrichten“. „Die Verabschiedung des 'Gesetzes für die reale Gleichstellung' ist ein sehr gutes Zeichen für die weitere Arbeit am Gesetzentwurf für die Abschaffung der Prostitution“, erklärt Pierrette Pape von der Europäischen Frauenlobby (EWL). Die EWL, Dachverband von rund 2000 Frauenorganisationen in ganz Europa, hatte 2007 die Kampagne „Für ein Europa ohne Prostitution“ lanciert.
Wie geht es nun weiter? Nach der Sonderkommission des französischen Senats muss zunächst noch der gesamte 348-köpfige Senat (die Vertretung der Departements, also eine Art Bundesrat) über die Freierbestrafung abstimmen. Dann geht das Gesetz wieder zurück in die Nationalversammlung. Und die hat das letzte Wort. Das wird sie voraussichtlich im Herbst sprechen. Wie sie zur Freierbestrafung steht, hat sie gestern noch einmal klar und deutlich gesagt.