Menschliche Überheblichkeit

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Von Tieren, die lachen und weinen, lernen und lesen, Gefühle haben und Verstand. Und von Menschen, die ohne Sinn und Verstand Tiere verfolgen, benutzen, quälen - um sich zu bereichern oder auch nur, um sich ihres Status als Krone der Schöpfung zu versichern. Von dem Abenteuer, als Affenforscherin den Tieren als Gleiche unter Gleichen zu begegnen. Von der Konsequenz, kein Fleisch mehr zu essen. Von der Herausforderung, für die Rechte der Tiere zu kämpfen. Von der Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz. Und von dem Mut, die Dinge zu Ende zu denken, wie der Ethiker Peter Singer es tut.
Unbeholfen stapft ein Elefantenkind ganz allein durch eine ostafrikanische Savanne, es hat noch nicht Fuß gefasst in der Welt. Doch schon am Anfang seines Erdenlebens sah es seine Mutter sterben, ermordet von "Hinterbeinern" auf der Jagd nach Elfenbein. Von ihrer panisch flüchtenden Herde wurde die Kleine getrennt, aber da naht eine andere von ferne. Gleich mehrere Ersatzmütter adoptieren die Waise und nennen sie Matsch, weil sie im Sumpf geboren wurde. Erwachsen geworden beginnt Matsch von einem weißen Knochen zu träumen. Ein magisches Zeichen aus einer uralten Legende, das den Weg zu einem sicheren Ort weist - zu einem Elefantenparadies ohne "Hinterbeiner".
Der Traum der Elefantenkuh aus dem Roman "Der weiße Knochen" von Barbara Gowdy schien eine Zeitlang Wirklichkeit werden zu können. Denn 1989 trat weltweit ein Handelsverbot für die Zähne von afrikanischen Elefanten in Kraft, erlassen durch die internationale Artenschutzkonferenz. Doch bereits acht Jahre später, 1997, setzten die Staaten Simbabwe, Namibia und Botswana eine Reduzierung ihres Elefantenbestandes und den einmaligen Verkauf von 50 Tonnen Elfenbein durch. 2000 wurde dann auch ein Teil der Dickhäuterpopulation Südafrikas legal zum Abschuss freigegeben.
Auf der Artenschutzkonferenz vom 3. bis 11. November 2002 in Santiago de Chile werden jetzt alle vier Länder beantragen, wieder regelmäßig mit Elfenbein handeln zu dürfen. Und nicht nur das. Sie wollen auch das Fleisch und die Haut von toten Elefanten auf dem Weltmarkt verkaufen sowie lebende Tiere: für Zoos, Zirkusse und Freizeitparks. Begründet werden die Anträge damit, dass der Bestand gar nicht so weit geschrumpft sei wie prognostiziert. Es gebe heute immerhin 255.000 Elefanten in Afrika. 1980 waren es noch fünfmal so viele: 1.200.000.
Wilde Schimpansen stehen nicht auf der Tagesordnung für die Konferenz in Chile. Die engsten Verwandten des Wirbeltiers Mensch sind ohnehin eine aussterbende Art, und niemand würde es wagen, öffentlich ihre Schutzwürdigkeit anzuzweifeln. Ausgerottet werden sie trotzdem, zusammen mit Gorillas und Orang Utans. Von diesen drei Arten, so schätzen PrimatenforscherInnen wie Jane Goodall, wird in spätestens 20 Jahren kein einziges freies Exemplar mehr auf unserem von Menschen beherrschten Planeten existieren.
Während die in den vergangenen Jahren erkämpfte Sensibilisierung für Umwelt- und Naturschutz eher rückläufig ist, machte Deutschland einen europaweit einmaligen Schritt in die richtige Richtung: Am 17. Mai 2002 erhielt der Tierschutz Verfassungsrang. Dank dreier kleiner Wörter im Grundgesetzartikel 20a: "und die Tiere". Dass sie nun als Staatsziel in der deutschen Verfassung stehen, haben grüne VorstreiterInnen wie Renate Künast und Bärbel Höhn erreicht. Unterstützt wurden sie vom Aktionsbündnis "Tierschutz ins Grundgesetz" der vereinigten Tierschutz- und Tierrechtsbewegung, das die Öffentlichkeit mobilisierte.
Waschkörbeweise trafen vor der Abstimmung Postkarten und Unterschriftenlisten bei der CDU-Fraktion im Bundestag ein. 350.000 BundesbürgerInnen forderten die ChristdemokratInnen auf, "nun endlich JA zum Staatsziel Tierschutz zu sagen". Mit großem Erfolg: 542 von 576 Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen votierten für die Verfassungsänderung - weit mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Der Druck von unten und die bevorstehende Wahl bewegten auch die CDU nach jahrelangem Sträuben dazu, dem Rat ihres Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) zu folgen und den interfraktionellen Antrag mit zu tragen, in dessen Begründung es heißt: "Die Leidens- und Empfindungsfähigkeit insbesondere von höher entwickelten Tieren erfordert ein ethisches Mindestmaß für das menschliche Verhalten. Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen."
Gleichzeitig wird in Deutschland allerdings lauter als je zuvor die "Heiligkeit menschlichen Lebens" beschworen, von rechts bis links. Im Zusammenhang mit der Stammzellen- und Embryonenforschung werden aus der molekularen Mikrostruktur der menschlichen DNA fundamentale Menschenrechte für befruchtete Eizellen abgeleitet, die sich noch nicht einmal in der Gebärmutter eingenistet haben. Was Hubert Markl, damals noch Vorsitzender der Max-Planck-Gesellschaft, auf der Jahreshauptversammlung im Juni 2001 dazu bewog, "gleichzeitig den ökumenisch vereinten Deutschen Bischofskonferenzen, den Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und Grünen, dem biopolitisch gleichgeschalteten Gesamtbioethikrat deutscher Tageszeitungen und dann sogar auch noch dem Bundespräsidenten" zu widersprechen.
Der habilitierte Zoologe: "Jede geborene menschliche Person ist etwas einmalig Neues, das sich aus einer befruchteten menschlichen Eizelle entwickelt hat. Aber deshalb ist diese befruchtete Eizelle noch lange kein Mensch."
Das, was den Naturwissenschaftler so empört, ist das Erbe der abrahamitischen Schriftreligionen Judentum, Christentum und Islam, die den Menschen als Krone der Schöpfung betrachten. Vorausgesetzt, er ist männlich.
Das 3. Buch Mose im Alten Testament stellt die Frau den Haustieren gleich. Für den Kirchenlehrer Augustinus ist sie, wie das Tier, nicht nach Gottes Ebenbild geschaffen. Bei Thomas von Aquin haben weder Tiere noch Frauen eine Seele. Der katholische Katechismus verbietet zwar Verhütung und Abtreibung: "Das menschliche Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen." Aber er erlaubt ausdrücklich, "sich der Tiere zur Ernährung und Herstellung von Kleidern zu bedienen". Selbst Tierversuche sind aus katholischer Sicht "sittlich zulässig".
Der lutherische Erwachsenenkatechismus spricht von Tieren als "nicht-personalen Kreaturen". Aus "islamischer Sicht" ist, so der deutsche Muslim und Ex-Botschafter Dr. jur. Murad Hofmann, die rechtliche Ungleichbehandlung von Männern und Frauen auch heute noch gerechtfertigt, da sie "physiologisch und psychologisch nicht identisch sind".
Tierhass und Frauenhass gehen oft Hand in Hand. So gestand im März 1999 ein 30-jähriger Dachdecker aus Duisburg, der vier Frauen bestialisch ermordet hatte, auch Pferde gefoltert und getötet zu haben. Einer Stute brachte er, heißt es in der Anklageschrift, "im lebenden Zustand mit einem Schraubendreher im Bereich des Unterleibs eine tiefe Fleischwunde bei, in die er einen selbst gebauten Sprengkörper hineinschob, den er fernzündete. Dies erregte ihn sexuell derart, dass er in den aufgerissenen Unterleib des sterbenden oder bereits gestorbenen Tieres onanierte."
Im Juni 1999 wurde auf einer Weide in Peine eine schwer verletzte Stute gefunden. Der Täter hatte sie mit Paketklebeband gefesselt, anschließend hatte er ihr immer wieder "einen langen Gegenstand" - vermutlich einen Besenstiel - in die Scheide gerammt. Drei Monate später wurde eine Stute auf einer Koppel in Großburgwedel verstümmelt. Ihre Bauchdecke war rund um die Genitalien so tief aufgeschlitzt worden, dass die Därme herausquollen. Die beiden norddeutschen "Pferdeschänder" wurden nie entlarvt. Im Gegensatz zu einem süddeutschen, der in Bayern mehrere Stuten mit seinem Messer "im Vaginalbereich" traktiert hatte und mit einer Bewährungsstrafe davonkam.
"Er hatte ja ‚nur' Tiere gequält", so Alexandra Schedel-Stupperich bitter. Die Biologin promoviert gerade über so genannte "Pferderipper-Taten", die in Deutschland seit 1993 Furore machen und von Polizei wie Justiz entweder gar nicht oder nur halbherzig geahndet werden. Dabei belegen Studien aus USA, dass Tierquäler fünfmal so viele Gewaltverbrechen an Menschen - überwiegend Mädchen und Frauen - begehen wie Nicht-Tierquäler.
Das deutsche Tierschutzgesetz von 1986 bedroht mit Gefängnis bis zu drei Jahren, "wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen zufügt". Bislang jedoch hatte das kaum juristische Konsequenzen, weil den Tieren der Verfassungsrang fehlte. Das ist jetzt anders. Nach der Grundgesetzerweiterung auf die Tiere als schützenswerte Mitgeschöpfe wäre auch eine Anfechtung des umstrittenen Schächt-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Januar 2002 möglich.
Erkämpft hatte es ein strenggläubiger türkischer Metzger von der "Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen" (IRH), die der Verfassungsschutz für islamismusverdächtig hält. Trotzdem befanden die Karlsruher Verfassungsrichter, dass Moslems in Deutschland schächten dürfen, wenn sie den Veterinärbehörden "substantiiert und nachvollziehbar" darlegen, einer "konkreten Glaubensgemeinschaft" anzugehören, "nach deren gemeinsamer Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleisches von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetzt".
Damit erlaubte das Bundesverfassungsgericht quasi, im Namen der Religionsfreiheit gegen geltendes Recht zu verstoßen: in diesem Fall das Tierschutzgesetz, das das Schlachten und Ausbluten von Tieren ohne Betäubung verbietet. Deshalb fragte sich nicht nur "Die Welt" entsetzt: "Was, wenn eines Tages die grausame Beschneidung von Mädchen eingeklagt würde?"
Während die Mitgeschöpfe in Deutschland dank der Verfassungsänderung wieder hoffen können, wird ihre Lage in den Regenwäldern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas immer hoffnungsloser. "Um 1900", erinnert sich Jane Goodall, "gab es im damaligen äquatorialen Waldgürtel etwa zwei Millionen Schimpansen." Heute sind es noch maximal 150.000: "Und selbst aus ihren letzten Hochburgen werden sie gnadenlos verdrängt."
Grund ist die Armut der stetig wachsenden menschlichen Bevölkerung, die Bäume rodet, um daraus Hütten zu bauen, Feuerholz und Holzkohle zu machen, oder sie abfackelt, um den Waldboden für den Ackerbau zu kultivieren. Vor allem aber liegt es an der maßlosen Gier der westlichen Industrienationen: nach Tropenhölzern, Fleisch und Gold.
Noch wird das begehrte Edelmetall überwiegend in Südafrika, Sibirien und den USA abgebaut. Doch inzwischen sind auch die Regenwälder von Venezuela, Ecuador, Indonesien, Ghana und vielen anderen tropischen Ländern durch Goldminen bedroht. Über 70 Staaten, davon 31 in Afrika, haben bereits ihre Bergbaugesetze geändert und Umweltauflagen abgeschafft, um ausländische Firmen anzulocken. Darum befürchtet die Affenforscherin Birute Galdikas, dass die ausschließlich auf Borneo und Sumatra in Indonesien heimischen Orang Utans "schon in fünf bis zehn Jahren völlig ausgestorben sind".
Josef H. Reichholz, Zoologie- und Ökologieprofessor an der TU München, provozierte 1999 in der SZ-Serie "Die Gegenwart der Zukunft" mit der These: Unser blauer Planet gehe nicht am Müll, an der Wasserverschmutzung oder der Erwärmung der Erdatmosphäre durch Auto- und Industrieabgase zugrunde, sondern am Fleischkonsum. Die absichtlich in Brand gesetzten Regenwälder in Indonesien und anderswo schicken nicht nur gewaltige Mengen von Kohlendioxid in die Luft:
"Sie hinterlassen auch ein Land, auf dem sich Termiten ausbreiten und worauf Rinder grasen werden. Beide geben das noch viel klimawirksamere Methan ab. Es übertrifft das Kohlendioxid um das Zwanzigfache." Längst ist die Erde durch die Unersättlichkeit der menschlichen Fleischfresser zu einem Rinder-Planeten verkommen, denn: "Das gesamte Lebendgewicht der 1,3 Milliarden Rinder, die es gegenwärtig gibt, übersteigt das Lebendgewicht aller Menschen um mindestens das Zehnfache."
Der Amazonas-Regenwald wird nicht nur von Goldsuchern und Rinderbaronen aufgefressen, sondern neuerdings auch noch von Sojafarmern. 1995 lieferte Brasilien allein an die EU drei Millionen Tonnen Sojaschrot, heute sind es 6,4 Millionen. Sojaschrot ist in Europa das wichtigste eiweißhaltige Futtermittel für die Fleischerzeugung. Ausgerechnet die BSE-Krise beschleunigt die Zerstörung der Regenwälder, weil das inzwischen als Viehfutter verbotene Tiermehl zunehmend durch Soja ersetzt wird.
Der Appetit des Homo sapiens auf seine Mitgeschöpfe treibt immer perversere Blüten. So finden es seit einigen Jahren reiche AfrikanerInnen schick, so genanntes Buschfleisch von Elefanten, seltenen Vögeln und Affen zu essen. Ein illegaler Luxus-Artikel, der auch in Europa als unter der Hand verkaufte Schmuggelware trendy wird. Jüngst zitierte der Guardian einen Londoner Buschfleisch-Importeur: "Schimpansen sind einfach nur große Tiere wie Vieh. Man isst doch auch Kühe. Wo ist der Unterschied?"
Schimpansen teilen 98,4 Prozent des genetischen Erbguts mit den Menschen, Gorillas 97,7 und Orang Utans 96,4 Prozent. "Sie haben ein eigenes Bewusstsein, erstaunliche Intelligenz und die Fähigkeit zur Kommunikation mit Zeichen und Symbolen", weiß Ian Redmond, Gorilla-Experte und Sprecher der internationalen Ape Alliance. Darum ist für ihn "das Essen von Menschenaffen Kannibalismus".
Die Buschfleischjäger und -dealer profitieren von den Holzkonzernen, die Straßen durch die Regenwälder bauen. Immer mehr Wilderer dringen auf diesen bequem befahrbaren Pisten in bislang unzugängliche Gebiete vor. Darum fordern die TierrechtlerInnen von der Ape Alliance westliche Regierungen auf, den Import von Tropenholz stufenweise zu verbieten. Und: "Entwicklungshilfe darf nur noch gewährt werden, wenn die Umweltverträglichkeit der damit finanzierten Projekte sichergestellt ist."
Das Great Ape Project will noch mehr, nämlich die "Erweiterung der Gemeinschaft der Gleichen" durch Menschrechte für Menschenaffen: das Recht auf Leben, Würde und körperliche Unversehrtheit. Die IniatorInnen der weltweiten Kampagne sind die britische Schimpansenforscherin Jane Goodall, die italienische Philosophin Paola Cavalieri und der australische Ethiker Peter Singer, der 1975 "Animal Liberation", die Bibel der internationalen Tierrechtsbewegung, schrieb.
Der in Melbourne geborene Sohn jüdischer EmigrantInnen aus Österreich machte den "Speziezismus" zum Kernbegriff seines philosophischen Denkens. Seine These: Die Geringschätzung von nichtmenschlichen Lebewesen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Art (Speziezismus) ist moralisch genauso verwerflich wie die Diskriminierung von menschlichen Lebewesen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Rasse (Rassismus) oder zu einem anderen Geschlecht (Sexismus).
Singer und seine MitstreiterInnen kritisieren die Willkür der Grenzziehung zwischen Mensch und Tier. Weil dabei nicht Kategorien wie ein "Bewusstsein von sich selbst", seiner "Existenz in Raum und Zeit" zählen oder die Fähigkeit, "Freude und Leid" zu empfinden, sondern nur die "Heiligkeit menschlichen Lebens".
Erster Erfolg des Great-Ape-Projekts: 1999 wurde den Menschaffen in Neuseeland eine Sonderstellung eingeräumt. Da ihre "Intelligenz der von vierjährigen Kindern" vergleichbar ist, dürfen sie dort nicht mehr für Tierversuche eingesetzt werden. In Europa nicht durchzusetzen? Der Primatenforscher Prof. Volker Sommer von der Universität London: "Es hat immer Widerstand gegen die Erweiterung der Gemeinschaft der Gleichen gegeben. Etwa mit dem Argument, dass Sklaven keine Rechte haben sollten, damit am Ende nicht gar Frauen oder Schwule auch welche haben wollen."
Was durchsetzbar sei, hänge von der historischen Situation ab: "Und zumindest im Westen scheint mir die Zeit nunmehr reif für unsere nächsten Verwandten."
Reif war Deutschland für den Verfassungsrang des Tierrechts im Grundgesetz. Hoffnung für Rinder und Schafe, denen die Schächter bei vollem Bewusstsein die Kehle durchschneiden. Und die selbst beim Ausbluten - aufgehängt an den Hinterbeinen - das Bewusstsein nicht verlieren, weil die Arterien in der Halswirbelsäule und die Nerven im Rückenmark das Gehirn bis zum bitteren Ende versorgen.
Hoffnung für Kälber in Dunkelställen und Kalbmastboxen, für Schweine in Kastenständen auf Spaltenböden ohne Stroh und für Hühner in Legebatterien, denen die Schnäbel abgebrannt oder weggeätzt werden, damit sie im Wahn nicht andere Hühner fressen oder sich selbst verstümmeln. Hoffnung für Film- und Fernsehstars wie die brutal trainierten Schimpansen aus dem ZDF-Quotenhit "Unser Charly". Hoffnung für die zwei Millionen Versuchstiere - vor allem Ratten und Mäuse, aber auch Katzen, Hunde und Affen -, trotz alternativer Methoden alljährlich in Deutschland für Forschung und Lehre "verbraucht". Hoffnung auch für Nutrias und Nerze, wieder in Mode bei Schönen und Reichen.
Obwohl die Pelztiere - in freier Natur hervorragende Schwimmer mit großen Revieren - von ihren Züchtern in winzige Käfige gepfercht werden: mit einer Grundfläche kleiner als ein DIN-A4-Blatt.
Keine Hoffnung für die Berberlöwen auf den Malzmüllerwiesen in Itzehoe, wo der Circus Krone gastiert und von der Lokalzeitung als "Weltklasse" gefeiert wird. Bei der Tierschau zwischen den Vorstellungen liegen die Raubkatzen völlig apathisch in ihrem engen Gitterwagen. Zwar würde es ihnen ein wenig helfen, wenn sie mehr Bewegungsfreiheit hätten, aber im Gegensatz zu den Elefanten aus dem Roman "Der weiße Knochen" träumen sie nicht davon, frei zu sein. Sie haben längst vergessen, was das ist, denn das letzte wilde Exemplar ihrer Art wurde 1922 in Nordafrika erschossen.
Für die Berberlöwen ist es zu spät. Sie werden nie mehr in freier Wildbahn leben. Aber für die von Ausrottung bedrohten Tiere auf der Tagesordnung der Artenschutzkonferenz in Chile ist es nicht zu spät. Noch nicht ...

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Zum Weiterlesen und zum Protestieren: Infodienst Tierrechte (Roermunder Str. 4a, 52072 Aachen; www.tierrechte.de). Rettet den Regenwald (www.regenwald. org). Schutz von Wildtieren weltweit (www. prowildlife.de). Paola Cavalieri: "Die Frage nach den Tieren. Für eine erweiterte Theorie der Menschenrechte" (Harald Fischer Verlag). Martin Liechti (Hg.): "Die Würde des Tieres" (Harald Fischer Verlag). Barbara Gowdy: "Der weiße Knochen" (Antje Kunstmann Verlag).

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